Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln
zugegeben, bei Ihnen angerufen zu haben. Dabei hat er auch erfahren, dass wir ihn suchen!«
Am anderen Ende der Leitung herrschte für einen Moment betretenes Schweigen. »Dann verstehe ich aber nicht, was Sie noch von mir wollen, wenn Sie doch schon mit Lu gesprochen haben.« Die Frau lachte gekünstelt.
Hackenholt wurde es zu dumm. »Sagen Sie Herrn Kork einfach, wenn Sie ihn sehen oder hören, er möge sich umgehend bei mir melden!« Grußlos beendete er das Gespräch.
Als Wünnenberg ins Zimmer kam, erzählte Hackenholt ihm wütend von Korks erneutem Untertauchen. Ungläubig schüttelte der Kollege den Kopf, zuckte dann aber mit den Schultern.
»Zumindest verschwenden wir so nicht unsere Zeit mit ihm. Mit seiner Einstellung hätte er uns ganz sicher nichts Brauchbares erzählt. Fahren wir stattdessen in die Sternmann-Filiale und schauen uns die Bürounterlagen an?«
Zustimmend fischte Hackenholt Annika Dorns Schlüsselbund aus seiner Schreibtischschublade und erhob sich.
Beim Betreten der Filiale schlug ihnen ein unangenehmer Geruch entgegen. Obst und Gemüse gammelten in verschiedenen Fäulnisstadien vor sich hin. Ein Schwarm winziger Fruchtfliegen erhob sich von den Auslagen und ließ Hackenholt unwirsch mit den Händen vor seinem Gesicht hin und her fuchteln.
Bevor sie ihre Aufmerksamkeit dem Büro widmeten, gingen die Beamten geradewegs zu den Kühlregalen. Vorbei an Tiefkühlpizzen, -fisch und -gemüse kamen sie zu den Truhen mit Eis und Kuchen. In der Reihe dahinter standen zwei große Behälter mit gekühltem Fleisch. Das Thermometer zeigte sieben Grad. Soweit sich Hackenholt erinnern konnte, lag der Wert damit innerhalb des vorgeschriebenen Bereichs. Das war aber auch schon alles, was er über Lagerbedingungen wusste.
Woran erkannte man, ob es sich um frisches oder um Gammelfleisch handelte? Zögernd schob er den Deckel eines Faches auf und nahm zwei Fleischpackungen heraus. Beide wirkten absolut unauffällig. Als er die eine Packung umdrehte, sah er, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum seit zwei Tagen abgelaufen war. Nichts Ungewöhnliches. Schließlich hatte seit nunmehr fünf Tagen kein Kunde mehr das Geschäft betreten. Somit mussten die Angestellten nach der Freigabe des Ladens nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch das Fleisch entsorgen. Allerdings interessierte Hackenholt dies in dem Moment nur am Rande. Vielmehr wurde ihm bewusst, dass er den Rouladen nicht ansehen konnte, wie alt sie tatsächlich waren.
Wünnenberg, der neben ihm stand und die Päckchen genauso eingehend inspizierte, sprach aus, was Hackenholt dachte: »Wir brauchen einen Spezialisten. Es macht keinen Sinn, wenn wir uns das Fleisch alleine anschauen. Wir haben zu wenig Ahnung. Ein Lebensmittelkontrolleur muss her.«
Damit legten sie die Rouladen zurück, schlossen die Truhe und wandten sich dem Büro zu. In den Aktenschränken fanden sie schnell, wonach sie suchten. Die farblich unterschiedlich gekennzeichneten Ordner enthielten sämtliche Lieferscheine der letzten Jahre. Geordnet nach Datum und Warengruppe fanden sich Belege für Wareneingang sowie -retouren. Auch Entsorgungsnachweise waren darunter. Hackenholt merkte, welch falscher Vorstellung er erlegen war, und stöhnte. Auch hier benötigten sie einen Kollegen vom Dezernat für Wirtschaftskriminalität, vielleicht sogar einen Spezialisten vom Landeskriminalamt. Auf jeden Fall jemanden mit sehr guten betriebswirtschaftlichen Kenntnissen, der anhand der Zahlen sehen konnte, ob alles seine Richtigkeit hatte. Allerdings ging Hackenholt eher davon aus, hier keine Unregelmäßigkeiten zu finden. Wenn überhaupt, dann waren sie in den Büchern des Großhändlers versteckt. Glaubte man Ludwig Kork, verkaufte der Lieferant verdorbene Ware gemeinsam mit frischer. Ein Verschulden der Filiale wäre in diesem Fall nicht gegeben – sofern die Mitarbeiter nichts von dem Betrug wussten. Wünnenberg zog sein Handy aus der Tasche und bestellte zwei Kollegen mit Transportkartons und einem VW-Bus zur Filiale, um die Unmengen von Unterlagen abzutransportieren.
Im Präsidium ging Hackenholt den Ordner mit den letztmonatigen Lieferscheinen Seite für Seite durch. Dabei stellte er fest, dass das Frischfleisch von einer Firma Gübinger Fleischgroßhandel GmbH & Co KG geliefert wurde, Tiefkühlware bezog der Sternmann-Konzern aus dem östlichen Ausland. Hackenholt hatte die Lieferscheine noch vor sich liegen, als er beim Veterinäramt anrief und darum bat, mit Gerhard Schätzle
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