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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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Schwestern nicht, dass stattdessen Hilfe vor der Tür stand. Nach einer Weile erklang hinter der Tür Geraschel, ohne dass geöffnet wurde. Ivy und Gabriel hätten die Tür im Nu aufbrechen können, aber vermutlich hielten sie dies für keinen guten Einstieg, um eine nervöse Nonne davon zu überzeugen, dass sie auf ihrer Seite standen.
    «Bitte öffnen Sie die Tür», sagte Gabriel mit schmeichelnder Stimme. Er lehnte sich gegen die Fliegengittertür. «Wir sind gekommen, um zu helfen.» Die Tür öffnete sich einen Spalt mit vorgelegter Sicherheitskette. Dann erschien ein Gesicht, das meinen Bruder kritisch musterte.
    «Ich heiße Gabriel, das ist meine Schwester, und das sind unsere Freunde», fuhr er sanft fort. «Darf ich Sie um Ihren Namen bitten?»
    «Ich bin Schwester Faith», antwortete die Nonne. «Was wollen Sie?» Sie sprach leise, aber voller Angst. Ivy trat einen Schritt vor, um ihre Absichten zu erklären.
    «Wir wissen von Schwester Mary Clare und kennen den Grund ihrer Krankheit», sagte sie voller Mitgefühl. «Sie brauchen sie nicht länger zu verstecken. Wir können die Kreatur, die von ihr Besitz ergriffen hat, verbannen.»
    «Das können Sie?» Hoffnung stahl sich in die Stimme der Nonne, aber nur für einen Moment, bis das Misstrauen wieder die Oberhand gewann. «Tut mir leid, aber das glaube ich nicht. Wir haben jeden Priester, jeden Geistlichen im ganzen Land gerufen. Sie alle sind machtlos. Was unterscheidet Sie von ihnen?»
    «Sie müssen uns vertrauen», sagte Ivy ernst.
    «Vertrauen ist nicht gerade etwas, was uns in den letzten Wochen auszeichnete», erklärte die Nonne.
    «Wir haben großes Wissen», drängte Ivy. «Wissen, das andere nicht haben.»
    «Wie kann ich sicher sein, dass Sie nicht zu ihnen gehören?»
    «Ich nehme an, Sie glauben an Gott, Schwester», sagte Gabriel.
    «Ich habe Dinge gesehen …» Schwester Faith geriet ins Stocken, als ob sie unsicher war, was sie glauben sollte. Dann fing sie sich wieder. «Natürlich glaube ich an Gott.»
    «Dann glauben Sie einfach, dass Er jetzt hier ist», sagte Gabriel. «Ich weiß, dass Ihr Glaube auf eine schwere Probe gestellt wurde, aber das alles hat seinen Grund. Sie wurden von der Dunkelheit berührt, aber Sie sind nicht gebrochen. Jetzt soll Sie das Licht berühren. Gesegnet seien die, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Gesegnet seien die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich. Lassen Sie uns ein, Schwester. Lassen Sie Gott wieder in Ihr Haus einkehren. Wenn Sie uns wegschicken, hat die Finsternis gewonnen.»
    Molly starrte meinen Bruder mit offenem Mund an, während das Haus eine Totenstille verströmte. Dann wurde, ganz langsam, die Sicherheitskette geöffnet und die Klosterpforte aufgestoßen. Mit Tränen in den Augen stand Schwester Faith vor uns.
    «Herr im Himmel», flüsterte sie. «Wir sind also nicht verloren.»
    Schwester Faith war eine resolut wirkende blasse Frau um die sechzig mit einem frischen Gesicht. Um die Augen und den Mund kringelten sich unzählige Falten, und ich fragte mich, wie viele davon erst in den letzten Monaten dazugekommen waren. Eine Lampe auf einem Tisch hinter der Tür beleuchtete den Eingangsbereich und die geschwungene Treppe. Die Luft wirkte abgestanden.
    Während Gabriel und die anderen sich vorstellten, glitt ich davon, um die Schwarz-Weiß-Fotos an der Wand zu betrachten. In jedem Rahmen war das Glas zersplittert und damit waren die Bilder unscharf, aber ich konnte sehen, dass es Aufnahmen von der offiziellen Eröffnung des Klosters im Jahre 1863 waren. Damals hatten hier irische Nonnen gelebt und ein halbes Jahrhundert lang ein Waisenhaus und eine Zuflucht für junge gefallene Mädchen geführt.
    Schwester Faith führte uns schweigend an einem großen Zimmer vorbei, einer Art Wohnzimmer, in dem mehrere Matratzen nebeneinander auf dem Boden lagen. Ganz offensichtlich hatten die Schwestern so große Angst, dass sie sich nicht trauten, oben in ihren Zellen zu schlafen. Während wir die ausladende Treppe hochstiegen, warf ich einen Blick in die Abstellkammer, das Krankenzimmer und die urige Küche im Erdgeschoss. Dies musste einmal ein wunderschöner Ort gewesen sein, gemütlich im Winter, hell und luftig im Sommer. Jetzt aber war es ein zerrüttetes Heim. Der Küchenfußboden war mit zerbrochenen Gegenständen übersät. In einer Ecke waren kaputte Stühle gestapelt, und an der Tür lagen zerrissene Laken auf einem Haufen.

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