Habgier: Roman (German Edition)
Adresse.
Alyssa schrieb sich alles auf. »Was uns nicht umbringt, macht uns stärker, stimmt’s?«
Marge nickte, obwohl der Spruch gequirlte Kacke war. Es gab Leute, denen konnte das Leben nichts anhaben, weil sie in unanständig reiche Familien geboren wurden. Und dann gab es andere – wie Sandra und Peter Devargas -, die weiterleben mussten und daran fast zerbrachen.
34
Da das Computerlabor im zweiten Stock der Leichenhalle lag, konnte Decker sein Mittagessen ohne den unvermeidbaren Gestank, der aus dem Keller des Hauses aufstieg, verdauen. Wegen des schwer einzuschätzenden Verkehrs hatte er reichlich Anfahrtszeit eingeplant und kam fünfzehn Minuten zu früh am Gebäude des Coroners an, fast gleichzeitig mit Marge und Oliver. Das Trio tauschte vor der Tür die neuesten Informationen aus. Oliver aß noch sein Erdnussbutter-Marmeladen-Sandwich auf, während Marge ihrem Chef eine verkürzte Version der Saga der Kirche des Sonnenlandes vortrug.
»Wir sollten mit Christian Woodhouse sprechen, wenigstens aus Gründen der Vollständigkeit.«
»Und ihr glaubt nicht, dass er was damit zu tun hatte?«, fragte Decker. »Er konnte schließlich auch auf das Geld zugreifen.«
Oliver hatte Mühe, sein Sandwich, das mit mehr Erdnussbutter als Marmelade bestrichen war, runterzuschlucken. »Am Ende hielten wir beide Alyssa Bright Mapplethorpe für vertrauenswürdig. Sie war dabei, als Christian das Geld abheben wollte, und beide sahen Mannys Unterschrift auf dem Auszahlungsbeleg. Ihre Story klang echt.«
Decker sah Marge an. »Du teilst auch Alyssas Einschätzung, dass Manny ein netter Junge war?«
Marge steckte sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund. »Dieses Urteil steht noch aus.«
»Komm, Loo«, insistierte Oliver, »ich würde Woodhouse ja für verdächtig halten, wenn wir die Leichen von Beth und Manny gefunden hätten. Da wir aber nur Beth haben, denken Marge und ich, der Hauptfokus unserer Ermittlungen sollte auf den Verbleib von Manny Hernandez gerichtet sein.«
»Also gut«, gab Decker nach, »aber ruft Woodhouse an, und klopft ihn ab.« Er wandte sich zu Marge. »Konntest du ein Foto von Belize Hernandez auftreiben?«
»Jawohl«, antwortete sie stolz, »einen Augenblick...« Sie wühlte in ihrer Handtasche und zog mehrere Schwarzweißabbildungen hervor. »Derzeit sitzt Belize nicht im Staat New Mexico ein, deshalb habe ich kein aktuelles Foto von ihm.« Sie reichte Decker ein Blatt Papier. »Das hier ist Belizes Polizeifoto von 1973 nach der Verhaftung wegen Einbruchdiebstahls; er war dann kurz im Süden New Mexicos inhaftiert.«
Decker betrachtete den schlechten Computerausdruck. Der Junge war bei der Straftat gerade mal achtzehn Jahre alt gewesen. Er sah untersetzt aus, mit runden Augen und einem weichen Mondgesicht. Seine Haare waren militärisch kurz geschnitten, aber nach der damaligen Mode mit langen Koteletten.
Marge bemerkte Deckers grüblerischen Gesichtsausdruck. »Was gibt’s, Peter?«
»Er kommt mir bekannt vor, aber ich weiß nicht, woher.«
»Er kommt dir bekannt vor, weil er Manny Hernandez ziemlich ähnlich sieht.« Marge reichte ihm einen anderen Ausdruck. »Das sind die Fotos von beiden aus ihren Highschool-Jahrbüchern.«
Decker verglich die Gesichter. Sie sahen sich ähnlich, aber Decker wurde trotzdem das Gefühl nicht los, den Typen schon mal getroffen zu haben. Er gab die Kopien an Marge zurück. »Die Rechtsmedizin hat vor einer Stunde angerufen. Die Identifizierung von Beth Hernandez aufgrund des Zahnschemas ist positiv. Gelobt sei Fred Bradley. Einer der Computerspezialisten der Gerichtsmedizin ist dabei, die Identifizierung dadurch abzusichern, dass die Daten von Jane Does Skelett über das Foto von Beths Hochzeit gelegt werden. Aber das Zahnschema ist ja ein unleugbarer Beweis.«
»Hast du die Eltern schon angerufen?«, fragte Marge.
»Ja, und du kannst dir sicher vorstellen, wie angenehm dieses Gespräch war. Im Moment konzentrieren sie sich darauf, wie sie Beths sterbliche Überreste für eine richtige Beerdigung überführen können.« Einen kurzen Augenblick lang wurde er von seinen Gefühlen übermannt, doch dann konzentrierte er sich wieder auf die gefaxten Fotos. »Diese Bilder werden bei Mannys Alterungsprozess am Computer sehr hilfreich sein. Dann wollen wir mal sehen, was die Wunder der modernen Technik für die Kriminologie tun können.«
Norton Salvo, Ende zwanzig, war ein schmächtiges, rosagesichtiges Männlein mit kleinen, tief sitzenden Augen und
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