Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hände weg von Zeitmaschinen

Hände weg von Zeitmaschinen

Titel: Hände weg von Zeitmaschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
Vom Netzwerk:
meine Herren. Sobald sein Respekt vor Ihnen nachläßt, wird der vor mir wachsen.«
    Das klang zwar ziemlich eingebildet, traf aber zu. Als die Ereignisse sich langsam auf die letzte große Krise zubewegten, war Oddy Gaul sorgfältig eingewiesen worden. Bellanby lud ihn ein, den sechs Meter hohen Kristallglobus auf seinem Hause zu besuchen, ein berühmter Ort zum Sonnenbaden, den nur wenige Auserwählte betreten durften. Dort ließ sich Oddy braun brennen und bewunderte dabei die eiserne Konstitution des Philosophie-Dozenten, der immerhin schon dreiundsiebzig Jahre alt war.
    Und da er Bellanbys Muskeln bewunderte, war es nur natürlich, daß er auch Bellanbys Ideen bewunderte. Er kam oft wieder, um ein Sonnenbad zu nehmen, betete den großen Mann an und nahm ethische Grundlagen in sich auf.
    Inzwischen hatte sich Hrrdnikkisch um Oddys Abende gekümmert. Der Mathematiker, der paffte und lispelte wie ein herausgeputzter Charakter bei Rabelais, führte Oddy in die schwindligen Höhen der haute cuisine und in Jas lasterhafte Leben ein. Zusammen aßen und tranken sie unglaubliche Mengen und verfolgten die schönsten Frauen, bis Oddy jede Nacht verzaubert vom Sinnesrausch und den grellen Farben der Hrrdnikkischen Ideen zu seinem Zimmer zurückkehrte. Und gelegentlich – aber nicht zu oft – wartete Johansen auf ihn, und dann fanden die langen, ruhigen Gespräche während der wenigen Stunden statt, da junge Menschen nach der Harmonie und dem Sinn des Lebens suchen. Und Oddy hatte Gelegenheit, etwas von Johansen zu übernehmen, von dieser glühenden Verkörperung der Reinheit und Güte, diesem lebendigen Beispiel des Vertrauens in Gott und der ethischen Gesundheit.
    Der absolute Höhepunkt kam am 15. März… Die Iden des März – sie hätten dieses Zeichen eigentlich besser deuten sollen. Nach dem Mittagessen mit seinen drei Helden im Clubraum der Fakultät wurde Oddy von den drei großen Männern ins Fotolabor geführt, und dort gesellte sich wie zufällig auch Jesse Migg zu ihnen. Ein paar Momente ärgster Anspannung verstrichen, bis Migg dem Philosophiedozenten ein Zeichen gab, endlich zu beginnen.
    »Oddy«, sagte Bellanby, »haben Sie schon einmal geträumt, daß Sie eines Tages aufwachen und König geworden sind?« Oddy wurde rot.
    »Ah, ich sehe, Sie haben davon geträumt. Wissen Sie, jeder hat das. Das ist der Mignon-Komplex. Normalerweise läuft er so ab: Man findet heraus, daß die Eltern einen nur adoptiert haben und man in Wirklichkeit und nach dem Gesetz der König von… von… «
    »Baratraria«, sagte Hrrdnikkisch, der die Literatur der Steinzeit studiert hatte.
    »Ja, Sir«, murmelte Oddy, »diesen Traum habe ich auch schon gehabt.«
    »Nun«, sagte Bellanby ruhig, »er ist wahr geworden. Sie sind ein König.«
    Oddy blickte sie fassungslos an, während sie erklärten und erklärten und erklärten. Zuerst war er – wie es jeder Student gewesen wäre – der Meinung, man wolle sich einen schlechten Scherz mit ihm machen. Dann glaubte er – als Götzendiener – beinahe, was seine drei Helden ihm erzählten. Und schließlich – als Mensch – wurde er von der Verheißung der absoluten Sicherheit fast hinweggewischt. Weder Macht noch Ruhm, noch Reichtum lockten ihn, sondern nur die Sicherheit. Später würde er auch die Garnierungen mögen, aber nun wurde er von jeglicher Angst befreit. Er brauchte sich niemals wieder Sorgen zu machen.
    »Ja«, rief Oddy, »ja, ja, ja! Ich verstehe schon, begreife, was Sie von mir verlangen.« Erregt sprang er vom Stuhl auf und zog, zitternd vor Freude, Kreise im Zimmer. Plötzlich blieb er stehen und drehte sich um.
    »Und ich bin dankbar«, sagte er. »Ihnen allen bin ich dankbar für das, was Sie mit mir angestellt haben. Ich würde vor Scham in den Boden versinken, wenn ich nun eigensüchtig wäre… oder gemein. Ich werde versuchen, diese Kraft anzuwenden. Aber Sie haben mir den richtigen Weg dazu gezeigt. Sie wird immer nur zum Guten angewendet!« Johansen nickte glücklich.
    »Ich werde immer auf Sie hören«, fuhr Oddy fort. »Nie werde ich einen Fehler begehen.« Er schwieg einen Moment und errötete wieder. »Dieser Traum, ein König zu sein… den hatte ich, als ich noch ein Kind war. Aber hier auf der Universität überlegte ich mir, was wohl sein würde, wenn ich der Mann wäre, der die Welt regiert. Ich pflegte von den guten, großzügigen Dingen zu träumen, die ich…«
    »Ja«, sagte Bellanby, »das wissen wir. Auch wir hatten diesen Traum. Jeder hat

Weitere Kostenlose Bücher