Habgier: Roman (German Edition)
Telefonlisten«, antwortete Marge. »Hast du meine Nachricht bekommen?«
»Wegen des Anrufs aus San Jose um Mitternacht?« Oliver zuckte mit den Achseln. »Was machte Roseanne acht Stunden, bevor sie angeblich in einem Flugzeug auf dem Weg von Burbank nach San Jose verstarb, in San Jose?«
»Genau das versuchen wir herauszufinden«, erwiderte Marge. »Die Zeit ist reif für ein Gespräch mit Ivan dem Schrecklichen. Vielleicht weiß er, was sie dort gemacht hat. Und da Mr. Dresden sich für einen Weiberhelden hält, sollten wir ihn zusammen befragen, und du übernimmst das Reden. Ihr könnt euch ja über Fifi im Leather and Lace austauschen.«
»Sie heißt Jell-O, nicht Fifi.«
»Jell-O?« Decker prustete laut los. »Ist der Name echt?«
»Ihr Taufname lautet Marina Alfonse«, sagte Oliver. »Übrigens habe ich meine Meinung über die junge Dame geändert, und das könnte Auswirkungen auf den Fall haben. Als Rottiger mir von Marinas erster Reaktion auf Ivan erzählte, betonte er, dass sie Ivan für ein Arschloch hielt. Beim schnellen Vorlauf auf gestern Nacht höre ich von ihr, dass die beiden im Verborgenen bumsen, weil es gegen die Regeln verstößt, mit einem Kunden ein Verhältnis zu haben. Währenddessen hat Dresden im Club eine Rechnung über fünfzehntausend Dollar angehäuft.«
Decker und Marge japsten nach Luft.
»Genau«, fuhr Oliver fort, »das war auch meine Reaktion. Der Eigentümer des Clubs, ein Kerl namens Dante Michelli, mit dem nicht zu spaßen ist, wurde nervös und beauftragte Marina, eine Anzahlung zu kassieren. Zur Überraschung aller zahlte Dresden die Rechnung auf einen Schlag, in bar. Marina behauptet, er hätte eine Hypothek auf das Apartment aufgenommen. Auf ein Apartment, das ihm nun angeblich gehört, weil Roseanne als verstorben gilt. Das klingt für mich nach M-o-t-i-v.«
»Wie hat er bloß so schnell eine zweite Belastung für das Apartment bekommen?«, wunderte sich Marge. »Die Versicherung und der Coroner haben sie offiziell noch nicht für tot erklärt.«
»Erstens sind seit dem Absturz vier Monate vergangen, also muss das mit dem Kredit nicht schnell gegangen sein. Zweitens hatte er vielleicht einen Deal mit seinem Kreditberater. Irgendwann einmal, selbst wenn wir ihren Leichnam nicht finden, werden Roseannes Versicherungspolicen wohl ausgezahlt werden.«
»Nicht wenn wir ihr Verschwinden als Mord deklarieren«, entgegnete Marge.
»Und welche Beweise haben wir?«
»Na ja, wir haben ganz sicher keinen Beweis, dass sie an Bord des Flugzeugs war«, gab Decker zurück. »Besonders durch ihren letzten Anruf aus San Jose.«
»Aber theoretisch«, sagte Marge, »könnte sie mit der Frühmaschine um 05:00 aus San Jose nach Burbank geflogen sein und dann mit dem Todesflug um 08:15 wieder kehrtgemacht haben.«
»Ich dachte, West Air hat auf diesem Flug keine Unterlagen über einen Einsatz von Roseanne.«
»Soweit wir wissen, nicht«, sagte Marge. »Und wie machen wir uns nun an Ivan ran?«
»Fragt Ivan, warum Roseanne in San Jose war. Und dann findet heraus, ob er was über Raymond Holmes weiß.«
»Wir sollen also ihren Exlover ins Spiel bringen?«, fragte Oliver nach.
»Roseannes letzter Anruf kam um Mitternacht auf ihre Festnetznummer zu Hause von einem Sendemast in San Jose«, erklärte Marge.
»Okay... ihr glaubt, dass sie ihn in San Jose sehen wollte.«
»Möglich wär’s, obwohl zwischen den beiden mindestens seit drei Monaten vor dem Crash absolute Funkstille herrschte.«
Oliver nickte. »Also behaupten wir bei Ivan Dresden, dass … na ja, dass wir davon ausgehen, Mr. Holmes sei der Letzte gewesen, der Roseanne lebend gesehen hat, und nun bräuchten wir Ivans Hilfe, um aus Holmes den bösen Buben zu machen?«
»Vielleicht stimmt das sogar«, sagte Decker.
»Aber wir halten Ivan den Schrecklichen immer noch für einen Verdächtigen, auch wenn wir ihn nicht so behandeln?«
»Ja.«
»Und wir hoffen darauf, dass Ivan sich entspannt und viel erzählt, wenn er sich erst mal auf Holmes eingeschossen hat?«
»Besonders wenn wir an sein gekränktes Ego appellieren«, fügte Marge hinzu.
»Helfen Sie uns, Mr. Dresden«, schauspielerte Oliver, »die Polizei verlässt sich auf Sie.«
»Super, wir tragen das so dick auf wie Erdnussbutter«, sagte Marge. »Mit der Bauchpinselei eines männlichen Egos liegt man nie falsch. Männer sind normalerweise empfindliche Wesen. Wobei, wir Frauen müssen uns darüber gar nicht lustig machen. Ein paar wohlfeile Komplimente, und
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