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Habiru

Titel: Habiru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Gerhardt
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die alle freundlich grüßten. Sarah fiel auf, dass einige Frauen ihre Kleinkinder in einer Art Rucksack vor dem Bauch trugen. Am Ende des Dorfes hörten die Wege auf, und sie gingen über Wiesen und Weiden in südöstlicher Richtung. Die Sonne stand etwas rechts von ihnen, es war aber noch angenehm. Sarah schätzte, dass es schon ca. um die 20° C warm war.
    Später am Tag, wenn die Sonne hoch am Himmel stehen würde, würde es bestimmt anstrengender zu marschieren. Sie stapfte Schena hinterher, Arnek ging in einigem Abstand vor ihnen her und war anscheinend nicht sehr gesprächig.
    »Was ist mit diesem Katal? Ist er nett? Er hat mir zugelächelt, hat aber genau wie ich kein Ton rausbekommen ...«
    »Ja, er ist nett, ich habe mich sogar schon einmal mit ihm vereinigt.«
    Hatte Sarah das jetzt richtig gehört? »Wie bitte? Du hattest schon mal Sex mit ihm?«
    Schena konnte wohl mit dem Wort Sex nichts anfangen, aber es blieben ja eigentlich keine Zweifel, dass sie beide dasselbe meinten. Schena zuckte mit der Schulter. Sarah wusste nicht, was sie fühlen oder denken sollte. Es war eine Mischung aus Unglauben und Neugierde. »Ich wollte dich sowieso fragen, wie es hier in deiner Welt damit aussieht. Wie war es denn so?«
    »Es war genau so, wie die älteren Frauen es vorher sagten. Es ist ein wunderbares Gefühl. Vor allem die vollendete Vereinigung, wenn durch beide gleichzeitig der Stoß des kleinen Todes fährt.«
    »Stoß des kleinen Todes?« Sarah wusste nicht wirklich, wovon Schena sprach. »Das nennt man so, wenn das Leben unwichtig ist und man nichts anderes mehr spüren oder denken kann als die Vereinigung. Es ist wie ein kleiner Tod, der Punkt, an dem das Leben aufhört, wichtig zu sein - und aus deren Verbindung gleichzeitig neues Leben entstehen kann, wenn die Säfte des Lebens sprudeln.« Sarah dämmerte, das es sich bei dieser Schilderung um einen Orgasmus handeln musste. So viel wusste sie nun schon.
    »Ich verstehe - Und ist es bei euch normal in diesem Alter, dass ihr schon Sex habt? Und wie verhütet ihr eigentlich?«
    »Nun, es gibt keine Altersbeschränkung. Wenn wir den Ritus des ersten Blutes feiern, sind wir vollwertige Seiende. Ich bin seit sieben Monden Seiende, und zwei Monde nach dem Fest habe ich mich bereit dafür gefühlt, mich der Vereinigung zu öffnen. Und Katal hat mir schon länger gut gefallen. Wir haben uns in der Hütte getroffen, die nur für diese Zwecke errichtet wurde. Ich weiß aber nicht, was Verhütung bedeutet. Kannst du mir es erklären?«
    Sarah war entsetzt, dass Schena nichts von Verhütung wusste, das war doch typisch für solche Indianervölker. Sie hatte wenigstens das in der Schule erklärt bekommen.
    »Na, wie verhindert ihr, dass ihr bei der Vereinigung ungewollt Mutter werdet?« »Ach so, sag' das doch. Das ist einfach. Unsere Hags stellen einen Honigsud vermischt mit Kräutern her, der uns selbst bestimmen lässt, wann und ob wir den Kreislauf des Lebens vollenden.«
    Sarah hatte während Schenas letzten Sätze mehrere Male gestutzt, wollte sie aber nicht unterbrechen. Sie war anscheinend etwas voreilig. Die Frauen hier konnten wohl selbst entscheiden wann und ob sie überhaupt Mütter werden wollten. Ihr fiel ein, dass sie hier bisher nur Frauen mit einem oder maximal mit zwei Kindern gesehen hatte. Ein paar Dinge waren ihr nicht klar: »Ich habe nicht alles verstanden. Was sind das für Hütten, in denen ihr euch trefft? Was sind Hags? Wieso rechnet ihr in Monden? Meint ihr die Menstruation mit dem Ritus des Blutes? Und was hat es überhaupt mit der Großen Mutter auf sich?« Schena seufzte und holte weiter aus.

2. Auf dem Weg
    Es war ungefähr eine halbe Stunde seit ihrem Aufbruch vergangen.
    Sie hatten den kleinen Fluss auf einer Furt durchquert. Über ihnen zeigte sich kurz ein großer Raubvogel. Zuerst sah die Gegend noch genauso aus wie um Erech, doch dann veränderte sie sich. Sie befanden sich nun in einem Wald. Schena hatte Sarah gerade erklärt, dass Hags kräuterkundige Frauen waren, die vor allem bei Geburten zu Rate gezogen wurden, was Sarah nicht mehr wirklich erstaunte. Sarah blieb auf einmal abrupt stehen und riss den Mund vor Erstaunen auf. Arnek war wie fast die gesamte Zeit ein paar Meter voraus und bekam das zuerst gar nicht mit, bis Schena ihm zurief, er möchte doch bitte warten.
    »Was ist denn?« kam von ihm zurück.
    Sarah starrte nach rechts in den Wald hinein. Nun begriff Schena, was Sarah dort so erstaunte. »Ach, das ist bloß

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