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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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auf.
    Â»Darf ich kurz stören?«, floskelte Adolf.
    Da die Managerin bereits vor meinem Schreibtisch stand
und mir einen blauen Schnellhefter oben auf meine Unterlagen legte, ging ich
davon aus, dass sie keine Antwort erwartete.
    Â»Das ist eine Bewerbung für die Stelle der Raumpflegerin,
die sehr interessant klingt«, erklärte sie. »Im Augenblick arbeitet die Dame
für die Firma Feudel, die unseren
Reinigungsbedarf liefert. Sie ist also vom Fach und ich denke, wir sollten ihre
Einstellung befürworten. Bestellen Sie trotzdem vier bis fünf Kandidatinnen zum
Gespräch.«
    Trotzdem?
    Trotz was?
    Trotz Adolfs bereits gefallener Entscheidung für Feudelinchen?
    Adolf tippelte wieder hinaus.
    Ich starrte auf die Tür. Einen Moment lang stellte ich
mir vor, es würde noch einmal klopfen und Danner käme herein. Aber natürlich
würde eher ein verirrter Walfisch versuchen, sich ins Büro zu zwängen.
Verdammt, allein die Tatsache, dass er im Haus war, brachte mich völlig aus dem
Konzept.
    Hallo! Gehirn an Hormone: Es ist aus!
    Aus, aus, aus!
    Scheiße, ich brauchte ’ne Kippe!
    Die Zigarette und die kalte Luft im Raucherhäuschen ließen
mich wieder klarer denken.
    Ich würde mich weiter auf meine Ermittlungen konzentrieren.
Danner war uneingeladen wieder in mein Leben geplatzt, aber ich würde mich
nicht noch mal von ihm in eine Katastrophe stürzen lassen.
    Eros und der Stripschuppen waren meine beiden heißesten
Spuren zur Entstehung von Jannas Hämatom.
    Andererseits hatte Danner mich noch in eine ganz andere
Richtung neugierig gemacht.
    Eros war auf der chirurgischen Station sicher verwahrt und
Vero wollte sich wegen meiner neuen Nebentätigkeit melden.
    Es sprach nichts dagegen, dass ich Danners Informationen
ein wenig nachging, fand ich. Ohne dass er etwas davon wissen musste natürlich.
    Es war bereits nach Mittag. Kurz entschlossen stempelte ich
mich aus.

    Â 
    Mit der U-Bahn fuhr ich in den Bochumer Stadtteil
Riemke, in dem Edith Möllering hoffentlich noch immer lebte. Die Adresse hatte
ich in Herolds Beurteilungsordner gefunden.
    Prattwinkel hieß das Wohngebiet, in dem die
einzelnen Gässchen keine eigenen Namen hatten, sondern Hausnummern auf den
Straßenschildern standen.
    Edith, der Besen, lebte in einer Sackgasse.
    Ediths Haus war das letzte in der Reihe flacher, aneinandergebauter
Wohnungen, die aussahen wie ein Zimmer mit einem Dach, getrennt vom nächsten
Zimmer durch eine Garage. Und Ediths Haus war das bedrückendste von allen. Der
winzige Vorgarten, durch den ein gepflasterter Weg zur Eingangstür führte, war
mit einem Jägerzaun vom Nachbarn abgetrennt.
    Die knapp neun Quadratmeter englischen Rasen unterteilten
akkurat geschnittene Buchsbaumheckchen in schmale Schützengräben, in denen sich
unzählige Gartenzwerge duckten wie ein Sonderkommando der Polizei.
    Gartenzwerge gehörten zu den wenigen Dingen, die mich
ernsthaft beunruhigten, genauso wie selbst gehäkelte Klorollenüberzieher und
Pelzkragen, an denen noch die Pfoten eines Tieres baumelten.
    Zögernd öffnete ich das Gartentor und ging zu der Haustür,
deren Glaseinsatz genau wie das einzige Fenster daneben vergittert war. Neben
der Haustür stand die Mülltonne in einem aus Waschbetonplatten gemauerten und
mit einem Vorhängeschloss gesicherten Kasten. Und auf der Blechplatte, die den
Schornstein abdeckte, entdeckte ich das Blinklicht einer Alarmanlage.
    Ich beeilte mich, den Garten zu durchqueren. Noch bevor
ich klingeln konnte, rauschte es in der Sprechanlage.
    Â»Ja, bitte?«
    Â»Frau Möllering?«
    Â»Was wollen Sie?«
    Â»Mein Name ist Lila Ziegler. Ich arbeite im
Otto-Ruer-Klinikum. Ich würde mich gerne über die Arbeit dort mit Ihnen
unterhalten.«
    Die Sprechanlage rauschte einen Augenblick lang weiter,
dann verstummte sie knackend.
    Eine Türkette klapperte, gleich darauf schwang die Tür
auf.
    Die Frau, die mir gegenüberstand, war einen Kopf größer
als ich und wirkte gut zwanzig Jahre älter, als sie war. Ihr wirkliches Alter
kannte ich aus den Zeugnissen: Sie war sechsundfünfzig.
    Â»Sie arbeiten also im Otto-Ruer-Klinikum?« Die Zähne in
ihrem Unterkiefer ersetzte ein loses Gebiss, das sie mit der Zunge hin- und herschob,
sobald sie aufhörte zu sprechen. Der Eindruck, den ich schon durch ihre Notizen
in den Beobachtungsbögen von ihr hatte, bestätigte sich. Edith

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