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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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unseres
Betriebsrates.«
    Meine Hand verschwand in seiner Pranke, als er sie schüttelte,
und sein Griff war so fest, dass es gerade eben noch nicht unangenehm war. Sein
Blick wurde wacher, während er mich musterte.
    Â»Sie haben alle Einstellungsprozeduren umgangen, Frau
Ziegler«, bemerkte er. »Und das nur, weil ich Urlaub hatte und meine
Stellvertretung für seine eigenen Bereiche gern Ausnahmen macht.«
    Â»Stellvertretung?«
    Â»Herold«, klärte mich Ramona auf.
    Â»Wäre ich im Haus gewesen, hätte ich auf einer öffentlichen
Ausschreibung und Vorstellungsgesprächen bestanden. Auch wenn wir privatisiert
sind, haben wir uns bisher immer an diesen Ablauf gehalten.«
    Ich klimperte ahnungslos mit den Wimpern. Konnte ich was
dafür, wenn sich hier irgendwer nicht an die Abläufe hielt? Immerhin hatte ich
einen unterschriebenen Vertrag in der Tasche.
    Osleitschak betrachtete mich abschätzend.
    Ich bemerkte Ramonas Blick, der zwischen Osleitschak und
mir hin- und herwanderte. Mir fiel die Umarmung der beiden auf der Beerdigung
ein und ich ließ das Wimpernklimpern bleiben.
    Â»Und? Wird Adolf jetzt deine beste Freundin?«, wechselte
die Sekretärin das Thema.
    Â»So eilig hab ich es mit Freundschaften nicht«, wich ich
aus, denn es kam sicher nicht gut an, gleich am zweiten Arbeitstag über die
Chefin zu lästern.
    Der Sanitäter grinste: »Meine beste Freundin ist sie in
den letzten zwölf Jahren auch nicht geworden.«
    Ich entschied, dass ich zumindest die Fakten auf den
Tisch legen konnte, schließlich sollten die beiden mir ja was über Janna
erzählen.
    Â»Ich habe Adolf davon überzeugt, dass der Reinigungsbereich
die falsche Abteilung ist, um Personal einzusparen«, klärte ich die beiden auf.
»Ich darf eine weitere Mitarbeiterin einstellen.«
    Ramona und Osleitschak starrten mich an, als hätte ich
verkündet, ich dürfte im OP Hängebauchschweinchen züchten.

    Â»Wie bitte?«, fragten die beiden wie aus einem Mund.
    Â»Adolf lässt Sie jemanden einstellen?«, vergewisserte
sich Osleitschak. »Unsere Chefin? Diese winzige Frau, die da drin hinter diesem
unanständig großen Schreibtisch sitzt?«
    Â»Der Beschreibung nach ist sie es gewesen«, nickte ich.
    Â»Sie machen es mir nicht leicht, mich über Ihre Einstellung
zu ärgern«, brummte er. Dann warf er einen Blick auf seine Armbanduhr und
sprang vom Schreibtisch. »Muss los. Bis später.«
    Ramona hob eine Hand, doch der Sanitäter war bereits mit
einer für seine Körpermasse überraschenden Geschwindigkeit zur Tür hinaus.
    Unerwartet unpersönlicher Abschied. Sollte das
Arm-in-Arm-Schlendern auf Jannas Beerdigung etwa rein dienstlich gewesen sein?
Oder war Arm-in-Arm-Schlendern im Dienst untersagt?
    Â»Zigarettenpause?«, versuchte ich, bei Ramona zu schnorren.

    Â»Immer ’ne gute Idee.«

    Â 

19.
    Â»Hast du irgendeine Ahnung, was ich machen muss, um
Bewerbungsgespräche zu organisieren?«, fragte ich Svetlana, die ich im
Treppenhaus vor der Inneren Station antraf.
    Â»Du darfst noch eine einstellen? Du hast Adolf übergeredet?«

    Â»Das ist genau das richtige Wort, denke ich.«
    Â»Du bist Genie!« Die Russin ließ ihren Opti-Clean -Schrubber
gegen die Wand poltern und küsste mich auf die Wange. »Normalerweise wird
Stelle ausgeschrieben in die Zeitung, das macht Sekretärin von Adolf.«
    Na, bestens, da bot sich nebenbei gleich eine weitere Mitrauchgelegenheit.
    Â»Wenn du Bewerbungen hast, musst du Personalabteilung
sagen. Die machen Termin und laden Leute ein und sagen alle Bescheid, die dabei
sein müssen: Das ist eine von die Management, die nächste Leiter von
Hauswirtschaft, weil Herold ja nächste Woche ist in Rente, und ich glaube, noch
eine von die Betriebsrat.«
    Warum hängten sie keine Plakate auf und nahmen Eintritt?

    Â»Und wenn du nett bist, du sagst Emine«, ergänzte Svetlana
nach kurzer Bedenkpause vorsichtig. »Sie hat Nichte, die sucht eine Job.«
    Â»Mach ich.«
    In dem Augenblick glitt die Fahrstuhltür, vor der wir die
ganze Zeit gestanden hatten, auf und ich stand vor einem Mann im
ölverschmierten Blaumann. Er war genau der Typ, den sich gelangweilte
Hausfrauen erhofften, bevor sie dem bestellten Handwerker die Tür öffneten und
den Bierbauch, das unrasierte Kinn und die rutschende Arbeitshose sahen.

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