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Habiru

Titel: Habiru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Gerhardt
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Andeutung. »Ich musste an die Menschen denken, die dort lebten, bevor die neuen Siedler kamen.«
    Frau Arnold runzelte ihre Stirn, sagte aber nichts. Sarah nahm ihre Tasche, sagte schnell noch danke und verabschiedete sich. Als sie draußen war, fühlte sie sich wieder besser. Auf dem Weg nach Hause ratterte ihr Hirn.

3. Der letzte Schlüssel
    Ihr war etwas klar geworden - wenn sie wirklich verstehen wollte, was das alles zu bedeuten hatte, musste sie systematischer vorgehen. Dazu wäre es nicht schlecht, stichwortartig alles aufzuschreiben. Außerdem wollte sie sich noch mal die Seiten anschauen, die sie bei ihren Internet-Recherchen ausgedruckt hatte. Kaum angekommen, nahm sie ihren Kugelschreiber und einen Block zur Hand. Sie versuchte sich noch mal an alles zu erinnern.
    Sie zog einen großen Strich auf dem Blatt. Auf der linken Seite versuchte sie Stichworte zu Schenas Welt zu sammeln, auf der rechten zur heutigen. Sie lebte in einer gewalttätigen Welt, die durch Gewalt geprägt war. Die ganze Geschichte der Menschheit war von Kriegen geprägt.
    Die Zivilisation, wie man sie kannte, war eine Geschichte der Gewalt.
    Fortschritt hing oft untrennbar mit dieser Gewaltentwicklung zusammen. Ihre Vision sagte ihr, dass es früher anders war. Wie genau anders, konnte sie noch nicht in Worte fassen. Auf jeden Fall friedlicher. Dazu fiel ihr ein, dass es noch die Geschichte der Paradiesvertreibung gab. Nach der Turmbau zu Babel-Geschichte war sie nicht sicher, ob nicht auch an dieser Geschichte einenwahren Kern gab. Gab es nicht in vielen Kulturen eine Version einer untergegangenen, alten, aber hochzivilisierten Kultur? Aber ließ unser Weltbild, welches von andauerndem Fortschritt ausging, überhaupt die Vorstellung einer so alten Hochkultur zu? Man konnte sich mit dieser Betrachtung eben nicht erklären, wieso das Wissen zu dieser Zeit schon so weit entwickelt war. Genauso wenig, wie man sich die Bauwerke dieser Kulturen, und selbst noch späterer Kulturen, erklären konnte, die man fast in der ganzen Welt finden konnte. Und genau das war der Grund, warum viele die Theorie von Außerirdischen bevorzugten, die die Welt besuchten.
    Man traute den Menschen einfach nicht zu, dies selbst erreicht zu haben. Und jede Spur führte über kurz oder lang nach Mesopotamien. Die Wiege der Zivilisation liegt in Mesopotamien. Frau Arnold hatte das gesagt. Die verschiedenen Sprachen kamen von dort. Die Schrift wurde dort erfunden. Vermutlich auch die Mathematik. Astronomie. Astrologie. Das konnte alles nicht wirklich Zufall sein.
    Wenn sie an Schenas Welt dachte, konnte sie sich vorstellen, dass sie die untergegangene Hochkultur waren. Das Wissen der Ma-sa war enorm, das wusste sie nicht erst seit ihrem Besuch beim Steinkundigen. Wenn die Menschen Zeit haben, um kreativ zu sein, wenn ihr Wissen von Generation zu Generation weitergegeben wurde, und wenn es kein Geheimwissen gab, welches zu persönlicher Übervorteilung genutzt wurde, wenn diese Umstände unter friedlichen Bedingungen über lange Zeit gedeihen konnten - dann war das auch nachvollziehbar.
    Krieg vernichtet mehr Wissen, als er schafft. Die Krieger haben keine Zeit für
    Kreativität. Sie starben meist jung, ohne ihr Wissen an die nächste Generation weitergeben zu können. Sie vernichteten auf ihren Feldzügen das Leben und Wissen anderer - auch deren Bauwerke. Und ihre einzige Muße selbst Bauwerke zu errichten war die Machtdemonstration der Herrscher.
    Gab es noch andere Zeitzeugen? Welche, die nicht so stumm waren wie die Pyramiden - oder die Steinkreise oder Geburtshütten? Es musste doch von der gesuchten Kultur archäologische Funde geben. Vielleicht Höhlenmalereien. Siedlungen.
    Tonkrüge. Irgendwas.
    Sie hatte noch nie etwas aus dieser Richtung gehört. Vielleicht lohnte es sich, auch mal in diese Richtung zu suchen.
    Sie war auf einer ganz heißen Spur. Ihr systematisches Nachdenken war sehr ergiebig. Die einzige Schwachstelle von Eridus Einwohnern war ihre totale Naivität in Sachen Gewalt. Sie hatten sich weder vorstellen können, was Menschen anderen Menschen antun konnten, noch hatten sie vorher Bekanntschaft mit der Unfreiheit gemacht.
    Sarah dachte an den Satz, den sie Frau Arnold gesagt hatte: Ich musste an die Einwohner des Landes denken, in dem die Habiru siedelten.
    Die Gewalt, die sie erfahren hatten, ließ sie bestimmt abstumpfen. Entweder lernten sie zu kämpfen, oder sie gingen unter. Oder sie flüchteten in die Welt. Vielleicht gab es auch

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