Hackschnitzel
der Nase zu spüren.
Um zu Udo Pohl vorzudringen, mussten sie in die oberste Etage des vierstöckigen Betonplattenbaues hochfahren. Feine Teppichböden, die man in diesem nüchternen Zweckbau nicht unbedingt vermutet hätte, dämpften die Schritte, doch der Unterton von Pohls ergrauter Vorzimmerdame zeigte, dass solche Art von unangemeldetem Besuch hier nicht sehr willkommen war.
»Sie müssen sich schon etwas gedulden«, zischte sie, »die Besprechung dauert noch.« Eine rasche Handbewegung wies zu zwei Stühlen draußen auf dem Gang.
Freundlich nickend bedankte sich Lindt – »nicht nötig, bitte keine Umstände« – blieb aber stehen, trat ans Fenster und begann, seinem Kollegen theatralisch das weitläufige Hafenareal zu erklären. Ganz nebenbei holte er ein Riesentrumm von Pfeife aus seiner Jackentasche und begann sie zu stopfen.
»Sie werden doch nicht!«
Entsetzt kam der spitze Schrei hinter dem Schreibtisch vor.
»Oh, Entschuldigung, das war ganz unabsichtlich, aber ich dachte, Sie wären froh über etwas Pfeifenduft als Gegensatz zum täglich Bitumengestank.«
Ein giftiger Blick traf den Kommissar, der graue Bürodrache im grauen Kostüm erhob sich und stöckelte zur grauen Tür des angrenzenden Büros.
»Zwei Herren von der Polizei«, meldete sie ihrem Chef in knappem Ton die Besucher. »Bitte, Sie können jetzt.«
Die unterkühlte Atmosphäre setzte sich fort.
»Wie, wegen Konrad Fink kommen Sie? Und wieso gerade zu mir?« Udo Pohl wandte den Blick kaum von seinem Monitor.
»Ja, stimmt, damals beim Tiefbauamt. Das muss aber Jahrzehnte her sein. Nein, keine Ahnung, was er jetzt macht. Was sagen Sie? Tot? Zerhäckselt?«
Für einen Moment fixierte der vielbeschäftigte Manager die beiden Kripo-Beamten. »Stimmt, da stand etwas in der Zeitung.«
»Vielleicht können Sie sich noch ein wenig an die alten Zeiten erinnern«, versuchte Lindt verbindlich lächelnd und mit einem liebenswürdigen Gesichtsausdruck dem leitenden Angestellten des Asphaltwerkes etwas zu entlocken – leider vergeblich.
»Weder privat noch beruflich, nein, keine Ahnung was aus Fink geworden ist. Und von früher? Das ist nun wirklich schon so lange her – da kann ich Ihnen auch nicht helfen, aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe zu tun, wir Betriebe der Baubranche stehen sehr hart im Wettbewerb.«
Udo Pohl rückte demonstrativ die teure Seidenkrawatte zurecht und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
»Selten, dass ich irgendwo mal so abgefertigt worden bin. Alle sehr kurz angebunden«, sinnierte Oskar Lindt, als sie kurze Zeit später wieder im Wagen saßen und das zweite Ziel ansteuerten.
Sternberg stimmt ihm zu: »Das war nichts anderes als ein Rausschmiss unter mühsamer Wahrung der Höflichkeit. Ob diese Baufritzen alle nervlich so angespannt sind?«
Zügig überquerten sie den Rhein und erreichten bald die ›Seebold GmbH‹ im pfälzischen Landau.
»Irgendwie gleichen sich diese Firmen«, stellte Jan Sternberg fest. »Großes Gelände, fest eingezäunt, überall Baumaschinen, LKWs und Dreck.«
»Und ein grauer Betonklotz für die Verwaltung«, ergänzte ihn Lindt.
›Tiefbau-Rohrleitungsbau‹ wies das riesige, aber schiefstehende und schon ziemlich verwitterte Firmenschild an der Einfahrt die Arbeitsschwerpunkte aus.
Frank Bausch, der t echnische Direktor, den die Kriminalisten aufsuchten, radelte mit Handy am Ohr über das weitläufige Areal, um zwei abfahrenden Sattelschleppern noch letzte Anweisungen zu geben. Er stieg nicht mal vom Sattel, als der Kommissar sein Anliegen schilderte und zeigte auch keine große Bereitschaft sich zu erinnern.
»Sorry, die da hinten warten auf mich«, war alles, was ihm als Entschuldigung über die Lippen kam, als er wieder in die Pedale trat und grußlos davon strampelte.
Lindt und Sternberg schauten ihm kopfschüttelnd nach.
»Bei denen scheint es aber nicht gut zu laufen, wenn der oberste Techniker selbst die Maschinen dirigieren muss«, hatte Oskar Lindt das Wesentliche der Firma ›Seebold‹ schnell erfasst.
»Lauter überalterte Fahrzeuge«, stimmte ihm Jan Sternberg mit Kennerblick zu. »Den neuesten LKW schätze ich auf mindestens zwölf Jahre und diese zwei Kettenbagger da hinten gehören eher ins Museum als auf eine Baustelle.«
Sie betrachteten noch eine Weile die Geschäftigkeit auf dem Gelände der offensichtlich maroden Firma und machten sich erneut auf den Weg. Paul Wellmann bekam telefonisch den Auftrag, sich über die finanziellen
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