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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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mal, was ich für dich tun kann.»
    Ganz leicht presste er zwei kalte Finger gegen meine Schläfen. Das war alles. Und plötzlich stürzten die verschütteten Erinnerungen auf mich ein wie eine Lawine. Hätte ich mich nicht so schnell am Tisch festgehalten, hätte ich das Gleichgewicht verloren und wäre zu Boden gefallen. Ich hatte mich die ganze Zeit an mein ruhiges Leben in der Byron Street erinnert, aber jetzt prasselten alle fehlenden Puzzleteile auf mich ein. Mit einem Schlag wusste ich wieder, was das Herzstück, der Mittelpunkt des Ganzen war. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich am Abend der Halloween-Party, und ich war nicht allein. Ein Junge mit leuchtend blauen Augen, honigfarbenem Haar und einem so entwaffnenden Lächeln, dass ich weiche Knie bekam, stand neben mir. Der Anblick von Xaviers Gesicht ließ ein unbeschreibliches Glücksgefühl in mir aufkommen.
    Aber das Glück währte nur kurz. Sekunden später blendete eine zweite Erinnerung die erste brutal aus. Xavier, gekrümmt auf einer staubigen Straße, während ein Motorrad mit hoher Geschwindigkeit im Dunkeln verschwand. Die Erinnerung zog mich so tief herunter, dass ich wünschte, ich könnte sie zurückgeben und aus meinem Kopf verbannen. Ich war vollständig erfüllt von Trennungsschmerz und dem Anblick des leblosen Xavier. Wenn er wirklich tot war, bedeutete das auch für mich das Ende. Ohne ihn war mein Lebenswille dahin. Sollte es ihm jedoch gutgehen, er am Leben sein, würde ich mein Exil in dieser gottverlassenen Ödnis ertragen können. In diesem Moment wurde mir klar, dass mein ganzes Glück einen einzigen Ursprung hatte, so töricht das auch sein mochte. Wenn diese Quelle versiegte, war ich nicht mehr lebensfähig und wollte es auch nicht sein.
    «Xavier!», keuchte ich. Es kam mir vor, als wäre sämtliche Luft aus dem Raum gewichen. Warum war es hier so stickig? Das Bild von Xavier im Staub ließ mich nicht mehr los. «Bitte sag mir, dass es ihm gut geht.»
    Jake verdrehte die Augen. «Ich hätte wissen müssen, dass dein erster Gedanke ihm gilt.»
    Ich versuchte, die Tränen zurückzuhalten. «Hat es dir nicht gereicht, mich zu entführen? Wie konntest du es wagen, ihm etwas anzutun! Du bist ein grausamer, herzloser Feigling.» Wut stieg in mir auf und verdrängte den Schmerz. Meine Hände ballten sich zu Fäusten, und Schläge prasselten auf Jakes Brust hinab. Er versuchte nicht, mich zu stoppen, sondern wartete ab, bis meine Wut nachließ.
    «Fühlst du dich jetzt besser?», fragte er. Ich fühlte mich keineswegs besser, aber immerhin ein bisschen befreit. «Schluss jetzt mit dem Drama. Der hübsche Knabe ist nicht tot, nur ein bisschen lädiert.»
    «Was?» Mein Kopf schoss nach oben.
    «Der Aufprall hat ihn nicht umgebracht», sagte Jake. «Er war nur bewusstlos.»
    Ich war so erleichtert, dass es sich wie eine Wiedergeburt anfühlte. Ich schickte ein stilles Gebet an den, der ihn verschont hatte. Xavier lebte! Er atmete und spazierte auf der Erde herum, höchstens mit ein paar Schrammen mehr, als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte.
    «Ich schätze, es ist besser so», sagte Jake mit schiefem Lächeln. «Sein Tod wäre für uns beide ein schlechter Start gewesen.»
    «Versprichst du mir, ihm niemals etwas anzutun?», fragte ich nervös.
    « Niemals ist eine lange Zeit. Sagen wir mal, im Moment ist er sicher.»
    Mir gefiel der Hintersinn der Worte im Moment nicht besonders, aber ich beschloss, mein Glück nicht zu überstrapazieren.
    «Und Ivy und Gabriel sind auch in Sicherheit?»
    «Die beiden sind zusammen ziemlich mächtig», sagte er. «Außerdem waren sie nie Teil des Plans. Alles, was ich wollte, war, dich hierherzulocken, und das ist mir gelungen. Auch wenn ich mir lange nicht sicher war, ob ich es hinbekommen würde. Wie du weißt, ist es für einen Dämon nicht so einfach, einen Engel in die Hölle zu verschleppen. Ich weiß gar nicht, ob es überhaupt schon vorgekommen ist.» Jake wirkte sehr selbstzufrieden.
    «Für mich sah das ziemlich einfach aus.»
    «Na ja», sagte Jake und lächelte nachsichtig. «Nachdem dein oberheiliger Bruder mich hierher zurückverfrachtet hatte, hatte ich eigentlich nicht erwartet, es noch einmal nach oben zu schaffen. Aber dann haben deine dümmlichen kleinen Freundinnen in Venus Cove die Geister gerufen. Ich konnte mein Glück kaum fassen.» Jakes Augen glimmten wie Kohle. «Die Beschwörung, die dieses Mädchen gesprochen hat, war nicht besonders kraftvoll. Sie hat damit lediglich ein

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