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Habgier: Roman (German Edition)

Habgier: Roman (German Edition)

Titel: Habgier: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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der Stein zu einer Farbe zwischen kaltem Stahl und Grabsteingrau verblasst, als Decker noch einmal in die Tüte hineinsah.
     
    Es fühlte sich unheimlich an, in einem Flugzeug von West Air auf dem Weg von Burbank nach San Jose zu sitzen, und es war auch noch derselbe Typ wie die vor vier Monaten ins Nichts gestürzte Maschine. Während des Starts verspürte Decker eine gewisse Anspannung – und Erleichterung, als sie ihre Reiseflughöhe erreicht hatten und der Getränkeservice begann. Er sah auf die Uhr, zuerst einmal, um seinen viel zu schnellen Puls zu messen, und dann, um die Ankunftszeit zu berechnen. Es war fast zwei Uhr, und es blieben noch etwa vierzig Minuten Flugzeit. Er warf einen Blick zu Marge, die ihre Notizen durchging. Sie hatte ihr Haar zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden und trug eine weiße Bluse und einen schwarzen Rock, dazu schwarze Pumps. Seit kurzem besaß sie eine schmale Lesebrille mit einem dunklen Gestell, die sie in gewisser Weise wie eine sexy Lehrerin aussehen ließ.
    Decker sagte: »Und Raymond Holmes zeigt sich hilfsbereit, meintest du?«
    »Sehr sogar.«
    »Obwohl wir ihn nach seiner Geliebten befragen und er verheiratet ist?«
    »Das war seine einzige Bitte – wir sollen seine Familie raushalten. Ich sagte ihm, dass ich keinen Grund sähe, seine Frau und Kinder mit einzubeziehen, und dann wurde er ganz handzahm.« Sie nahm ihre Brille ab, blickte Decker an und runzelte die Stirn. »Fast zu handzahm.«
    »Aalglatt?«
    »Ich weiß nicht, Pete. Wir alle denken ja in die gleiche Richtung, dass Roseanne nicht an Bord des Flugzeugs war. Was aber bedeutet, dass wir möglicherweise ihren Mörder befragen.«
    »Richtig. Lass uns erst mal alles über ihre Beziehung herausfinden. Wenn er mit ihrem Verschwinden etwas zu tun hat, müssen wir ihn zumindest dazu bringen zuzugeben, sie in der Nacht vor ihrem Abtauchen gesehen zu haben.«
    »Wie willst du also das Gespräch aufbauen?«
    »Es hängt auch davon ab, was wir bei West Air in San Jose in Erfahrung bringen. Ist es dir gelungen, die Firmenchefs zur Zusammenarbeit zu bewegen, oder stellen sie sich immer noch quer und verweisen euch an die Task Force?«
    »West Air hat sich tatsächlich ein bisschen beruhigt. Ich habe einen Namen bekommen – Leslie Bracco. Sie war für den Fünfuhrflug am Check-in-Schalter eingeteilt. Wir treffen sie nach Holmes, weil ich vorher keinen Termin bei ihr bekommen habe, voraussichtlich so gegen fünf.«
    »Das sollte klappen. Am besten, wir gehen mit Holmes um wie mit Ivan Dresden. Wir wollen ihn nur sprechen, um etwas über Roseannes letzte Aufenthaltsorte zu erfahren.«
    »Macht richtig Sinn.« Marge lehnte sich nach links und sah aus dem Fenster. »Wie lange brauchen wir deiner Meinung nach für die Befragung der Flugbegleiterin?«
    »Ich weiß nicht. Kann zwanzig Minuten dauern oder eine Stunde. Warum fragst du?«
    »Reine Neugier.«
    Decker kicherte. »Verabredung zum Abendessen?«
    »Ich habe Will gesagt, ich würde es bis acht schaffen. Dachte, so bleibt mir genug Zeit.«
    »Das will ich hoffen. Ich bin auf die 20:40-Maschine gebucht. Wann fliegst du nach Hause?«
    Sie wand sich in ihrem Sitz. »Ich nehme morgen den Frühflug.«
    Decker lächelte nur noch breiter.
    »Was denn?«, protestierte Marge. »Ich bin eine geborene Frühaufsteherin. Warum sollte ich meine natürlichen Bedürfnisse verleugnen?«
    »Ich hab nichts gesagt.«
    »Technisch gesehen stimmt das.« Sie knuffte ihn in die Schulter. »Aber dein süffisantes Grinsen sagt alles.«

20
     
    Als drittgrößte Stadt Kaliforniens und zehntgrößte der Vereinigten Staaten erntete San Jose nicht den gebührenden Respekt. Bekannt vor allem durch den Sechzigerjahresong »Do you know the way to San Jose« von Hal David und Burt Bacharach – und ausgewählt allein wegen des Reims und Wohlklangs -, war San Jose keinesfalls die verschlafene Kleinstadt, die sich die meisten Leute darunter vorstellten. Millionen Einwohner bevölkerten dieses Ballungsgebiet mit Wolkenkratzern, Museen, Parkanlagen, Hochschulen und jeder Menge Firmensitze aus dem Hightechbereich. San Jose und seine Vorstädte Sunnyvale, Cupertino und Santa Clara bildeten das Herz des Silicon Valley – des Zentrums der Industrie von Technik und Elektronik.
    In der ganzen Gegend gab es vielleicht ein Dutzend Menschen, die nichts mit Apple, IBM, Adobe, Sun Microsystems, Oracle, Cisco, Hewlett-Packard und so weiter und so fort zu tun hatten, und Raymond Holmes war einer von ihnen. Er

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