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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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seine Gegenwart sie zu beruhigen.
    Plötzlich lichtete sich der Wald, und die Umrisse des alten Klosters wurden sichtbar. Die Abtei der Unbefleckten Maria war ein dreistöckiges, weiß gestrichenes neugotisches Gebäude mit einer Kapelle, deren spitze Türme den nächtlichen Himmel zu durchbohren schienen und den Besucher an Gottes erhabene Gegenwart erinnerten. Spitzbogenfenster schmückten jedes Stockwerk des Hauses, und hinter einem gusseisernen Tor führte ein Kiesweg zum Hauptportal. Im Vorgarten wurden eine Grotte mit einer Marienstatue und mehrere Heiligenfiguren angestrahlt, die auf dem Rasen knieten. Was so gar nicht zu diesem Ort passte, war der Verfall, der überall sichtbar war – das Unkraut, das den Eingang zur Kapelle zuwucherte, die Äste, die im Weg hingen, und die zugenagelten Fenster im Dachgeschoss.
    «Wie viele Schwestern hier wohl leben?», murmelte Xavier.
    Gabriel schloss die Augen. Ich wusste, dass er in Gedanken seine Fühler ausstreckte und die Geschichte des Ortes anzapfte, das Leben im Kloster, wie es vor den letzten Ereignissen gewesen war. Dabei war er stets sehr bemüht, nicht zu tief in die privaten Gedanken oder Gefühle einzelner Personen einzutauchen, vielmehr berührte er sie nur an der Oberfläche, um festzustellen, mit wem er es zu tun hatte. «Insgesamt gibt es zwölf Schwestern», sagte er schließlich. «Inklusive der Betroffenen.»
    «Woher wissen Sie das?», fragte Molly. «Für mich sieht es so aus, als würde hier niemand wohnen.»
    «Jetzt ist nicht die Zeit für Fragen», sagte Ivy geduldig. «Du wirst heute Nacht noch vieles sehen, was du nicht verstehst.»
    «Denk einfach nicht so viel darüber nach, dann ist alles einfacher», riet ihr Xavier.
    «Und wie soll das bitte gehen?», fragte Molly schnippisch. «Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass gleich jemand aus dem Nichts hervorspringt und mir sagt, dass ich mit einer versteckten Kamera reingelegt worden bin!»
    «Ich glaube, das passiert nur Promis», flüsterte Xavier.
    Molly sah ihn genervt an. «Das hilft mir jetzt enorm weiter.»
    «Pass auf.» Xavier drehte sich zu ihr um und sah sie an. «Vielleicht habe ich eine Idee, wie du das alles durchstehen kannst. Ist dir auch schon mal aufgefallen, dass die Hauptfiguren im Horrorfilm immer genau in den dunklen Raum gehen, in dem der Killer auf sie wartet?»
    «Ja, und?», sagte Molly irritiert.
    «Hast du dich je gefragt, warum sie so blöd sind, genau dorthinein zu gehen?»
    «Nein, natürlich nicht. Es ist ein Film. Das gehört sich halt so.»
    «Genau», sagte Xavier. «Stell dir also vor, das Ganze hier wäre ein Film und hinterfrag nichts. Sonst machst du es dir nur noch schwerer.»
    Molly sah aus, als wollte sie etwas erwidern, biss sich dann aber auf die Lippen und nickte zögernd.
    Auf Gabriels Befehl öffnete sich das verschlossene Tor, und die Gruppe näherte sich der Verandatreppe. Als sie die über einen Zentimeter tiefen, unebenen Furchen im Holz sahen, zog große Sorge über Ivys Gesicht. Die Furchen verliefen über die gesamte Front des Klostergebäudes, direkt auf eines der Fenster zu, als ob jemand nach einem heftigen Kampf brutal nach innen gezogen worden war. Meine Gedanken wanderten sofort zu der armen Frau, die sich nur deshalb so verhielt, weil sie besessen war. Bei dem Gedanken daran, was der besessenen Schwester noch alles angetan worden war, schauderte es mir.
    Die Veranda lief um das Haus herum und war mit ihrem Vordach und den Säulen hübsch anzusehen. Um einen Tisch, der noch immer für den nachmittäglichen Tee gedeckt war, standen geflochtene Schaukelstühle. Inzwischen hatten sich Insekten über die Kekse auf den Tellern hergemacht, und auf dem Tee in den Tassen schwamm Schimmel. Auf dem Boden lag ein Rosenkranz, als hätte ihn jemand in großer Eile fallen gelassen. Die Fliegengittertüren wirkten zerkratzt, die Maschen waren zerrissen. Hatte jemand versucht, sie aus den Angeln zu reißen? Xavier und Gabriel wechselten einen unsicheren Blick.
    «Also los», sagte Xavier schwer seufzend. Er streckte die Hand aus und drückte den metallenen Klingelknopf, woraufhin Glockengeläut durch das Haus schallte. Minutenlang geschah nichts. Stille.
    «Sie können uns nicht ewig ignorieren.» Ivy verschränkte die Arme vor der Brust. «Klingel noch mal.»
    Xavier gehorchte, dieses Mal drückte er länger. Das Glockenläuten hallte laut wider, klang beinahe unheilvoll, als ob es eine bevorstehende Katastrophe ankündete. Leider wussten die

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