Habgier: Roman (German Edition)
Leather and Lace und noch fünf anderer Herrenclubs. Oliver hatte gehört, dass Michelli sich alles selbst erarbeitet hatte, als Abkömmling italienischer Einwanderer in dritter Generation. Michelli schien seine Clubs sauber und korrekt zu führen, mit einem halben Dutzend Bodyguards, die wie Bulldozer aussahen und an strategischen Punkten im Saal aufgestellt waren, um die Sicherheit ihres Chefs und der Mädchen zu garantieren. Michelli setzte sich zu Oliver, ohne um Erlaubnis zu fragen.
»Was darf ich Ihnen anbieten, Detective?«
»Danke, aber mir reicht mein Bier, Mr. Michelli.«
»Nennen Sie mich Dante.« Er hob kurz eine Hand in die Luft, und schon tauchte eine langbeinige Schönheit mit einem platinfarbenen Bürstenhaarschnitt neben ihnen auf. »Bring dem Herrn ein frisches Bier, Titania.«
»Nicht nötig, trotzdem danke«, sagte Oliver.
»Sie sehen so aus, als wären Sie geschäftlich hier«, gab Dante zurück.
»Stimmt, aber es hat nichts mit Ihren Geschäften zu tun.«
Genau das wollte der Besitzer hören. Das Bier kam eine Minute später, kalt und frisch. Oliver zückte seine Brieftasche – Michelli legte seine Hand über die von Oliver. »Denken Sie erst gar nicht daran.«
»Da sag ich nicht nein.« Oliver steckte seine Scheine wieder ein. »Entweder zahlen Sie, oder ich muss einen Haufen Formulare ausfüllen, um das Geld zurückzukriegen.«
Die beiden Männer blickten wieder zur Bühne. Michelli redete weiter, ließ dabei aber seine kurvenreichen Ladys nicht aus den Augen. »Was brauchen Sie noch außer einem kalten Bier?«
»Ich habe ein Problem, Mr. Michelli. Ich müsste mit einem Ihrer Mädchen sprechen, ich weiß nur nicht genau, wie sie heißt. Könnte Miranda oder Melissa sein.«
Michelli schüttelte verneinend den Kopf. »Weder noch. Wie sieht sie aus?«
»Das weiß ich nicht.«
»Was wissen Sie denn überhaupt?«
»Nur, dass sie einen Mann namens Ivan Dresden kennt.« Oliver fixierte Michelli unauffällig, bevor er wieder auf die Bühne blickte. Das Gesicht des Mannes war ausdruckslos. »Ich interessiere mich viel mehr für Dresden als für das Mädchen. Kennen Sie ihn vielleicht?«
»Wie sieht er aus?«
»Dunkles Haar, anziehender Typ, in den Dreißigern. Macht irgendwas mit Finanzen.«
»Das beschreibt ungefähr neunzig Prozent meiner Kunden.«
Oliver stierte immer noch auf die Bühne, besonders auf eine kleine Blondine mit Körbchengröße 100 C. Sie wirkte wie ein Kobold mit ihren höchstens eins fünfundsechzig, der Stupsnase, dem langen Haar und den runden Augen. Ihre Möpse waren wirklich nett anzusehen, aber viel zu groß im Vergleich zum Rest ihres Körpers. Ein Wunder, dass sie nicht vornüberfiel, sobald sie sich bewegte. »Der Mann, den ich suche, hatte eine Ehefrau, die bei dem Flugzeugabsturz vor vier Monaten... verlorenging.«
Dante musste nicht lange überlegen. »Jell-O.«
Oliver lachte. »Wie bitte?«
»Süß und weich wie Jell-O-Wackelpudding.« Dante blickte Oliver unverwandt an und zeigte bei seinem Grinsen perfekt geformte, gelb verfärbte Zähne. »Einer von Jell-Os regelmäßigen Kunden war viel zu sehr im Verzug mit seinen Rechnungen. Ich wurde ein bisschen nervös, aber erst kürzlich hat er alles beglichen.«
»Wie hoch war die Rechnung?«
»Fünfzehntausend.«
»Hoppla«, sagte Oliver, »das reicht für ziemlich viel Strippen.«
»Von wegen. Wir haben Typen, die hauen so viel an einem Abend auf den Kopf. An diesem Kerl war mir was nicht geheuer. Ich habe Jell-O beauftragt, einen kleinen Vorschuss einzutreiben. Eine Woche später hat er alles bezahlt.«
»Kreditkarte, Scheck oder bar?«
»Bar. Und Jell-O hat erzählt, dass der Kunde die ganze Zeit am Jammern war, weil seine Frau bei einem Flugzeugabsturz gestorben ist. Die Frau war ihm egal, aber er wartete wohl dringend auf das Geld von der Versicherung.« Michelli nahm eine Handvoll Erdnüsse aus einer bereitstehenden Schale und schmiss sie gekonnt in den Mund. »Stimmt das?«
»Wenn sie bei dem Absturz ums Leben kam, dann ja.«
»Aber Sie vermuten, er hat sie anderweitig entsorgt.«
»Ich ermittle in einer Vermisstenanzeige, Mr. Michelli. Im Moment möchte ich mich einfach nur mit dem Mädchen unterhalten.«
»Sie sehen ihr die ganze Zeit zu.«
»Die Blonde mit den Gigadingern?«
»Genau die. Ich sagte Ihnen doch: süß und weich wie Wackelpudding.«
15
Im Umkleideraum hinter der Bühne watete Oliver durch Berge von Kostümen und versuchte es zu vermeiden, die Tänzerinnen in
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