Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
Vom Netzwerk:
Augenblick lang zögerte ich. Dann ging ich zu Viktoria
Lebrechts Platz und griff nach ihrer grinsenden Spongebob-Tasse. Sie war warm.
    Viktoria Lebrecht war schon da. Schon wieder.
    Was zum Teufel machte die so früh hier?
    Einem plötzlichen Gedanken folgend, ging ich hinüber zu
meinem Abteilungsleiterbüro und klickte mit der Schlüsselkarte die Tür auf.
    Doch der Raum war leer.
    Welche Stationen putzte die Schwerbehinderte denn?
    Ich wusste es nicht genau, doch irgendwo würde es eine
Liste geben. Ich fand sie im Sozialraum an der überfüllten Pinnwand. Viktoria
war für die Neurologie und die Schlaganfallstation zuständig.
    Auch der Flur der neurologischen Station war lang und
mintgrün und morgens um halb sechs noch fast leer.
    Nur Viktoria wischte mit dem Rücken zu mir den Flurboden.
Dabei donnerte sie den Stiel ihres Schrubbers so laut gegen eine Zimmertür, dass
der Weckdienst der Schwestern dort wohl überflüssig war.
    Viktoria putzte nicht nur rekordverdächtig schnell, sie
kam auch noch früher, kochte Kaffee und begann noch vor der Morgenbesprechung
ihre Arbeit? Wollte sie sich den goldenen Klinikorden am Band verdienen, oder
was?
    Wieder im Fahrstuhl drückte ich automatisch den Knopf
nach oben. Nicht weil mich interessierte, ob Danner schon da war, ich würde nur
schon mal den Staubsauger bereitstellen.

    Der Verwaltungsflur lag ruhig vor mir. Um diese Zeit
arbeitete in den Büros noch niemand.
    Ich zerrte den Geisterfresser aus seiner Abstellkammer.
Noch immer war niemand zu sehen. Ich tauschte doch den Müllbeutel in Danners
Büro. Natürlich war er noch nicht eingetroffen, sein Dienst begann frühestens
um sechs.
    Ich saugte den Flur.
    Danach war es zehn vor sechs und Danner war noch immer
nicht aufgetaucht.
    Was jetzt?
    Mein Blick fiel auf den Namen an der Bürotür, vor der ich
stand. Leitende Klinikmanagerin – Katja
A. Schrage. Kurz entschlossen klickte ich die Tür auf und zog den Geisterfresser
herein.
    Der große, schwarze Aktenschrank nahm eine ganze Wand
ein. Das konnte eine Weile dauern.
    Ohne zu zögern, griff ich nach der Schranktür.
    Abgeschlossen.
    Nachdenklich setzte ich mich in den Chefsessel hinter dem
Schreibtisch. Adolfs Arbeitsplatz sah aus wie jeden Morgen: unbenutzt. Der
einzige Hinweis, dass es die Frau, deren Name an der Tür stand, überhaupt gab,
waren die drei Fotos neben dem Monitor des PCs.
    Jetzt wusste ich auch, warum die Managerin immer so
sorgfältig aufräumte: Edith Möllering hatte ihr beigebracht, nichts herumliegen
zu lassen. Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken, dass Adolf selbst
befürchtete, bespitzelt zu werden. Da war der Managerin wohl ihr eigenes System
außer Kontrolle geraten.
    Ich zog die oberste Schublade auf. Zwischen Büroklammern,
Kugelschreibern und Medikamentenschachteln fand ich tatsächlich einen
Schlüssel. Als ich den Schrank öffnete, stand ich vor einer ganzen Wand voller
Aktenordner. Respekt, im zwanghaften Wegheften stand Adolf der neurotischen
Edith nicht nach.
    Ich überflog die Überschriften auf den Ordnerrücken.
    Alle denkbaren Themen waren zu finden, von den üblichen Angeboten
und Bestellungen über Dienstwagenfahrten bis hin zu Grundlagen
der BWL.

    Nur Achtung! Geheim! stand natürlich nirgends.
    Das elektronische Schloss der Bürotür klickte.
    Scheiße!
    Hastig klappte ich die Schranktüren zu.
    Es klickte noch einmal. Zu meinem Glück schien die
Technik zu versagen. Ich sprang zu meinem Staubsauger und trat auf den
Startschalter.
    In dem Augenblick, als die Bürotür aufschwang, jaulte der
Geisterfresser los.
    Danner prallte zurück. Als er mich erkannte, drückte er
die Tür schnell hinter sich zu. In der Hand hielt er eine Kreditkarte.
Offensichtlich war seine Schlüsselkarte für diesen Raum nicht freigeschaltet.
    Â»Klopf doch einfach«, riet ich ihm hilfsbereit.
    Er sah auf seine Uhr: »Frühschicht oder Überstunden?«
    Â»Ich liebe den Job einfach.«
    Â»Natürlich.« Danner grinste. Seinem Bart zum Trotz
huschte ein Grübchen über seine linke Wange. »Und Edith Möllering hast du aus
reiner Kollegialität einen Besuch abgestattet.«
    Musste der Kerl immer so verdammt schnell sein?
    Â»Sie hat mich gestern Abend gleich angerufen.« Danner grinste
immer noch, breit und offen. »Sie hat dich für einen Spitzel gehalten, der rausfinden
sollte, was sie

Weitere Kostenlose Bücher