Habgier: Roman (German Edition)
Gemeinschaftsräume. Er und Beth waren die Letzten, von denen wir gedacht hätten, dass sie uns beklauen.«
»Manny soll manchmal aggressiv gewesen sein«, meinte Marge.
»Aggressiv?« Alyssa schüttelte den Kopf. »Das würde ich so nicht sagen. Wenn er eine Schwäche hatte, dann war es sein Hang zum Größenwahn. Er hatte Pläne für ein ganzes Unternehmen gezeichnet – eine Farm, eine Scheune, Ställe, Weiden für Tiere, ein gigantisches Wohngebäude und ein Gästehaus. Erstens hätten wir dafür nie das Geld auftreiben können. Und zweitens hatte keiner von uns Ahnung von Landwirtschaft. Wir wollten klein anfangen.«
»Wie hat er auf die Kritik reagiert?«, wollte Marge wissen.
»Es war keine Kritik.« Sie schenkte sich ein weiteres Glas Wasser ein und stürzte den Inhalt hinunter. »Soweit ich mich erinnern kann, hat er die Pläne auf ein realistisches Maß reduziert. Unser Ziel war es, zwanzigtausend Dollar zu sparen. Wir hatten ungefähr siebentausend auf der Bank, was nicht schlecht war, wenn man bedenkt, dass wir von Luft und Liebe lebten.«
»Ganz schön viel Geld für damalige Verhältnisse«, meinte Oliver, »und sicher eine fette Beute für einen Dieb.«
»Manny war nicht der einzige Zeichnungsberechtigte. Er bestand darauf, dass außer Beth und ihm noch jemand Zugriff auf das Geld hatte. Wenn ihnen etwas zustoßen sollte, wollte er, dass die Kirchengemeinde an das Konto rankam.«
Marge spitzte ihre Ohren. »Wer war noch berechtigt?«
»Christian Woodhouse.«
»Wissen Sie, was aus ihm geworden ist?«
»Teils, teils. Ich habe ihn nach meiner Scheidung aufgespürt und angerufen, da er auch geschieden war, wie ich gehört hatte. Er war Direktor einer Privatschule in Vermont.«
»Sie haben sich getroffen?«
»Ungefähr einen Monat lang. Es hat nicht gefunkt, wir haben uns dann im Guten getrennt. Seine Nummer hab ich, aber ich bin mir sicher, dass er Ihnen auch nichts über Beth und Manny erzählen kann.«
»Wieso das?«
Alyssa ließ die Eiswürfel in ihrem Wasserglas klirren und trank dann den Rest aus. »Als mich Mrs. Devargas anrief und nach Beth fragte, ging ich als Erstes zu ihrem Apartment. Da niemand aufmachte, bat ich den Hausverwalter, die Tür zu öffnen. Die Wohnung war komplett ausgeräumt. In dem Moment dachte ich zunächst an das Geld. Ich rief Christian an, und wir gingen gemeinsam zur Bank. Ich war dabei, als ihm der Bankangestellte sagte, dass das Konto aufgelöst worden war.«
»Das müssen nicht Beth und Manny gewesen sein«, sagte Oliver.
Alyssa sah sie verwirrt an, aber dann dämmerte ihr, worauf sie hinauswollten. »Sie glauben, Christian hat sie getötet und das Konto leer geräumt?« Sie lachte. »Nein, nein, nein. Christian hat um eine Kopie des Auszahlungsbelegs gebeten. Sie kam eine Woche später an, mit Mannys Unterschrift drauf. Es hätte mich nicht wundern sollen, tat es aber doch. Einige der Kirchenmitglieder haben nach ihnen gesucht.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Was für ein Desaster. Irgendwann habe ich dann Mrs. Devargas angerufen und ihr gesagt, dass sie weg sind – ohne das gestohlene Geld zu erwähnen, damit sie sich nicht schlecht fühlt – und dass ich vermutete, sie würden nach Hause kommen.«
»Wie kamen Sie denn darauf?«, fragte Oliver.
»Wo sollten sie denn sonst hin?«
Niemand sagte etwas.
»Jedenfalls«, redete Alyssa weiter, »haben wir vereinbart, uns gegenseitig anzurufen, falls wir von Beth und Manny hören. Na, Sie wissen ja, was daraus wurde. Ihr Anruf heute Morgen war seit Jahren der erste, der mit den beiden zu tun hatte.«
»Glauben Sie, dass Manny Beth umgebracht hat?«
»Möglich ist alles, aber ich glaube es nicht«, sagte Alyssa. »Es gab nie einen Hinweis darauf, dass sie etwas anderes als glücklich verheiratet waren. Wie soll ich es Ihnen bloß erklären?«
Sie dachte einen Moment nach.
»Die Zeiten waren so. Wir lebten offen miteinander, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Freie Liebe«, sagte Oliver.
»Es ist eine Weile her, dass ich den Begriff gehört habe.« Alyssa lächelte traurig. »Aber wenn dann... Leidenschaft … im Spiel war...« Sie räusperte sich. »Beth und Manny nahmen beide nicht daran teil. Ich war eine enge Freundin von Beth. Wenn sie noch etwas am Laufen gehabt hätte, hätte sie es mir erzählt.«
Marge versuchte ein Motiv für Manny zu finden, warum er Beths Tod gewollt haben könnte. »Vielleicht wollte Manny mitmischen, und vielleicht hat Beth nein gesagt. Vielleicht wurde er wütend
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