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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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uns nicht die Freude tun und uns sagen, wozu ein leergeschossenes Gewehr taugt? Habt Ihr einen Einfall, wie man sich eines solchen Untiers, wie es ein Grizzly ist, erwehren könnte, sobald die zweischüssige Büchse leer ist?«
    Ich wartete, bis einigermaßen Ruhe eingekehrt war.
    Dann sagte ich: »Diese Frage ist zu ungefähr, um sie präzise zu beantworten.«

    »Ich finde, sie ist ziemlich präzise«, versuchte Hayes mich mit seinem Blick niederzuringen.
    »Präzise oder nicht, einem Westmann bleibt in solchen Fällen nur eine Wahl«, sagte ich. »Er muß das Tier angreifen! Versucht er nämlich zu fliehen, ist er auf jeden Fall verloren. Der Bär ist immer schneller und kann viel höher klettern als jeder Mensch, namentlich wenn dieser in Panik verfällt. Bleiben nur die Pistolen oder Revolver, mit denen ein jeder, der in der Wildnis überleben will, sich versehen wird. Oder – ein Messer!«
    »Ah, da haben wir es!« freute sich Hayes wie über ein langerwartetes Stichwort. »Der wahre Wildläufer greift also zu der wirksamsten Waffe überhaupt. Meinen Dank für diesen Hinweis, Mister, nun kommt die Sache ins richtige Geleis. Wo Old Shatterhand den untauglichen Bärentöter ansetzt, tut ein echter Westmann das einzig Richtige: Er springt dem Vieh mannhaft vor die Tatzen. Ich jedenfalls würde es tun!«
    »Aufschneider, der Ihr seid!« entfuhr es mir.
    »Westmann, der ich bin!« beharrte Hayes.
    Im Hintergrund rückten die Männer der Washburn-Kompagnie eilends Tafel, Stühle und Bänke, während Kilmers Leute schon die Revolver entsicherten. Es roch nach Kampf.
    Voll Genugtuung verkündete Hayes:
    »Da haben wir es, nicht eine Ungestalt wie Old Shatterhand muß sich beweisen; ich, der Westmann, soll mich zur Wehr setzen! Gentlemen, denkt von mir, was ihr wollt, aber denkt nicht, Milton Hayes würde flunkern. Ihr alle seid in Gefahr, die ihr zum Yellowstone hinauf wollt; die Indianer werden es nicht dulden. Schon dies wollt ihr mir nicht glauben, erst recht nicht, daß es keinen Old Shatterhand gibt, wohl aber Leute, die es mit dem Grizzly aufnehmen, und zwar ohne Schußwaffen. Leider gebricht es uns hier an einer solchen Bestie, darum schlage ich einen Wettbewerb vor. Seht nur, Gents, ich habe eine Überraschung für euch – – – «
    Genauso schnell wie sie in Deckung gegangen waren, kamen die Männer wieder hervor; den Amerikaner, der sich eine Darbietung
mit Waffen entgehen läßt, gibt es nicht. Genüßlich schlug Hayes sein Jackett zurück, diesmal zur Gänze, und so sah man sie frei um seine Herzgegend hängen, jene perfekt seiner Brust angepaßte Lederscheide, aus der ein perlmuttbesetzter Knauf schimmerte. Nachdem die Art seiner Überraschung deutlich geworden war, zog Hayes das Messer heraus und zeigte sich damit reihum.
    Bislang war mir Theobald Hirtreiter im Boarding House nicht wieder begegnet. Nun aber, Tagwerk und Festmahl zu einem glücklichen Ende gebracht, verließ er die Küche, schon nicht mehr angetan mit der Kluft eines Königlich Bayerischen Mundkochs, sondern ganz bürgerlich. Er trug eine dunkle, pantalonskurze Lederhose aus kräftigem Hirschleder, verlängert durch grobwollene Socken, welche bis zu den Waden hochgezogen waren und in klobigen, aber robust wirkenden, rehbraunen Schnürschuhen steckten; unter den Hosenträgern steckte ein leuchtend weißes, korrekt geknöpftes Hemd; um die breiten, an Gewichte gewohnten Schultern hatte der stämmige Mann sich einen grauen Filzjanker gelegt; von seinem Halse winkte ein blaues Tüchlein, vom Kopfe ein mit Gamshaaren geschmückter, wetterfester Stülphut – auffälliger konnte zwischen all den gleich gekleideten »Gents« auch jener Beduine nicht gewirkt haben. Hirtreiter wirkte über den Lärm in der Schenke erstaunt, vor allem über Hayes, wie er mit seinem gezückten Riesenmesser vor den Washburn-Leuten paradierte. Er trat pfeilgerade vor diesen und sagte, die Hände in die Hüften gestemmt:
    »Mister Hayes, gerade will ich meinen Abschied von Mister Faffle nehmen, und was sehe ich? In seinem Boarding House und schon gar an einem Tage wie diesem wird nicht gekämpft, das laßt Euch gesagt sein. Gebt das Messer weg!«
    »Ihr – Ihr«, schnaubte Hayes, der sich seinen Auftritt nicht verderben lassen wollte. »Wer seid denn Ihr? Ein Koch, nichts weiter!«
    »Königlich«, betonte Hirtreiter streng, »Bayerischer«, betonte er weiter, und dann: »Sowie Erster – Mundkoch – am Hofe – König Ludwigs von Bayern!«

    Dieser

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