Hämatom
traten.
»Lila.«
Wir gingen zu dem gläsernen Raucherhäuschen hinüber. Ein
eifriger Gärtner wirbelte das letzte Laub zwischen den Bäumchen und Büschen im
Klinikhof mit einem lärmenden Pustegerät hin und her.
Ich nahm mir eine Zigarette und Ramona gab mir Feuer.
Ein-, zweimal zog ich, spürte den Rauch in meinen Lungen,
hielt sekundenlang den Atem an und genoss die Wirkung des Nikotins.
Tatsächlich entspannte ich mich.
»Tja«, Ramona pustete verqualmte Atemwölkchen in die
kalte Luft und sah zu, wie sie sich langsam auflösten. »Für Adolf zählt nur
eine Meinung, und das ist ihre eigene.«
Ich wunderte mich, dass Ramona den wenig schmeichelhaften
Spitznamen ihrer Chefin benutzte. Irgendwie hatte ich das nicht erwartet.
Sie beobachtete mich prüfend.
»Habâs gemerkt«, murrte ich. Was aber nicht bedeutete,
dass ich mich nach der ersten Schlacht schon geschlagen gab. Auf das nächste
Zusammentreffen mit Adolf würde ich besser vorbereitet sein, beschloss ich.
»Bist auf ihren Weibchen-Look reingefallen«, diagnostizierte
Ramona Rauch ausstoÃend. »Passiert den meisten. Aber Frauen lernen ihre Lektion
nach dem ersten Schlag in die Fresse gewöhnlich, während Männer auch nach
Jahren noch glauben, dass eine so niedliche, kleine Person nicht in der Lage
ist, ohne mit der Wimper zu zucken, hundert Leute rauszuschmeiÃen â bis sie
irgendwann ihre eigene Kündigung in der Hand halten.«
Ich drückte meine Zigarette in einem Sandeimer aus, der
zwischen den wackligen Plastikstühlen auf dem Boden stand.
»Wann kann ich sie noch mal sprechen?«, fragte ich.
»Wen?«
»Adolf.«
Ramonas Augen wurden groÃ.
»Noch nicht genug für heute?« Ramona sah auf ihre silberne
Armbanduhr. »Sie hat jetzt um acht Besprechung. Das wird ungefähr eine Stunde
dauern, danach ist sie frei.«
»Besprechung? Mit wem?«
»Dem technischen Leiter, dem Pflegedienstleiter, dem
Hauswirtschaftsleiter, dem Chefarzt â¦Â«
Das brachte mich auf eine Idee. Auf eine Idee, die mir
meine Kündigung einbringen konnte. In Gedanken versunken lieà ich Ramona
stehen.
Â
17.
Kurz darauf stand ich wieder vor der Tür der leitenden Managerin.
Sprechen, bevor sie das Wort an sich reiÃen konnte, lautete
der Plan.
Ich zog meine Putzfrauenschürze aus, strich meine Haare
glatt und rückte meine lila Bluse zurecht. Gut, dass ich in letzter Zeit Push-ups
trug!
Drinnen waren Stimmen zu hören.
Na warte, du Kuh!
Ich klopfte an und trat, ohne abzuwarten, ein.
Sofort verstummten die Stimmen. Gott, Herold, ein dicker
Mensch in einem Blaumann und ein weià gekleideter Ziegenbartträger, dem man
seinen hohen Blutdruck an der Gesichtsfarbe ansah, saÃen mit Adolf um das
übertrieben glitzernde Weihnachtsgesteck auf dem Besprechungstisch herum.
Adolf drehte sich zu mir und ich registrierte, dass sie
ihre Schultern straffte und ihre Nase hob, um sogar im Sitzen noch auf mich heruntersehen
zu können.
Weil das nicht klappte, stand sie auf.
»Wir sind in einer Besprechung, Frau Ziegler!«, tadelte
sie scharf.
»Das trifft sich gut«, ergriff ich das Wort, so schnell
ich es erwischen konnte. »Ich möchte noch einmal auf den Personalmangel im
Reinigungsbereich zu sprechen kommen. Unser Gespräch vorhin erschien mir etwas
knapp. Sie haben die Vollzeitstelle von Frau Degenhardt nicht wieder besetzt,
als diese befördert wurde. Die Konsequenz daraus ist, dass pro Patientenzimmer
nur noch knapp fünf Minuten Reinigungszeit täglich zur Verfügung stehen. Zu
Hause reinigt jeder von uns die Besenkammer gründlicher und dort gelten nicht
die Hygienevorschriften einer medizinischen Einrichtung.«
Adolfs sorgfältig geschminkte Lippen pressten sich aufeinander.
»Personalentscheidungen sind nicht Thema dieses Meetings«, informierte sie mich
betont kühl, obwohl ich mir sicher war, dass sie innerlich kochte vor Wut.
Na, dieser sachlichen Verlogenheit würde ich mal einen
ordentlichen Tritt verpassen.
»Dann halte ich es für ratsam, den Personalmangel zum
Thema zu machen, bevor das Gesundheitsamt Ratten in KatzengröÃe in Ihrer Klinik
sichtet. Davon sind Sie nämlich nicht mehr weit entfernt!«
Der Hieb saÃ. Anscheinend war Adolf eine klar verständliche
Sprache so wenig gewohnt, dass diesmal ihr die Worte fehlten.
Nun, mir nicht.
»Ich bin
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