Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt

Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt

Titel: Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
Vom Netzwerk:
da, sah aus wie ein kleiner verkaterter Anstreicher. Und das andere Mal in der Autokolonne. Da war er ja nicht so gesichert wie Adenauer und diese Leute, ich nehme allerdings an, daß dieser Wagen gepanzert war.– Da machte er so ein ganz böses Gesicht.
    Wir waren damals ja überhaupt froh, daß wir zum Militär kamen, da war dieser Druck fort…
    Vertreter, 1920
    Das zweite Mal hab’ ich ihn Ende 1939 in Berlin gesehen. Ich war aktiver Offiziersanwärter, und zum Abschluß des Lehrgangs kamen wir nach Berlin. Im Sportpalast, da sprach er dann zu uns zukünftigen Offizieren. Aber da war ich dann schon soweit, daß mich diese Massenhysterie körperlich angewidert hat.
    Sonderschullehrer, 1925
    Ich war kein Hitlerjunge, und deshalb war ich der letzte auf der Schule. Vor mir war noch ein Halbjude.
    Ich hab’ ihn gesehen, weil wir von der Schule abgeordnet waren, die Straße war ja bekannt, wo er durchfahren würde. Das Auto hat mich mehr interessiert als er selbst. Aus der Ferne hörte man schon das langsam aufbrausende Heilschreien.
    Was mir imponiert hat, sind die von der Waffen- SS gewesen, vor seinem Hotel, daß die sich überhaupt nicht rührten. Eisern standen die da, eine halbe Stunde lang, ohne sich zu rühren. Daß ich den Adolf ablehnte, hing mit meinem Vater zusammen. Der hatte immer schon einen kleinen Oberlippenbart. Ich lehnte meinen Vater ab, das war in der Pubertätszeit. Und dann hab’ ich den Adolf mit seinem Oberlippenbart auch abgelehnt. Wegen meinem Vater.
    Regisseur, 1927
    Ich hab’ ihn nur durch ein Rohr gesehen, wo oben ein Spiegel war und unten, so schräg gestellt, weil wir doch so klein waren. Die konnte man da kaufen. Die Leute standen in Sechserreihen, und wenn man überhaupt was sehen wollte, mußte man so ’n Ding haben.
    Graphikerin, 1936
    Meine Eltern haben mir immer sehr viel geschenkt, alles, worum ich gebeten habe. Sie waren aber manchmal für mich unverständlich strenge.
    Als kleines Kind wurde ich von einer Freundin angestiftet, einen Hitlerbesuch anzugucken, die hat mich mitgeschleift, ohne daß ich meinen Eltern Bescheid gesagt hatte. Die Eltern warteten den halben Tag und haben mich überall gesucht. Und als ich dann kam, kriegte ich ’n Hintern voll mit’m Stock. Das konnte ich nicht verstehen. Ich meinte, nichts Schlechtes getan zu haben.
    Kosmetikerin, 1923
    Ich hab’ ’ne Bekannte, eine Holländerin, die hat als kleines Mädchen Hitler mal die Hand gedrückt, in Holland, und hat ’ne Tafel Schokolade dafür gekriegt. Im Krieg. Die war Holländerin. Jawoll.
    Regisseur, 1915
    1940, als er sich Tänzer vorstellen ließ, Marianne Vogelsang, die war doch Kommunistin, die war krank, und so konnte es passieren, daß sie ihm 14 Tage später ganz allein vortanzte. 20 Minuten. Ich habe sie begleitet, weil sie ein sehr gehemmter Mensch war.
    Hitler hat geredet, als ob er den Tanz erfunden hätte. Mir hat es damals imponiert, daß er absolute oder scheinbare Sachkenntnis bewies. Er hat davon gesprochen, als ob er Ahnung davon hat. Das hat mir damals imponiert.
    Diese Persönlichkeitsausstrahlung muß ja dagewesen sein. Er hat immer die Absicht gehabt, die andern zu überzeugen.
    Versicherungsvertreter, 1915
    Ob ich Hitler gesehen habe? Ja, natürlich, ich war doch im Führerhauptquartier, einen ganzen Tag, ich war doch Halsträger, wissen Sie das nicht? Eupen– Malmedy 1940. Welchen Eindruck ich von ihm hatte? Fein, väterlich… Hier saß er, neben mir auf dem Sofa. Wir waren mehrere, natürlich stramme Haltung, aber er: » Kommen Sie, setzen Sie sich, hier sind wir eine Familie. Nun sagen Sie mal alles, was Sie so denken.« Und da konnte ich alles sagen. Tee gab’s und Gebäck. Hinterher wurden wir dann nach Berlin geflogen, Urlaub. Vorher natürlich befördert. Nein, dem konnten Sie alles sagen…
    Hausfrau, 1911
    Auf dem Oberwiesenfeld hab’ ich ihn mal gesehen. Als er zurückkam, ich weiß nicht, nach welchem Sieg. Dann hab’ ich ihn mal in München gesehen auf dem Marienplatz. Irgendwie anläßlich einer Parade; ich war damals in München noch Studentin. Der Eindruck: ein Kleiner, an sich für mich fast Unangenehmer, vielleicht abstoßend, ist etwas zu hart. Mit diesem Schnurrbärtchen, fast wie mit Schuhwichse… Auch die Augen waren nicht besonders ansprechend, und ich habe das Gefühl gehabt: nur Fassade. Ein dunkler Teint wie frisch gewachst. Das Ganze eben wie eine Staffage und keine Persönlichkeit.
    Kaufmann, 1920
    1940 habe ich ihn gesehen, weil ich pinkeln

Weitere Kostenlose Bücher