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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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sanft geworden und das Gestein feiner, der Tritt der unbehauenen Kamelhufe erst leiser, dann unhörbar. Das Geröll war nämlich erst braunem Kies gewichen und dieser allmählich gelbem Sand – jener Urmaterie, aus welcher einzig bestehend der nichtgereiste Mensch sich gemeinhin die Wüste vorstellt.
    Es war aber nicht diese beeindruckende Laune der Natur, die Sir Edwards Tier zum Halten gebracht hatte. Der Anblick einer Kette vieler anderer Kamele und Dromedare hatte das bewirkt. Unweit jener Erhöhung nämlich, auf der Halef und der Engländer sich befanden, passierte zwischen zwei gewaltigen Sandbergen eine Karawane. Aus mindestens einhundert Kamelen und wohl genauso vielen Männern, Frauen und sogar Kindern bestand dieser Zug, auseinandergezogen auf die Länge einer guten englischen Meile. Gesenkten Hauptes trotteten die meisten neben ihren Tieren einher; nur wenige genossen das fragwürdige Privileg, im Sattel sitzen zu dürfen, den Reitermantel jeweils mit Stöcken zu einem behelfsmäßigen Schutz gegen die Sonne aufgespannt.
    Über die unfreiwillige Exkursion war es nämlich nahezu Mittag geworden. Abgekommen von seiner ursprünglichen Richtung, hatte das verschreckte Kamel die Witterung einer Vielzahl von Genossen aufgenommen. Kreuz und quer war es der Geruchsfährte gefolgt.
    »Beim Barte des Propheten! Sieh nur, Effendi, wie unvorsichtig diese Menschen sind!«
    Um gerade eine Viertelmeile, viel zu wenig für eine richtige Erkundung, ritt der Karawane ein Späher voraus. Dieser unbekümmerte Mensch hatte zudem den Oberkörper bis weit über den
Höcker seines Kamels vornübergebeugt – entweder überkam ihn gerade die Schwäche, oder er war bereits entschlummert. Etwas in der Ferne ausmachen ließ sich so nicht. Niemand deckte die Reisenden nach ihren Seiten oder in ihrem Rücken. Dies war um so unbegreiflicher, als doch jederzeit die Möglichkeit bestand, daß einer der Wanderer vor Erschöpfung strauchelte und zurückblieb. Ohne sofortige Hilfe war man da unversehens verloren. Bei dem Führer des Zuges, einem ältlichen Karwan Baschi, sowie seinen Unterführern schien es sich nicht um besonders umsichtige Leute zu handeln; womöglich hatte sich auch ihre Aufmerksamkeit auf Grund zurückliegender Strapazen erschöpft. War ihnen nicht bewußt, daß gerade dieser Teil des Gebirges gern von Marodeuren und Räubern durchstreift wurde? Seit jeher ist doch das Tassili n’ Ajjer als Revier der Tuareg bekannt, des berüchtigten Berbervolkes, das so viele Räuberfürsten hervorgebracht hat. Nicht zuletzt ihretwegen schien sich Halef, der sonst so Vorwitzige, bisher bevorzugt im Schutze der Felsen gehalten zu haben.
    Und wahrhaftig, der Karawane drohte Gefahr!
    Auf ihrer linken Flanke, entlang der Linie des Dünenkammes, bereitete sich eine Reiterschar zum Angriff vor. Geschickt und ohne jedes Kampfgeschrei, begann sie sich aufzufächern, um die Reisenden noch vor dem eigentlichen Signal zu umfassen. Säbel und Lanzen sowie die Läufe von Gewehren blitzten, was aber seitens der Reisenden immer noch nicht bemerkt wurde. Noch fiel kein Schuß – die Angreifer mußten sich ihrer Sache sehr sicher sein.
    War das eine Luftspiegelung, eine Fata Morgana? Sahen Halef und Sir Edward aus ihrer Entfernung wirklich einem bevorstehenden Überfall zu?
    »Bismillah!« rief Halef aus. »Diese Ahnungslosen werden in einem der sieben Himmel erwachen, doch wird es kaum der höchste sein!«
    » Well, bin ganz Eurer Meinung«, nickte Sir Edward. »Fürchte aber, es wird sich eher um die Hölle als einen Eurer Himmel handeln.
Müssen den armen Teufeln beistehen, doch wie? Wir sind nur zu zweit. Obgleich mein Gewehr ein modernes ist und ich damit – – – He, verehrter kleiner Sir, he, wo wollt Ihr hin?«
    Bei dem Wort Hölle hatte Halef sein Kamel gewendet und gleichzeitig die Zügel des ihm hinderlichen Dromedars freigegeben. Schon war er ein Dutzend Schritte von Sir Edward entfernt, zurück auf der Spur, die sie über die Dünen gezogen hatten.
    »Sir! Warum bleibt Ihr nicht und betet wenigstens mit mir für diese Ärmsten, wenn Ihr schon nicht kämpfen wollt? Eilt es Euch so sehr mit der Flucht, daß Ihr Euer Dromedar zurücklaßt? Well, Ihr solltet Euch – – – «
    » – – – schämen?« rief Halef zurück. »Effendi, Sir Edward, daß du mich immer noch nicht kennst!«
    Es zeigte sich nämlich, daß Halef sein Kamel nur deshalb zurückgetrieben hatte, um es vom Scheitel der Anhöhe herab besser Anlauf nehmen zu

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