Habgier: Roman (German Edition)
Zeitschleife wachrütteln.«
Lauren nickte. »Jemand soll den Finger heben und sagen: ›Aha! Die kenn ich!‹«
»Genau«, sagte Decker, »irgendjemand, der Jane die Anerkennung zugesteht, die sie verdient hat.«
28
»Endlich hat sie ein Gesicht.« Marge breitete die Fotografien auf ihrem Schreibtisch aus und sortierte sie nach den Frisuren. »Mehrere, um genau zu sein.«
»Mehrere Varianten, aber immer dasselbe Gesicht.« Decker stand hinter Marges Rücken und blickte über ihre Schulter. Sein Jackett war offen, und er trug sein Halfter, jedoch ohne Waffe. Normalerweise machte er sich nicht die Mühe, sich zu bewaffnen, wenn er Schreibtischarbeit erledigte. »Lauren hat tolle Arbeit geleistet. Ich glaube, sie hat voll ins Schwarze getroffen.«
Marges Blick wanderte zwischen Laurens Auslegungen der Gesichtszüge und dem Ausdruck der computergestützten Rekonstruktion hin und her. »Unglaublich, wie ähnlich sich die beiden Gesichter sind.«
»Das Endprodukt basierte wohl auf beidseitigem Einverständnis.«
»Hübsche Anekdote. Eins ist sicher: Das hier ist nicht Roseanne Dresden.« Marge blickte von einem Bild auf, das Jane als brünette Version von Kate Jackson zeigte, mit adrettem Haarschnitt, mittelbraunen Augen und einer Brille mit Drahtgestell auf dem Nasenrücken. »Wir müssen jetzt diese Bilder mit den Frauen vergleichen, die ungefähr gleich alt sind und vor dreißig Jahren als vermisst gemeldet wurden. Wir haben da jede Menge Frauen, und wir wissen noch nicht mal, in welchem Jahr genau das Mädel verschwunden ist.«
»Die Fotos sind das Einzige, was wir wirklich in der Hand haben. Jeder Polizist hier im Raum hat bereits einen eigenen Satz der Jane-Doe-Fotos, und ich bin gerade dran, für alle anderen im Revier Ausdrucke anfertigen zu lassen. Manchmal passieren die wahnwitzigsten Dinge bei Routinekontrollen.«
»Bontemps und Wang arbeiteten ursprünglich an den Vermissten-Akten. Wenn sie nicht gerade Streife laufen, kann ich sie wieder dransetzen. Jetzt haben sie wenigstens ein Foto, mit dem sie die Frauen abgleichen können.«
»Perfekt«, sagte Decker, »und als Nächstes nutzen wir die Macht der Post. Oliver soll mit seinem Satz Fotos ein paar Umschläge vorbereiten, mit Kopien von ›Kennen Sie diese Person?‹.«
»Wie viele Kopien schicken wir ins Rennen?«
»So viele, wie uns genehmigt werden. Ich würde das Ganze gerne zu einem Fall mit großer öffentlicher und medialer Anteilnahme aufbauschen. Wer war dein Kontakt bei der Times ?«
»Ein Rusty Irgendwas. Sein Name steht in der Akte.«
»Ruf ihn an, und triff dich mit ihm. Versuch jemanden dazu zu kriegen, über Jane eine Story zu schreiben. Köder ihn mit der Info, dass die Polizei eine Frau gesucht und eine andere gefunden hat. Überzeug ihn, dass das die perfekte, absolut ergreifende Geschichte für die Titelseite ist. Setz deinen natürlichen und unendlichen Charme ein, um dieses ahnungslose männliche Wesen aus den Latschen zu hauen.«
Marge lachte. »Eigentlich brauche ich hier gar keinen Charme einzusetzen. Die wollen ihren Fehler wiedergutmachen, Roseanne Dresden irrtümlicherweise auf die Liste der Opfer gesetzt zu haben. Ich bin mir sicher, dass ich die Zeitung nur an diesen Mist erinnern muss, und schon wird jemand glücklich sein, mit dem besten Revier in ganz Los Angeles zusammenzuarbeiten.«
Sie trafen sich in einem der allgegenwärtigen Starbuck’s, wobei dieser nur fünfzehn Minuten von den Wolkenkratzern in Downtown und der Zeitung entfernt lag. Da sie früh dran war, nuckelte Marge an einem zuckrigen Gebräu, das aus heißer Milch, Schokolade, Schlagsahne und einem Hauch Pfefferminz bestand. Nicht gerade das, was man gemeinhin unter Kaffee verstand, aber es war süß, heiß und schaumig, und warum sollte man nicht alle Jubeljahre mal Geld und Kalorien verprassen?
Marge hatte einen leichten marineblauen Hosenanzug mit einem cremefarbenen Top gewählt, dazu schlichte flache schwarze Schuhe. Ihr Haar war mittlerweile lang genug, um es zu einem Pferdeschwanz zu binden, aber sie trug es offen. Sie hatte ein bisschen Rouge aufgelegt und mit dem Stummel eines Kajalstifts ihre Augen betont. In jedem Ohrläppchen saß ein Perlenohrring. Sie könnte als Aushängeschild aller mittleren Angestellten dienen – in einer Bank, in Anwaltskanzleien, in der Buchhaltung, bei Versicherungen, also für all jene, die einen Bürojob und einen tollen Titel hatten und obszön unterbezahlt waren.
Von ihrem Tisch aus hatte sie
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