Habgier: Roman (German Edition)
wollte, dass ich direkt zur Zeitung gehe und Ihre Liste mit der von West Air vergleiche.« Sie lächelte ihn wieder entwaffnend an. »Sie sind Journalist, Sie wissen doch, wie wichtig es ist, Fakten zu überprüfen.«
Delgado nickte. »Wenn jemand die Liste hat, dann ist es Tricia, aber sie ist im Urlaub.«
»Verdammt. Und sonst könnte niemand die Liste gehabt haben?«
Delgado dachte einen Moment nach. »Geben Sie mir ein paar Minuten. Macht es Ihnen etwas aus, kurz zu warten?«
»Kein Problem. Vielen Dank, Mr. Delgado, Sie sind mir wirklich eine große Hilfe. Tausendmal besser, als sich mit der Ansage in der Warteschleife zu unterhalten.«
»Freut mich, aber noch habe ich nichts getan.« Delgado lächelte. »Bleiben Sie hier, es kann ein bisschen dauern.«
Als er weg war, dachte Marge über Delgado nach, der nicht viel älter als Vega war. Ihre Tochter schien unerwartete Fortschritte in Sachen Geselligkeit zu machen. Nach ihrer ersten positiven Party-Erfahrung war Vega ein zweites Mal von Josh aus ihrem Teilchenphysikkurs eingeladen worden, diesmal zum Abendessen. Im Anschluss an die unausweichliche Panikattacke hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie die Einladung annehmen und Marge für weitere Instruktionen anrufen konnte. Nachdem Marge ihr geraten hatte, an dem Abend über ein erst kürzlich erschienenes Buch zu reden, war Vega losgezogen, hatte die ersten zehn Titel auf der New-York-Times -Bestsellerliste gekauft und sie dann in drei Nächten aufgesogen.
Die Minuten dehnten sich.
Marge checkte ihren BlackBerry. Will Barnes hatte angerufen und die Nachricht hinterlassen, dass er zu einem Termin nach Santa Barbara kommen würde. Ob sie nicht Lust hätte dazuzustoßen? Ein Wochenende am Meer klang gut, und Marge dachte gerade an Strandspaziergänge und leckere Fischgerichte, als Delgado mit einigen Zetteln in der Hand zurückkam. Marge stand auf, aber Delgado hielt die Papiere noch zurück.
»Die erste veröffentlichte Liste war nicht schwer zu finden. Das ist diese hier.« Er gab ihr ein Blatt. Dann wedelte er mit einem weiteren vor ihren Augen herum. »Meiner Meinung nach – und ich bin mir nicht hundertprozentig sicher – ist das hier die Originalliste, die uns West Air gemeldet hat, und tatsächlich stehen auf der weniger Namen als auf der, die die Zeitung abgedruckt hat.«
»Na bitte, dann hat man mich ja mit gutem Grund hierhergeschickt.« Sie streckte ihre Hand aus.
»Also, ich hätte Sie das gleich am Anfang fragen sollen: Könnte ich Ihren Ausweis sehen?«
»Klar«, sagte Marge, während sie in ihrer Handtasche herumwühlte und überlegte, ob sie Delgado ihre Dienstmarke zeigen sollte. Wenn sie sie nur kurz zückte, schauten die Leute manchmal nicht so genau hin. Aber hier würde das nicht funktionieren. Delgado wollte wissen, wer sie war. »Ups, ich habe leider meine Visitenkarten nicht dabei, aber ich kann Ihnen meinen Führerschein zeigen.« Sie hielt ihn vor seine Augen. »Lesen Sie bloß nicht mein Geburtsdatum, das wäre unhöflich.«
Er lächelte, löste seinen Blick aber nicht. »Sie heißen tatsächlich Marge Dunn, aber Sie könnten alles Mögliche sein.«
Der einzige Weg, aus der Sache heil herauszukommen, war, ihn glauben zu machen, dass er kurz davor stand, eine Riesenstory zu verlieren. »Ach, wissen Sie, ich sollte vielleicht doch auf Tricia Woodard warten und die offiziellen Kanäle benutzen. Wir wollen ja beide keinen Fehler begehen, stimmt’s?«
Delgado runzelte die Stirn. »Wonach suchen Sie wirklich, Ms. Dunn?«
»Warum lassen Sie mich nicht einen Blick auf die Liste werfen, und ich verrate es Ihnen?«
Der junge Mann traf eine Entscheidung zu seinen Gunsten und gab ihr das Blatt Papier. Rusty war geschäftstüchtig. Am Ende der ersten Liste hatte jemand drei Namen handschriftlich hinzugefügt, die dann in der Zeitung mit abgedruckt worden waren. Die ersten beiden lauteten Campbell Dennison und Zoey Benton. Marge überflog schnell die Liste und fand dieselben Nachnamen bei den Passagieren mit Tickets: Scott und Lisa Dennison und Marlene Benton. Diese beiden armen Seelen waren zwei Kinder unter zwei Jahren gewesen. Sie würde das später überprüfen.
Der dritte Name auf der Liste von Delgado war Roseanne Dresden.
Marge deutete auf die ersten beiden Namen. »Die hier waren offensichtlich mitreisende Kinder. Roseanne Dresden war Stewardess bei West Air, aber sie war nicht für diesen Flug eingeteilt. Sie flog mit, um von San Jose aus zu arbeiten. Haben Sie eine
Weitere Kostenlose Bücher