Hackenholt 06 - Reichskleinodien
zu uns in die Dienststelle.«
Die Feuchter Polizisten waren noch nicht richtig zur Tür hinaus, als zwei SEK -Beamte in Hackenholts Büro traten, von denen einer der Gruppenführer war.
»Die Einsatzzentrale sagte, wir bekommen die Anweisungen direkt von euch?« Der Mann musterte zunächst Hackenholt und dann den auf dem Schreibtisch liegenden Reichsapfel.
»Seid ihr allein?«
»Zwei Jungs warten unten, der Rest der Gruppe in der Dienststelle.«
»Gut. Auch wenn es in euren Ohren lächerlich klingen mag, möchte ich, dass ihr eure Kollegen heraufholt. Es geht um so etwas wie einen Objektschutzauftrag.« Hackenholt erläuterte, dass es die Aufgabe der Beamten sei, die auf seinem Schreibtisch liegende Reichskleinodie zu schützen.
Als hätte er derlei schon tausend Male zuvor gemacht, gab der Gruppenführer seinen Männern gleichmütig Anweisungen.
»Aber ich muss die Insignie doch auf Fingerabdrücke untersuchen!«, protestierte Mur.
»Es wäre mir lieber, wenn du das hier tun würdest, Christine. Ausnahmsweise. Denk dir einfach, es wäre ein Tresor, den wir nicht in dein Büro bringen können, ja?«
Mur seufzte und ging ihren Spurensicherungskoffer holen.
Hackenholts Telefon klingelte. Im Display leuchtete Winters Nummer auf. Er nahm ab, legte das Gespräch dann jedoch ins Nebenzimmer auf Stellfeldts Apparat, wo er mehr Ruhe hatte.
»Ist der Reichsapfel inzwischen bei euch angekommen?«
»Ja, und soweit ich es beurteilen kann, ist er unbeschädigt. Außerdem sieht er aus wie auf dem Ausstellungsplakat.«
»Wird er gut bewacht?«
»Ja, Theo. Mach dir keine Sorgen. Zwei SEK -Beamte weichen ihm nicht von der Seite und zwei weitere stehen vor der Tür. Christine ist gerade dabei, ihn auf Fingerabdrücke zu untersuchen. Hast du nachgefragt, was mit ihm geschehen soll? Kommt jemand vom Museum? Oder sollen wir ihn hinbringen?«
»Sobald Christine fertig ist, legt ihr die Insignie in einen fensterlosen Raum, der abgesperrt und von den Kollegen bewacht wird. Ich will nicht, dass sich das halbe Präsidium die Klinke in die Hand gibt und sich den Apfel anschaut.«
»Einverstanden. Ich glaube allerdings nicht, dass bislang jemand außer den unmittelbar beteiligten Beamten etwas davon weiß. Wie geht es dann weiter?«
»Der Leiter der Hofburg wird mit der zuständigen Ministerialrätin in einem Privatjet nach Nürnberg fliegen. Ich mache mich ebenfalls gleich auf den Weg, weil ich die Herrschaften vom Flughafen abhole und zu euch ins Präsidium begleite. Sollte es sich tatsächlich um die echte Insignie handeln, werden wir sie umgehend für den Transport verpacken und mit einer Polizeieskorte zum Flughafen bringen. Von dort fliegen wir nach Wien, wo es nach der sicheren Rückführung ins Schloss eine gemeinsame deutsch-österreichische Pressekonferenz geben wird. Du kommst natürlich mit und –«
»Nein, Theo. Das werde ich ganz sicher nicht tun. Zum einen habe ich überhaupt nichts dazu beigetragen, den Reichsapfel aufzustöbern – dieses Lob gebührt allein den zwei Kollegen von der Fahndungskontrollgruppe in Feucht –, und zum anderen wurde heute Morgen um sieben Uhr vierundfünfzig meine Tochter geboren. Mich bekommt im Moment nichts und niemand aus Nürnberg weg. Es ist schon schlimm genug, dass ich mich hier um den ganzen Mist kümmern muss, obwohl ich viel lieber im Krankenhaus wäre.« Oder im Bett, ergänzte Hackenholt in Gedanken.
»Oh. Aber …«, stotterte Winter. »Meinen herzlichsten Glückwunsch. Na, wir sehen uns ja bald.«
»Frank?« Christine Mur stand in der Tür. »Ich bin so weit fertig. Ich gehe rasch rüber in mein Kommissariat und scanne die Fingerspuren ein, die ich von der Oberfläche des Reichsapfels abgenommen habe.«
»Ist etwas Brauchbares dabei?«
»Ja. Die meisten sind zwar von dem Pullover verwischt oder nur partiell vorhanden, aber ein paar Teilabdrücke dürften trotz allem groß genug sein, damit es für eine Bestimmung reicht.«
»Räum den Putzraum aus«, wandte sich Hackenholt an Wünnenberg. »Dann legen wir den Apfel auf den Boden und sperren die Tür ab. Anschließend sollen sich die Kollegen vom SEK davorsetzen und niemanden hineinlassen, bis Theo Winter und die Österreicher da sind.«
»Denkst du nicht, es ist ein bisschen unangemessen, den Reichsapfel auf den Boden zu legen? Sollten wir nicht einen Stuhl oder so nehm–«
»Nein, da könnte er herunterfallen. Deswegen räumst du vorher auch alles aus dem Zimmer: Ich will nicht, dass irgendetwas auf den
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