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Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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stünde es schon allein w e gen der exzellenten Lichtverhältnisse im Goldsaal nicht zur Debatte, die Sache in der großen Halle zu veranstalten. Zu unpersönlich, bei den paar hundert Gästen, und zu grell.
     
    Der Goldsaal war individuell gestaltbar. Bankette, Podiumsdi s kussionen, kleine Messen … A lles ging auf diesen elitären v ie r hundertneunzig Quadratmetern. Aber die Gäste des heutigen Abends benötigten den Saal leer.
    »Nein , d as ist überhaupt nicht schade . «, erwiderte der Chef der Halle . » S chade ist, dass Sie hier noch rumstehen, statt sich um das Entfernen der Bestuhlung zu kümmern. Schade ist auch, dass Sie meinen, für mich denken zu müssen. An die Arbeit.«
    Gustav Straelen, seines Zeichens Eventmanager – eingestellt für Ausrichtung, Dekoration und Ablauf aller Festivitäten in den Hallen – verließ Richthovens Büro, um sechshundert Stü h le aus der kleinsten der vier Hallen entfernen zu lassen.
    Er wusste nur noch nicht, wohin mit den Dingern.

4
    Der Mann in S chwarz, dessen Haar nun getrocknet war, stieg aus dem Transporter und betrat die Räume von Dortmunds größtem Herrenausstatter.
    Der Namenlose, der von der Bruderschaft nur » D as Talent« genannt wurde, passierte die Glastüren des Geschäfts, die so sauber und klar wie Bergluft waren.
    Kaum, das s seine Sohlen den Teppich berührt hatten, wurde er von einer Dame angesprochen.
    »Guten Morgen. Was können wir für Sie tun?«
    Der Mann sah sie an; eine gepflegte Frau mittleren Alters, die um diese Uhrzeit strahlte wie eine Besessene.
    Er hatte keine Lust zu reden; er, der die meisten Sprachen b e herrschte, darunter auch zwei tote Dialekte, musste sich zwi n gen, zu antworten.
    »Sicher können Sie was für mich tun. Zu Herrn Benning, bitte.«
    Ihr breites Lächeln ließ ein wenig nach, als ihr klar wurde, dass kein Umsatz zu machen war.
    »Erste Etage.«
    Er nickte und ging zu den Treppen, vorbei an weiteren Frauen, die wie Schachfiguren strategisch in allen Winkeln des Erdg e schosses platziert waren.
    Benning bemerkte ihn sofort.
     
    Er hatte kein Auge für all die exzellenten Exponate erstklass i ger Schneiderkunst, und auch die lauernden Berater passierte er, als wären sie Luft.
    Aber der klarste Grund, warum Benning sich sicher war, seiner Kontaktperson gegenüber zu treten, lag in der Ausstrahlung des Mannes.
    Der unbekannte Besucher ging locker, fast beschwingt, als hätte er Spaß daran, sich zu bewegen, aber sein Blick war starr nach vorn gerichtet, ohne irgend etwas S pezielles zu mustern.
    Außerdem war er sehr dünn, irgendwie vornehm abgezehrt, strahlte aber eine sonderbare, aggressive Kraft aus.
    Der Herrenausstatter registrierte noch E iniges: G ut gekleidet, der Mann – wenn man davon absah, dass er lediglich einige Abstufungen von S chwarz variierte – teure Schuhe, akkurater Haarschnitt, gerade Haltung.
    Aber alle Unauffälligkeit in der Optik des Mannes entlarvte sich in Bennings Blick als Maskerade.
    Sein Kontaktmann war gefährlich.
     
    Der Mann in S chwarz trat auf Benning zu, wobei er beiläufig die Geste der Bruderschaft machte: Mittel- und Ringfinger locker in die Handfläche gelegt, Zeige- und kleiner Finger nach oben gestreckt.
    Das Zeichen des Gehörnten.
    »Guten Tag, Herr … ?«, sagte Benning.
    »Wo ist das Relikt?«, fragte der Mann in S chwarz. Seine Stimme war leise und völlig emotionslos.
     
    Sollte das ganze so einfach sein?, fragte sich Benning, wobei er den Besucher sanft außer Hörweite zog.
    Dann erzählte er mit knappen Worten, wo das Relikt zu finden war, und selbst, als er den Ort nannte, verzog der Mann keine Miene.
    Er nur hörte zu, nickte dann einfach und drehte sich um.
    »Bis heute Abend«, sagte Benning in einem Tonfall, der ve r schwörerisch klingen sollte, aber irgendwie etwas zu eifrig kam.
    »Kaum. Ich werde ganz vorn stehen.«
    »Natürlich. Daran hatte ich nicht gedacht. Wollen Sie sich noch etwas umsehen?«
    »Nein. Ich lasse m aßanfertigen«, sagte der Mann in Schwarz, ohne sich noch mal umzudrehen.
    Benning wusste darauf nichts zu erwidern, also beobachtete er nur den wort- und g rußlosen Abgang seines Besuchers.

5
    »Verehrte Kunden. Beachten Sie bitte unsere Sonderflächen: Werkzeuge und verschiedenes Kleinmaterial für nur je Neu n undneunzig Cent!«
    »Schrei doch noch lauter, du dumme Schlampe«, murmelte Röcken mit schmerzverzerrtem Gesicht und schaute in Ric h tung der versteckt angebrachten Lautsprecher. Er lehnte sich an einen Stapel

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