Hände weg von Zeitmaschinen
anderes Mal: »Mein Idol: Kipling. Von ihm habe ich meinen Namen. Aquila, einer seiner Helden. God damn! Der größte farbige Autor seit Onkel Toms Hütte.«
An jenem Morgen, als Mr. Solon Aquila seine erste Enttäuschung hinnehmen mußte, tummelte er sich im Atelier von Lagan & Derelict, Händler für Gemälde, Skulpturen und seltene Kunstobjekte. Er beabsichtigte, ein Gemälde zu kaufen. Mr. James Derelict kannte Aquila als Klienten. Er hatte einen Frederic Remington und auch einen Winslow Homer bei ihm erworben. Es war schon einige Zeit her, aber er war, wie der seltsame Zufall es wollte, eine Minute in den Laden gekommen, nachdem die Bilder zum Verkauf freigegeben worden waren. Mr. Derelict wußte auch, daß Mr. Aquila einen preisgekrönten Comicstrip bei Montauk gekauft hatte.
»Bon soir, bei esprit, god damn, Jimmy«, sagte Mr. Aquila. Er war mit jedem per Du. »Ein cooler Tag für Farbe, oui! Cool. Slang. Ich habe heute das Gefühl, ein Bild kaufen zu müssen.«
»Guten Morgen, Mr. Aquila«, gab Derelict zurück. Sein Gesicht war scharf geschnitten wie ein Blatt Papier, aber seine blauen Augen blickten ehrlich, und sein Lächeln war geradezu entwaffnend. In diesem Moment war sein Lächeln jedoch ernst und verkrampft, als ob die bloße Anwesenheit von Aquila schon seine Nerven angreifen würde. »Ich bin in Stimmung für deinen Mann, bei Jeez«, sagte Aquila, öffnete dabei Schubladen, ließ seine Finger umherhuschen und betastete das kostbare Porzellan. »Wie hieß er noch, mein Alter? Ein Künstler wie Bosch. Wie Heinrich Kley. Parbleu, du vertreibst ihn doch exklusiv? O si sie omnia, bei Zeus!«
»Jeffrey Halsyon?« fragte Derelict furchtsam.
»Oeil de bœuf!« schrie Aquila. »Was für ein Gedächtnis! Chryselefantinisch. Genau der Künstler, den ich suche. Mein Favorit! Vorzugsweise in Monochrom. Einen kleinen Jeffrey Halsyon für Aquila, please. Bitte wickle das Bild ein!«
»Kaum zu glauben«, murmelte Derelict.
»He? Aha! Die ist nicht hundertprozentig echt Ming-Epoche!« Mr. Aquila deutete auf eine kostbare Vase. »Caveat emptor, verdammt.
Nun, Jimmy? Ich habe mit den Fingern geredet. Ist kein Halsyon vorrätig, mein Bester?«
»Seltsam, Mr. Aquila.« Derelict schien mit sich selbst zu kämpfen. »Daß Sie mich gerade jetzt besuchen. Vor kaum fünf Minuten habe ich einen Halsyon-Monochrom hereinbekommen.«
»Siehst du! Geschwindigkeit ist alles. Nun?«
»Ich zeige Ihnen das Bild lieber nicht. Aus persönlichen Gründen, Mr. Aquila.«
»Himmelherrgottnochmal! Pourquoi? Schon verkauft?«
»N-nein, Sir. Nicht aus persönlichen Gründen, die mich betreffen – sondern Ihretwegen.«
» Oh? God damn! Erkläre mir das mal.«
»Auf jeden Fall ist das Bild nicht zu verkaufen, Mr. Aquila. Es ist unverkäuflich.«
»Wieso? Rede schon, du alte Currywurst mit Pommes!«
»Das kann ich nicht, Mr. Aquila.«
»Zut alors! Muß ich dir den Arm brechen, Jimmy? Du kannst mir das Bild nicht zeigen, willst es nicht verkaufen? Und das mir! Ich habe mich immer für diesen Jeffrey Halsyon eingesetzt. Mein Favorit. God damn. Zeige mir den Halsyon, oder sie transit gloria mundi. Hast du verstanden, Jimmy?«
Derelict zögerte und zuckte dann die Achseln. »Nun gut, Mr. Aquila. Ich werde Ihnen das Bild zeigen.«
Er führte Aquila an Porzellan und Silber, Lack, Bronze und schimmernden Ritterrüstungen vorbei zur Galerie im Hintergrund des Ladens, wo Dutzende von Bildern an den mit grauen Vorhängen ausgestatteten Wänden unter der warmen Beleuchtung glühten. Er öffnete die Schublade eines Goddard-Sekretärs und zog einen Umschlag hervor. Auf dem Umschlag stand BABYLON-INSTITUT. Derelict zog eine Dollarnote heraus und reichte sie Mr. Aquila. »Jeffrey Halsyons neuestes Werk«, sagte er.
Mit einer feinen Feder und schwarzer Tusche hatte eine geschickte Hand ein zweites Porträt über das Gesicht George Washingtons auf den Dollarschein gezeichnet. Es war ein haßerfülltes, diabolisches Gesicht vor einem höllischen Hintergrund, ein Gesicht, das Schrecken erregen sollte. Ein unbescholtener Betrachter würde bei dieser Skizze sicherlich den Atem anhalten.
Das Gesicht war ein Porträt von Mr. Aquila. »God damn«, sagte Mr. Aquila. »Verstehen Sie nun, Sir? Ich wollte Ihre Gefühle nicht verletzen.«
»Ich muß es haben, mein Bester.« Mr. Aquila schien von dem Porträt fasziniert zu sein. »Ist das Zufall oder Absicht? Kennt Halsyon mich? Ergo sum.«
»Meines Wissens nicht, Mr. Aquila. Aber ich kann das Werk
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