Habiru
Seite wir anfangen, Hauptsache wir gehen systematisch vor.«
Vielleicht war es ihr Respekt vor Sarah, die mit ihrer Geschichte einiges Aufsehen erregt hatte und von den meisten hier als eine Art Prophetin gesehen wurde. Der See schimmerte dunkel und geheimnisvoll in der nun beginnenden Abenddämmerung.
Wie merkwürdig, dass ich den See ausgerechnet unter diesen Umständen wieder sehe. Auf solche Umstände hätte ich gerne dabei verzichtet, waren ihre Gedanken.
Viel Zeit blieb für ihre Suche nicht mehr, bevor es dunkel werden würde. Sie befanden sich nun in einem recht unzugänglichen Teil rechts des Sees. Wildes Gestrüpp zwischen den Bäumen behinderte ihr Fortkommen. Sie bahnten sich trotzdem einen Weg. Schon zierten Kratzer ihre Haut. Und dann war es ihr, als ob sie ein Stöhnen hörte. »Still!« sagte sie zu Nerestide, »Hast du das auch gehört?«
Beide verharrten augenblicklich absolut still und lauschten - aber es war nichts
zu hören, außer den normalen Geräuschen des Waldes. »Ich bilde mir ein, eben ein Stöhnen gehört zu haben.«
Nesaja zuckte mit den Achseln: »Ich habe nichts gehört.«
Gerade als Sarah es abtun wollte, war es wieder zu hören, es klang wirklich wie ein wehleidiges Stöhnen. »Jetzt habe ich es auch gehört.« flüsterte Nesaja.
Sie liefen beide los, in die Richtung, aus der das Stöhnen zu hören war. Da sah Sarah sie. Schena lag anscheinend ohnmächtig auf dem Boden in einem Gestrüpp, auf dem Rücken - und ... Oh großer Gott - aus ihrem Bauch quoll Blut, das konnten auch Schenas Hände nicht verbergen, die sie verkrampft vor der Wunde zusammenhielt. Sie zeigte auf die Stelle, und Nesaja wurde genauso bleich wie sie. Sie liefen zu ihr. Sarah war als erste bei ihr und fühlte ihren Puls, er war schwach, aber noch vorhanden. Ihre Haut war kalt, aber noch war das Leben nicht aus ihr entwichen. »Sie ist ohnmächtig!«
Sarah überlegte nicht lange und sagte zu ihr: »Los, hol Hilfe, du kennst dich
hier besser aus, ich werde mich um Schena kümmern.«
Nesaja blickte einen Augenblick unschlüssig, als sie überlegte ob es richtig sei,
Sarah hier mit Schena alleine zu lassen. Dann erkannte sie aber, dass Sarahs Idee die beste war, um Schena schnell helfen zu können. »In Ordnung. Pass gut auf sie auf, ich bin so schnell ich kann wieder mit Hilfe zurück.«
»Ich habe einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert, ich weiß was zu tun ist. Beeil dich lieber!«
Noch bevor sie das ausgesprochen hatte, drehte sie sich um und lief wie der Blitz in Richtung des Weges. Sarah rüttelte an Schena. »Schena! Wach bitte auf!«
Sie versuchte die Hände von der Wunde in der Bauchgegend zu nehmen, das war gar nicht so einfach. Als sie es endlich schaffte, stöhnte Schena laut auf und bewegte sich. Die Wunde sah schrecklich aus, Sarah wollte gar nicht wissen, wie sie zustande gekommen sein könnte. Sofort quoll neues Blut hervor. Erst einmal muss ich ihre Wunde verbinden. Sie riss sich ihr Oberteil vom Leib und versuchte einen Wundverband daraus herzustellen. Wenn ich das in Streifen reiße,
müsste es einen notdürftigen Verband abgeben. Jetzt brauche ich nur noch eine Kompresse - ich brauche irgendetwas, was ich benutzen kann, um die Wunde dicht zu pressen. Egal, es geht nicht anders - ich muss den Rock nehmen. Sie hatte einen braunen Faltenrock an, der knielang war. Er war wie viele andere Kleidungsstücke hier auf Bequemlichkeit ausgelegt, Schena hatte ihr ihn gegeben. Sie öffnete den ledernen Gürtel und zog den Rock aus, legte ihn doppelt und dreifach zusammen und dann diesen provisorischen Verband direkt auf die Wunde. Es muss einfach gehen. Dann nahm sie den Streifen ihres Oberteils, um ihn fest um die Wunde zu schnüren. Dafür musste sie Schena hochheben, um einmal mit dem Verband um sie herum zu kommen. Dabei stöhnte Schena mal wieder auf. »Ruhig, alles ist gut.«
Nachdem sie die erste Wundversorgung erledigt hatte, war ihr etwas wohler. Ihr war übel geworden, als sie die Schena so hilflos auf dem Boden liegen sah mit dieser schrecklichen Wunde. Nur ihre Sorge und ihre Kenntnisse über Erste Hilfe ließen ihr überhaupt so viel Kraft, um das durchzustehen und die Übelkeit zu vergessen.
Ohne Oberteil und Rock kam sie sich nackt vor, aber dennoch musste sie aufstehen und kurz zum See hinunter. Sie brauchte Wasser.
Sie überlegte kurz, womit sie das Wasser transportieren konnte, notfalls wollte sie einfach mit ihren Händen eine Schüssel formen. Doch dann fiel ihr der Beutel mit
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