Habiru
dem persönlichen Besitz Schenas ein. Er hing an ihrem Gürtel, und da er auch aus Leder war, würde er geeignet sein, um das Wasser den kurzen Weg vom See hierher zu bringen. Sie nahm ihn an sich, und leerte schnell den Inhalt neben Schena aus. Diesen Beutel hatte ihr Schena auf dem Hinweg nach Eridu erstmals gezeigt. In ihm war ihr gesamter Besitz. Dieser Augenblick erschien ihr ewig her, ihr kam es so vor, als ob Jahre ins Land gegangen waren. Dabei war es erst wenige Wochen her.
Sie beeilte sich, zum See zu kommen und das Wasser zu holen.
Als sie am Rand des Sees war, blickte sie in das Wasser und sah ihr Spiegelbild. Sie sah zerzaust aus, eine Strähne ihres Haares hing ihr ins Gesicht, ihr nackter Oberkörper erinnerte sie an Schena, für die sie ihr Oberteil zerrissen hatte.
Ihr wurde erst jetzt klar, dass es einen Grund für Schenas Verletzung geben musste. Bis zu dem Augenblick hatte sie sich keinen Gedanken darüber gemacht, sie hatte es einfach aus ihrem Bewusstsein ausgeklammert.
»Ich darf keine Angst haben, Schena braucht mich jetzt.« flüsterte sie.
Sie tauchte den Lederbeutel ins Wasser, und kleine Wellen auf dem Wasser bewegten sich kreisförmig von dieser Stelle fort. Ihr Spiegelbild verschwand mit den Wellen.
Es war noch nichts von den anderen zu hören, Nesaja musste noch unterwegs sein. Auch sonst war nichts verdächtiges zu bemerken. Und da die Tiere ihre normalen Laute von sich gaben, war wohl auch keine unmittelbare Gefahr vorhanden.
Mit dem Beutel voll Wasser lief sie zurück zu Schena. Sie war immer noch bewusstlos und lag genauso dort, wie noch vor den wenigen Augenblicken. Sie hockte sich auf den Boden neben Schena. Mit ein paar Tropfen benetzte sie ihre Lippen und ihre Zunge, mit ein wenig mehr versuchte sie die Stirn anzufeuchten. Und tatsächlich, es half. Sie kam langsam zu sich. Ein Stöhnen zeigte es überdeutlich.
Dann schlug sie ihre Augen auf. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Sarah. Ich bin so froh, das du da bist. Ich hatte schon gedacht, ich würde hier einsam sterben.«
Bei diesen Worten krampfte sie zusammen und verzog das Gesicht zu einer schmerzerfüllten Grimasse. Sarah tröstete sie. »Psst, streng dich nicht an, ich habe die Wunde verbunden, und Hilfe ist unterwegs!«
Schena sah sie dankbar an. »Mir ist so kalt, Sarah.«
»Ich habe leider nichts, um dich zuzudecken ...«
»Oh...Wie schlimm ist es? Ich kann den Tod schon spüren ...«
»Sag' so etwas nicht. Sieht gar nicht so schlimm aus.«
Dabei blickte Sarah auf das viele Blut, welches um Schena herum sogar den Waldboden dunkelrot färbte.
»Du bist eine schlechte Lügnerin, ich sehe dir deine Besorgnis an.«
Sarah schluckte und fragte gleich: »Was ist denn passiert? Wer hat dir das angetan?«
»Es waren die Habiru. Aber andere als in Eridu. Sie waren zu fünft. Ich hörte sie kommen und wollte mich verstecken, aber es war zu spät, sie hatten mich entdeckt.«
Schena röchelte etwas und Sarah bat sie sofort wieder, nicht weiter zu erzählen, wenn es ihr zu große Schmerzen bereiten würde.
»Nein, lass, es geht schon. Ich muss es sagen, damit ihr gewarnt seid ...«
»Also gut ...«
Wieder röchelte Schena und ihr Atem war nur mehr ein leises Pfeifen.
»Sie haben mich gefragt, was ich hier so allein machen würde - und haben dann gelacht und gejohlt. Der Anführer packte mich, er wollte mich zur Vereinigung zwingen, und da habe ich mich mit Händen und Füßen gewehrt. Ich biss ihm in den Arm. Es muss ihm furchtbar wehgetan haben - einer der anderen Männer nahm ein Kurzschwert und ich konnte nicht mehr rechtzeitig ausweichen. Er rammte es mir in den Bauch.«
Nun spuckte sie Blut aus dem Mund, das Röcheln wurde immer schlimmer. Sarah war den Tränen nahe, sie war unendlich wütend auf diesen sinnlosen Akt der Gewalt, und sie glaubte nicht mehr, dass Schena noch lange leben würde, egal ob Hilfe kam oder nicht.
»Der Anführer zuckte mit den Achseln und meinte nur: So ein Pech. Sie sagten, es gäbe schließlich noch genug andere Frauen für alle, und haben mich hier einfach liegen lassen.«
Es entstand eine kleine Pause. Sarah versuchte sich im Zaum zu halten. Es gelang ihr nicht. Beim erbärmlichen Anblick Schenas überkam sie die blanke Wut.
»Ich könnte ...« weiter kam sie nicht.
Schena fiel ihr ins Wort. »Sei nicht wütend auf die Habiru. Sie können doch nichts dafür, wie sie sind. Der lange Weg durch die Wüste hat sie so gemacht.« »Aber ...«
Sie legte ihre Hand auf
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