Hackenholt 06 - Reichskleinodien
Auskunftssystem fand er immerhin heraus, dass Di Natale nicht mit einem internationalen Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben war.
Als der Dolmetscher für die italienische Sprache eintraf, gingen die Ermittler hinunter in die Haftanstalt, um Luigi Di Natale zu vernehmen. Doch der Sizilianer machte lediglich ein einziges Mal den Mund auf.
»Non ho niente da dire.« Ich habe dazu nichts zu sagen!, war alles, was sie aus ihm herausbekamen. Weder machte er Angaben zur Person noch zur Sache. Auch einen Anwalt wollte er nicht sprechen, genauso wenig wie er verlangte, dass man die italienische Botschaft verständigte. Hackenholt beschloss trotzdem, eine Mitteilung an das Nürnberger Büro in der Gleisbühlstraße zu senden.
Während Wünnenberg den Dolmetscher zurück zur Pforte brachte, verabschiedete sich Dr. Holm ebenfalls und ging schnellen Schritts zu seinem im Hof geparkten Wagen. Offenbar hatte er es auf einmal eilig, nach Hause und in sein wohlverdientes Wochenende zu kommen.
Um fünfzehn Uhr traf schließlich Winter samt seiner österreichischen Entourage ein, die aus vier hochrangigen Polizeibeamten, dem Museumsleiter, seinem Assistenten und der Ministerialrätin des Wirtschaftsministeriums bestand, der die kustodische Betreuung der in die Hofburg integrierten Museen oblag. Unter großem Tamtam wurde der Reichsapfel aus der Abstellkammer geholt und in den leeren Besprechungsraum getragen, wo ihn die beiden Museumsmitarbeiter ausführlich begutachteten, um ihn sodann als das Original zu identifizieren und in einer mitgebrachten Werttransportbox für die Heimreise zu verpacken.
Die Ministerialrätin hielt eine wohlformulierte Lobesrede auf die hiesigen Beamten, die hervorragende Zusammenarbeit mit Herrn Kriminaldirektor Winter vom LKA und auf ihre eigenen famosen organisatorischen Geschicke. Die Herren Museumsdirektor und Landespolizeipräsident von Wien schlossen sich dem nacheinander und ebenfalls wortreich an.
Hackenholt wollte endlich wieder zu Sophie und Ronja ins Krankenhaus. Bevor noch jemand das Wort ergreifen konnte, bedankte er sich daher im Namen aller Anwesenden für das entgegengebrachte Vertrauen und bat die Ministerialrätin um eine Unterschrift auf der Übergabequittung.
Nachdem damit alle Höflichkeiten ausgetauscht waren, wurden Winter und die Österreicher in den Hof begleitet, wo sie samt SEK -Eskorte zum Flughafen aufbrachen.
Sophie musterte Hackenholt mit einem kritischen Blick, als er zu ihr in die Klinik kam.
»Sag jetzt nicht, dass du die ganze Zeit im Büro warst. Du wolltest doch nur mal schnell hin und nach dem Rechten sehen.«
Verlegen drehte sich Hackenholt zum Waschbecken und seifte seine Hände ein, bevor er einen Stuhl neben Sophies Bett schob und seinem Töchterchen zärtlich über den Kopf streichelte.
»Sie ist wunderschön. Habe ich das schon mal gesagt?«
»Nein, ich glaube nicht«, antwortete Sophie todernst. »Nur gefühlte drei Millionen Mal.« Sie grinste. »Komm, erzähl schon: Was war heute los?« Behutsam legte sie Ronja in Hackenholts Arme. »Schau ihn dir gut an und genieße die Minuten, die dein Papa für dich Zeit hat, Ronja. Wer weiß, was in einer halben Stunde passiert – dann muss er wahrscheinlich mal wieder die Welt retten.«
»Wir haben den Reichsapfel gefunden.«
»Siehst du, Ronja, dein Papa ist so was wie Superman .«
»Nicht ich. Kollegen von der Fahndungskontrollgruppe. Ich musste mich darum kümmern, dass er an die Wiener übergeben wird.«
»Verräter!«, murmelte Sophie leise und rümpfte die Nase, unterließ es allerdings, ihre Tochter darauf hinzuweisen, dass ihr Papa leider nur ein zugezogener und kein echter Franke war. »Und? Wer hat ihn gestohlen?«, fragte sie schließlich.
»Der Fall ist noch nicht aufgeklärt. Wir haben einen Sizilianer festgenommen, aber bislang verweigert er die Aussage. Wir können ihm allerdings die Beteiligung an dem Überfall auf das Transportfahrzeug nachweisen. Mal sehen, was der morgige Tag bringt.«
»Der bringt einen langen Besuch im Krankenhaus und sonst nichts!«
»Natürlich, ich komme auch zweimal zu euch, wenn du möchtest, Schatz.« Hackenholt lächelte sie an, doch Sophie merkte, wie müde und erschöpft er war. Ihm fielen fast die Augen zu.
»Hast du heute überhaupt schon was gegessen?«
Er musste einen Augenblick lang nachdenken, dann schüttelte er den Kopf.
»Du kannst mein Abendessen haben. Die Schwester wird es bestimmt bald bringen.«
»Lass mal, ich nehme mir auf dem Heimweg
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