Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hackschnitzel

Hackschnitzel

Titel: Hackschnitzel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
Vom Netzwerk:
aufgetischt wurde.
    »Wegen einer halben Stunde sind wir da hoch- gefahren«, begann Carla dann immer und erzählte meist bei irgendwelchen Familienfesten von einem fünfzehn Jahre zurückliegenden missglückten Ausflug in den Schwarzwaldschnee.
    Die drei Töchter zogen begeistert ihre Schlitten und Plastikbobs ein um’s andere Mal den Rodelhang hoch. Laut johlend sausten sie wieder hinunter. Auch die Mutter fuhr öfter mal mit, nur Papa Lindt stand am unteren Ende der Piste und fror.
    Der schneidende Ostwind ging ihm schon nach wenigen Minuten durch Mark und Bein. Die Mütze so weit wie möglich über die Ohren heruntergezogen und die Hände tief in den Jackentaschen verborgen, peinigte ihn die Kälte mehr und mehr.
    Erst an den Füßen, dann immer weiter die Beine hoch – er begann herumzutrampeln, aber es half nichts. Die Arme wurden klamm, doch als er seine Zehen schon fast nicht mehr spürte und einige unachtsame Schritte in Richtung der Piste machte, konnte ein besonders schnell daherrasender Junge nicht mehr bremsen oder ausweichen und erwischte den vor Kälte klammen Familienvater mit voller Wucht. Lindt riss es die Beine weg, er knallte mit der Hüfte seitlich auf eine harte, vereiste Stelle, rutschte noch einige Meter auf dem Hosenboden zu Tal und blieb in einer tiefen Schneewehe liegen.
    Mühsam rappelte er sich wieder hoch, war erleichtert, noch alle steifgefrorenen Glieder bewegen zu können, aber der feine Schnee hatte ganze Arbeit geleistet. An Kragen, Ärmeln, Hosenbeinen, ja sogar irgendwo am Bund waren die weißen Kristalle nach innen gedrungen und begannen nun, zuerst langsam und dann immer schneller, sich zu verflüssigen.
    Das war schon schlimm genug, aber dass die drei Töchter samt ihrer Mutter nur Schadenfreude zeigten und den vor Eiseskälte schlotternden Papa auch noch auslachten, war ihm dann doch zu viel.
    »Alle sofort ins Auto, wir fahren heim!«, bestimmte Oskar Lindt mit grimmiger Miene und trotz Protestgeheul und Tränen setzte er sich kompromisslos durch.
    Die Rückfahrt verlief sehr schweigsam, die Stimmung war auf dem Nullpunkt, die Mädchen drei Tage lang beleidigt und Carla schmierte ihm diese Geschichte noch jahrelang bei jeder passenden Gelegenheit aufs Brot.
     
    Daunenjacke und Mütze legte der Kommissar auf den Rücksitz, stellte während der Fahrt die Heizung seines Dienstwagens auf die höchste Stufe und versuchte so, noch etwas Wärme zu erhalten.
    Pünktlich traf er am Zollhaus ein. Vor ein paar Tagen hatte ihn eine völlig ziellose Fahrt doch schon einmal hierher geführt. Merkwürdig!
    Damals war es allerdings heller Tag gewesen und bei weitem noch nicht so kalt und winterlich wie jetzt.
    Wenige trübe Lampen beleuchteten den Parkplatz bei der Gaststätte eher schlecht als recht. Eine fingerdicke Schicht von Pulverschnee hatte sich auf dem gefrorenen Boden gebildet und vom Rhein her trieben immer wieder feuchtkalte Nebelfetzen vorbei.
    Lindt spähte umher, konnte aber nur ein paar zugeschneite Autos entdecken. Wahrscheinlich die Stammgäste, dachte er sich, drin im Lokal. Draußen war weit und breit keine Menschenseele zu sehen.
    Fünf Minuten, zehn Minuten – nichts passierte. Nach einer Viertelstunde war es im Wagen auch schon wieder so kalt, dass der Atem sich gefrierend an der Innenseite der Fenster niederschlug.
    Er hüllte sich in Wolle und Daunen und beschloss die Beine etwas zu vertreten.
    Quer über den Parkplatz stiefelte er in Richtung Fähre. Jetzt in der Nacht hatte sie ihren Betrieb eingestellt.
    Plötzlich ein Knacken! Das Geräusch kam von hinten. In der Jackentasche fasste seine Hand den Griff der Dienstpistole etwas fester. Ein leises Quietschen, er hörte das Geräusch einer sich öffnenden Autotür.
    Langsam drehte sich der Kommissar um.
    Eine Bewegung im Schatten an einem abseits stehenden Kleinwagen – Lindt bemerkte, wie langsam jemand dahinter auftauchte.
    Eine zierliche Frau kam näher, geschickt die unbeleuchteten Bereiche am Rand des Platzes ausnutzend. Sie flüsterte ihm zu: »Kommen Sie mit, weg von hier, rüber zum Damm.«
    Er folgte ihr und als sie zwangsläufig an einer Straßenlampe vorbeikamen, meinte er, das Gesicht zu erkennen.
    »Sie arbeiten doch bei Langenbach« Er schätzte die Frau auf Mitte Dreißig.
    »Ja, in der Buchhaltung. Zwei Türen weiter.«
    »Sie sind mindestens vier Mal vorbeigegangen, stimmts?«
    Sie nickte. »Kann ich sicher sein, dass alles, was ich Ihnen jetzt sage, absolut vertraulich behandelt

Weitere Kostenlose Bücher