Habgier: Roman (German Edition)
ich weiß nur nicht, wie.« Decker nahm einen Schluck Kräutertee und spürte, wie wohlige Wärme sich in seinem geschundenen Körper ausbreitete, als die heiße Flüssigkeit seine Kehle hinunterrann. »Alles, was ich habe, ist Holmes’ letzter Anruf bei Roseanne drei Monate vor ihrem Verschwinden.«
»Nicht genug für einen Haftbefehl?«
»Überhaupt nicht. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob er mit dem Fall Roseanne etwas zu tun hat. Kurz vor meiner Abreise nach San Jose hat Wanda einen Zeugen gefunden, der gesehen hat, wie Roseannes BMW am Morgen des Crashs vom Parkplatz des Apartmenthauses gerast ist.«
Rina nickte. »Glaubst du, es war Roseanne, die versucht hat, den Flug zu erreichen?«
»Das ist eine Theorie. Die andere ist, dass jemand mit ihrem Auto wegfuhr, um ihren Leichnam zu entsorgen. Wir versuchen genug Beweismittel aufzutreiben, um eine richterliche Verfügung für die Untersuchung des BMWs zu bekommen. Wenn jemand ihre Leiche auf den Rücksitz oder in den Kofferraum gelegt hat, schaffen wir es vielleicht, kriminaltechnisch etwas nachweisen zu können.«
»Aber selbst wenn die KTU Erfolg hat, wie könnt ihr sicher sein, dass es nicht eins ihrer Haare von vorher ist?«
»Deshalb suchen wir nach großen Blutmengen. Nur das würde uns zu einem Haftbefehl verhelfen. Wenn sie im Auto ausgeblutet ist, würden wir in Polsterritzen Blut finden, ganz abgesehen von den Teppichen. Und wenn der Göttergatte den BMW gleich nach Roseannes Tod ein bisschen umdekoriert hat – zum Beispiel neue Bezüge auf den Sitzen oder neue Teppiche -, dann würde das dem Richter vielleicht, ganz vielleicht, verdächtig genug vorkommen, um uns den Zugriff auf das Auto zu gestatten.«
»Irgendeinen Beweis, dass es so abgelaufen sein könnte?«
»Bis jetzt nichts, nada, niente.« Decker blickte auf die Uhr. »Aber mir bleiben noch sechseinhalb Stunden, bis ich an meinem Schreibtisch aufkreuzen muss. Wer weiß, was die Nacht noch so mit sich bringt?«
Farley Lodestone war am Telefon – und außer sich. »Sie haben den Kerl, der meine Tochter belästigt hat, in Untersuchungshaft, weil er vor dreißig Jahren eine andere Lady umgelegt hat, und Sie erzählen mir, dass Sie ihn nicht wegen Mordes an meiner Tochter anklagen werden?«
»Ich würde ihn liebend gerne mit dem Verschwinden Ihrer Tochter in Verbindung bringen, aber mir fehlen die Beweise...«
»In Gottes Namen, Decker, er hat bereits einen Mord an einer Frau zugegeben. Ist das nicht Beweis genug?«
Raymond Holmes hatte den Mord an niemandem zugegeben. Er schob Beths Tod immer noch seinem vermissten Bruder Manny in die Schuhe. Holmes blieb so konstant wie ein Metronom bei seiner Geschichte. Der subtile Unterschied zwischen einer Verhaftung wegen Mordverdachts und Unterschlagung von Beweisen ging an Lodestone gänzlich vorbei.
»Farley, ich habe mich dem Fall Ihrer Tochter verschrieben. Ich werde nicht aufgeben, bevor ich nicht eine Antwort habe. Und wenn Holmes die Antwort ist, wird er dafür angeklagt werden. Im Moment sitzen wir in der Zwickmühle: Ich brauche Beweise, um eine richterliche Verfügung zu bekommen, um Beweise zu bekommen.«
»Dann ändern Sie von mir aus das ganze beschissene System!«
»Ich wünschte, ich könnte das...«
»Also entwischt uns dieses Monster?«
»Sie meinen Holmes?«
»Ja, ich meine Holmes. Über wen sollte ich sonst reden? Dieser Bastard hat meine Tochter umgebracht, und Sie sitzen dumm rum!«
Noch vor ein paar Tagen hatte Lodestone darauf gepocht, dass Ivan Roseanne getötet hatte. Aber Holmes’ Verhaftung hatte natürlich alle Vorzeichen verändert. Auch wenn Farley Ivan immer noch hasste, richtete sich sein beträchtlicher Zorn jetzt gegen den Bauunternehmer. Ivan Dresden hetzte vor Decker ebenfalls ausgiebig über Holmes. Jetzt hatten die beiden Männer wenigstens etwas gemeinsam. Offenbar begeisterten sich alle für Holmes als Mörder von Roseanne.
»Farley«, sagte Decker, »noch ist uns niemand entwischt.«
»Und es ist auch niemand verurteilt worden.«
»Das stimmt, aber wir sind vorsichtig, denn wir wollen unsere harte Arbeit nicht durch einen Verfahrensfehler zunichtemachen lassen.« Decker hörte Gequengel am anderen Ende der Leitung. »Sehen Sie, Farley, der Fall, an dem wir gerade arbeiten – der Fall, in den Raymond Holmes involviert ist -, ist über dreißig Jahre alt. Wir sind hartnäckige Scheißkerle, und wir geben nicht einfach auf, nur weil’s schwierig wird.«
Schweigen.
»Ich werde nichts
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