Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt
flog eine Flaschenpost ins Fenster rein, mit einer Botschaft drin, mit Drohungen, und direkt auf die Puppenstube.
Buchhändler, 1926
Mein Vater war politisch tätig für die SPD und wurde gleich nach der Machtergreifung verhaftet. Mit Hausdurchsuchung und allem.
Jurist, 1925
Mein Großvater war Kultursenator in Osnabrück, der wurde mit 56 vorzeitig pensioniert. Es hieß: Einer mußte gehen, Platz machen für unsere Leute: der Oberbürgermeister, der ist jünger, der ist zwar auch Regimegegner, aber der hat drei Kinder. Da hat mein Großvater gesagt: Gut, dann gehe ich. 1939 wurde er dann gebeten, sich wieder zur Verfügung zu stellen, er wurde hofiert und zeitgeistwidrig mit » Herr Senator« angeredet. » Was Sie denken, ist uns egal, Hauptsache, Sie machen mit.«
Er schimpfte immer über Hitler: » Wenn ich diese ordinäre Stimme höre!« Seine Untergebenen waren Nazis. Und meine Mutter war so ärgerlich darüber, daß sie in einem Landgasthaus gesagt hat: » Drei Spiegeleier für jeden!« So erregt war sie, daß sie es vergaß, daß das nicht üblich war.
Ein evangelischer Bürgerlicher war mein Großvater. Nach dem Krieg wurde er dann sofort wieder eingesetzt.
Verkäuferin, 1918
Natürlich! Ich bin ja Ulmerin. Im » Bahnhofshotel« hab’ ich ihn gesehen. Da ist natürlich ganz Ulm gesprungen. Bestimmte Leute haben auch Blumensträuße abgegeben. Und der Bürgermeister damals, er hatte gerade gewechselt gehabt, ließ durch so ein nettes blondes Mädchen– der hat es ja immer auf blonde abgesehen gehabt– einen Blumenstrauß abgeben. Es war ein Mordsgejohle. Hitler hat damals schon vom Krieg geredet; das war 1933/34. Von der großen Intelligenz, den Eindruck hab’ ich gehabt, damals war ich ja auch noch jung, hat viel gefehlt. Von » studiert« keine Rede.
Einkäufer, 1918
1933 oder 34. Ich hab’ lange gewartet. In Sechserreihen standen die Menschen.
Abstoßender Anblick, quittegelbes, verkniffenes Gesicht.
Hochbautechniker, 1899
Einmal stehend im Wagen. Aber eben abstoßend, nicht gewinnend. Nicht, was man früher unter Landesvater verstanden hat, ach, um Gottes willen!
Schriftsteller, 1929
4 1/2 Jahre war ich, da wollte ich mich davon beeindrucken lassen. Er fuhr durch unsern Ort und wurde durch ein Spalier blumentragender Kinder aufgehalten. Ich wurde aufs Trittbrett des Autos gedrängt und sah ihn eine Handbreit entfernt. Er trug Zivil, einen Regenmantel hatte er, glaub ich, an, war also ohne das Charisma. Ich war ganz enttäuscht.
Institutsleiter, 1931
Ich hatte blonde Locken, und Goebbels kam vorbei und sah mich und sagte: » Ist das aber ein schönes Mädchen.«
Hausfrau, 1911
Ich hab’ ihn zufällig auf der Straße gesehn, in Köln, da kommt eine Autoschlange, und er steht im Auto, mit seinen angeblich strahlenden Augen.
Ich bin vonAnfang an mißtrauisch gewesen und konnte die Faszination nicht verstehn.
Rentner, 1902
Das muß 1933 am Hamburger Flughafen gewesen sein. Ich hab’ ihn so im Vorbeifahren gesehen. Er hat sich hier wohl vorgestellt, nach der Machtergreifung. Ich hab’ gedacht: Laß ihn fahren. Na ja, was das noch werden wird. Der Stahlhelm hatte ihm ja erst den Rücken gewandt, aber dann haben sie sich ja doch zu ihm rübergeschlagen. Das einzig Gute war, daß man noch in den dunkelsten Straßen gehen konnte, ohne daß etwas passierte. Banküberfälle waren mir gar nicht bekannt, muß ich ehrlich sagen.
Wirtschaftspädagoge, 1905
Das einzige Mal war am Gorch-Fock-Wall. Er hat Hamburg mal besucht, nach 33. Es waren nicht so sehr viele Zuschauer da, das war auffällig. Er stand im Auto. Das war imponierend, auch die ganze Aufmachung. Er war damals ja schon ein Symbol. Aber die Hamburger waren eben etwas zurückhaltend. Mehr kann ich auch nicht mehr sagen.
Flugzeugschlosser, 1915
1934 in Halle in den Siebel-Werken, das war noch vor der Aufrüstung. Es war nur ziemlich innerhalb einer Dreiviertelstunde, da hat er die Montage eines Flugzeugs besichtigt. Ich hab’ ihn im Labor gesehen. Diese faszinierende, hypnotische Art hab’ ich gar nicht gespürt an und für sich. Vielleicht war ich noch zu jung. Zwei oder drei Leute hat er mit Handschlag begrüßt, Arbeiter.
Kaufmann, 1934
Mein Großvater mütterlicherseits ist Engländer. Der war Bergwerksdirektor, und Hitler besuchte den Ort, und meine Tante mußte als Mädchen spontan die Absperrung durchbrechen, und da hat er ihr die Wange getätschelt, was zur Folge hatte, daß sie sich wochenlang die Wange nicht mehr
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