Habgier: Roman (German Edition)
wegzuwaschen.«
»Leuchtet ein. Warten wir ab, ob wir ein paar leuchtend blaue Kleckse finden, um das Ganze zu untermauern.«
»Wo bist du gerade?«
»Zurück im Hotel, beim Packen. Ich habe noch ein bisschen Zeit; wahrscheinlich gehe ich schnell was essen und fahr dann nach Albuquerque. Ich achte darauf, dass mein Handy geladen ist, aber der Empfang ist während der Rückfahrt nicht besonders gut. Wenn du mich nicht erreichst, hinterlass eine Nachricht. Ruf an, sobald du was weißt.«
»Mach ich. Wo gehst du was essen?«
»Irgendwo, wo ich zu Fuß hinkomme. Hast du eine Idee?«
» Pasquals in der Water Street. Ungezwungen, gemütlich, und das Essen ist hervorragend. Frag unbedingt nach rotem und grünem Chili als Beilage. Das bringt deine Geschmacksnerven auf Trab!«
»Ein gutes Essen würde mir nicht schaden. Danke für den Tipp.«
»Hier hast du noch einen: Statt nach rotem und grünem Chili frag einfach nach Weihnachts-Chili. Das macht dich zum Einheimischen.«
Decker hatte die Wahl zwischen einem Einzeltisch mit dreißig Minuten Wartezeit oder einem Platz an einem Gemeinschaftstisch, dafür sofort. Da er müde und hungrig war, wählte er die zweite Variante. Seine Tischnachbarn waren ein pensionierter Stockbroker mit einer Leidenschaft fürs Fliegenfischen, ein Keramikkünstler, eine Touristenfamilie mit zwei kleinen Kindern und ein Ehepaar aus Texas, das hier irgendwo in den Bergen ein Ferienhaus besaß. Als der Stockbroker nach seinem Beruf fragte, antwortete Decker seinen Tischgesellen, er sei Rechtsberater und habe geschäftlich in Santa Fe zu tun. Jeder der beiden Sätze für sich genommen war wahr. Betrachtete man sie zusammenhängend, wurde aus seinen Worten eine Notlüge.
Er saß gerade erst in seinem Mietwagen, als sein Handy klingelte. Die Nummer wurde nicht angezeigt, was darauf hindeutete, dass wahrscheinlich Rina ihn anrief.
»Juhu«, sagte Decker, »ich bin auf dem Weg nach Hause.«
»Oh... Ich wollte Lieutenant Decker sprechen.«
Die Stimme klang männlich und offiziell. Decker wechselte die Gangart. »Am Apparat. Mit wem rede ich bitte?«
»Detective Newt Berry von der Polizei in San Jose.«
Decker wurde aufmerksam. »Detective Berry, was gibt’s?«
»Ungefähr vor zwanzig Minuten bekam ich einen Anruf von einer Frau namens Lindie Holmes. Sie meinte, sie würde gerne mit uns reden und hätte eine Menge über ihren Ehemann Raymond Holmes zu sagen, der, wie Sie ja wissen, immer noch bei uns in Untersuchungshaft sitzt.«
»Danke für den Anruf. Ich würde mich sehr gerne mit ihr unterhalten.«
»Dachte ich mir schon. Das Beste wäre wohl, Sie fliegen her und tun genau das.«
»Im Moment bin ich gerade in New Mexico, aber auf dem Weg zum Flughafen. Vielleicht gibt es Flüge nach Oakland oder San Francisco. Hat sie ausdrücklich nach mir gefragt?«
»Sie fragte nach demjenigen, der für die Ermittlungen im Fall ihres Ehemannes zuständig ist. Sie sagt, sie hätte dazu eine Menge zu sagen.«
»Selbst wenn ich sofort einen Flug nach Norden bekomme, brauche ich mindestens drei Stunden, inklusive der Zeitverschiebung von einer Stunde. Glauben Sie, sie wäre bereit, auch am Abend ins Revier zu kommen?«
»Geben Sie mir Ihren Flugplan durch, sobald Sie Genaueres wissen. Ich rufe sie dann an. Im Moment schien mir die Frau ganz wild darauf, ihren verkommenen Ehemann zu belasten. Sie wiederholte immer wieder, sie hätte interessante Informationen für uns.«
»Klingt vielversprechend – wenn sie die Wahrheit sagt.«
»Vom Gesprächsverlauf her kann ich nicht beurteilen, ob sie uns anlügen wird, eben weil sie wütend auf den Mistkerl ist und es ihm heimzahlen will, oder ob sie tatsächlich mit der Wahrheit rausrücken wird, weil sie wütend auf den Mistkerl ist und es ihm heimzahlen will. Aber was ich beurteilen kann, ist, dass ihre Wut sie schier auffrisst.«
42
Mit ein bisschen Trickserei gelang es Decker, einen Flug zu ergattern, der ihn bis sechs Uhr abends nach Oakland brachte. Newt Berry wartete an der Gepäckausgabe auf ihn. Der Polizist aus San Jose stach aus der Menge hervor mit seinen guten ein Meter achtzig. Er war dünn und kahlköpfig, und sein langes Gesicht mit den braunen Augen und einer breiten und steilen, ja skipistenartigen Nase erinnerte an das eines Pferdes. Die beiden Männer gaben sich die Hand und gingen schweigend zum Parkplatz. Als sie ins Auto stiegen, fragte Berry: »Hatten Sie einen Direktflug?«
»Zwei Zwischenstopps. Ein bisschen
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