Habgier: Roman (German Edition)
keine Ahnung hatte, dass Beth dort begraben lag. Der Bauunternehmer kannte sich in Los Angeles nicht besonders gut aus. Es wäre für Holmes viel zu weit hergeholt gewesen, dass diese Leiche seine tote Schwägerin sein könnte. Während des Interviews hatte er ausgesagt, er hätte geglaubt, die Tote sei Roseanne Dresden.
Wahrscheinlich hatte er die Wahrheit gesagt.
Und trotzdem unterschied sich das lange Gerede von Holmes deutlich von der Geschichte, die Holmes’ Vater Decker erzählt hatte. Martin Hernandez hatte behauptet, Belize hätte den Mord zugegeben, auch wenn Beths Tod nicht beabsichtigt gewesen war. Und Hernandez deutete an, dass Manny tot sei.
Wie aber konnte Hernandez Mannys Tod voraussetzen, außer er kannte den Mörder? Der alte Mann ging nicht so weit, seinen älteren Sohn mit dem Tod des jüngeren in Verbindung zu bringen. Decker war sich nicht sicher, wer von den beiden Beth getötet hatte, aber er war fast hundertprozentig davon überzeugt, dass Belize Manny umgebracht hatte. Für Decker war Belizes legale Namensänderung zu Raymond Holmes nichts anderes als eine verquere Art, seinen toten Bruder Ramon Hernandez zu ehren.
»Wollen Sie mir jetzt etwas über Roseanne Dresden erzählen?«, fragte Decker.
»Du lieber Himmel!« Raymond schlug sich mit der Hand ins Gesicht. »Ich weiß wirklich nicht, was mit ihr passiert ist! Vor ihrem Verschwinden habe ich sie sechs beschissene Monate lang nicht gesehen!«
»Und ich weiß nicht, ob ich Ihnen das abkaufe, Ray.«
»Warum denn nicht? Ich habe Ihnen ganz ehrlich geantwortet. Ich habe Ihnen erzählt, was mit meinem Bruder los war, ich habe Ihnen von dem Geld erzählt und dass ich geholfen habe, die Leiche einzupacken. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich alles hinterher weggeputzt habe. Ich habe Ihnen erzählt, was ich weiß.« Holmes wischte sich wieder übers Gesicht. »Und mehr habe ich nicht zu sagen.«
»Zu spät«, warnte ihn Dudley, »denn er wird Sie jetzt wegen Mordes verhaften.«
»Sie hätten wohl besser auf Ihren Anwalt gehört, Mr. Holmes«, meinte Decker.
»Warum?« Holmes fing wieder wahnsinnig an zu schwitzen. »Hey, ich war Ihnen gegenüber total ehrlich! Sogar dem blöden Lügendetektortest wegen Roseanne habe ich zugestimmt. Wie können Sie mich jetzt doch noch wegen Mordes verhaften?«
»Ich denke mal, ich vollstrecke einfach den Haftbefehl und überlasse dem Staatsanwalt die Entscheidung.«
»Sie verdammter Scheißkerl! Sie haben nichts in der Hand, weil ich es nicht war!«
»Ich hatte Ihnen ja geraten, nichts zu sagen, Ray«, gab Dudley zum Besten.
»Sie sind genau so ein verdammter Scheißkerl«, schrie Holmes. »Sie sind gefeuert!«
»Gut«, erwiderte Dudley, »dann überreden Sie mal einen der Polizisten-Frischlinge, Sie auf Kaution freizulassen.«
»Halt! Ich nehm’s zurück!« Holmes war verzweifelt. »Bitte, Taz, es tut mir leid, aber lassen Sie mich nicht im Stich.«
»Ich werde Sie vertreten«, erwiderte Dudley, »aber nun ist der Sachverhalt ja weitaus komplizierter. Ich benötige jetzt einen Vorschuss über fünfzehntausend Dollar, und noch mal fünfzehn in zwei Wochen. Wenn Sie nicht flüssig sind, reicht mir auch eine Bankbürgschaft auf Ihr Haus als Sicherheit.«
»Sie beide können Ihr nettes Gespräch gleich in einer ruhigen Zelle fortsetzen. Jetzt hat Mr. Holmes erst mal eine Verabredung mit Ms. Miranda und wird über seine Rechte aufgeklärt.«
40
»Hallo, Fremder.«
Rina war Decker in der Einfahrt ihres Hauses entgegengegangen und begrüßte ihn lächelnd, mit Badeschlappen an den Füßen und in einen riesigen Frotteebademantel gehüllt, dessen Gürtel ihre schmale Taille betonte. Über ihr glitzerten die Sterne, und der Mond diente als Scheinwerfer. Obwohl der Frühling schnell zum Sommer wurde, war die Luft kühl, da der Nebel sich im Talbecken auszubreiten begann.
»Sag nichts«, antwortete Decker sanft, »während meiner Abwesenheit wird Kobys und Cindys Haus fertig, Sam heiratet Rachel, Jake hat eine feste Freundin, und Hannah geht aufs College.«
»Volltreffer, woher weißt du das alles?« Rina hakte ihn unter, und sie gingen Arm in Arm ins Haus.
Decker zog sie eng an sich heran. »Mann o Mann, endlich wieder hier. Ist die Prinzessin zu Hause?«
»Wir haben jetzt ein Uhr nachts während der Schulzeit. Die Prinzessin ist zu Hause und schläft. Wo ist euer fieser, mieser Schurke?«
»Wir erledigen gerade den ganzen Papierkram, um ihn nach Los Angeles zu überführen. Wenn alles klappt,
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