Hände weg von Zeitmaschinen
Talent wird hier verschwendet…« Halsyon begann zu weinen. »Baby will’n Dollar!« schrie er. Der Fremde zog seine Brieftasche, suchte einen Dollar heraus und gab ihn Halsyon. Sobald Halsyon ihn berührte, hörte er ihn singen und versuchte, in den Gesang einzustimmen, aber er sang ein Lied nur für ihn, und so mußte er lediglich zuhören.
Es war ein lieblicher Dollar, glatt, aber nicht zu neu, mit einer etwas abgegriffenen Oberfläche, die Tusche geradezu aufsaugen würde. George Washington sah vorwurfsvoll, aber gleichzeitig auch resigniert aus, als habe er sich schon an die Behandlung gewöhnt, der er sich wohl oder übel unterziehen mußte. Er war auf diesem Dollar auch viel älter. Viel älter als all die anderen, denn seine Seriennummer lautete 5.271.009, und das machte ihn über fünf Millionen Jahre alt. Der älteste, den er bislang bekommen hatte, war gerade zwei Millionen Jahre alt gewesen. Als Halsyon sich wieder auf den Boden kauerte und, wie der Dollar es von ihm forderte, seine Feder in die Tusche tauchte, hörte er den Medizinmann sagen: »Ich glaube nicht, daß ich Sie mit ihm allein lassen sollte, Mr. Derelict!«
»Nein, wir müssen allein sein, Doktor. Jeff war immer recht zurückhaltend wegen seiner Arbeiten. Er kann nur mit mir darüber sprechen, wenn sonst niemand zuhört.«
»Wieviel Zeit würden Sie denn benötigen?«
»Geben Sie mir eine Stunde!«
»Ich bezweifle aber sehr, daß Sie Erfolg haben werden.«
»Aber ein Versuch kann nichts schaden.«
»Wahrscheinlich nicht. Na gut, Mr. Derelict. Rufen Sie die Schwester, wenn Sie genug haben.«
Die Tür öffnete sich; die Tür schloß sich. Der Fremde mit dem Namen Derelict legte mit freundlicher, vertrauter Geste seine Hand auf Halsyons Schulter. Dieser schaute auf und grinste gerissen, während er auf das Geräusch des sich im Schloß umdrehenden Schlüssels wartete. Dann kam es, klang wie ein Schuß, wie das Einhämmern des letzten Nagels in einen Sarg.
»Jeff, ich habe ein paar alte Arbeiten von dir dabei«, sagte Derelict so beiläufig wie möglich. »Vielleicht würde es dir Spaß machen, sie mit mir einmal durchzusehen.«
»Hast du eine Uhr um?« fragte Halsyon.
Seine Überraschung über Halsyons normalen Tonfall unterdrückend, griff Derelict in die Tasche und holte seine Taschenuhr heraus. »Kann ich sie kurz haben?«
Derelict trennte die Uhr von der Kette und gab sie ihm. Halsyon faßte sie sehr vorsichtig an. »In Ordnung. Und jetzt mache mit den Bildern weiter«, sagte er.
»Jeff!« rief Derelict aus. »Du bist es wieder, oder? So, wie du immer gewesen bist…«
»Dreißig«, unterbrach Halsyon, »fünfunddreißig, vierzig, fünfundvierzig, fünfzig, fünfundfünfzig, EINS.« Mit höchster Konzentration sah er die Uhr an.
»Nein, wahrscheinlich doch nicht«, murmelte der Kunsthändler. »Ich habe mir nur eingebildet, daß du wieder vernünftig… na ja.« Er öffnete die Mappe und begann damit, die einzelnen Bilder zu sortieren. »Vierzig, fünfundvierzig, fünfzig, fünfundfünfzig, ZWEI.«
»Hier ist eines deiner ersten Bilder, Jeff. Erinnerst du dich noch daran, wie du mit den Entwürfen in die Galerie kamst und wir dachten, du wärest unser neuer Hausmeister? Nach einem halben Jahr hattest du uns immer noch nicht vergeben. Du hast immer behauptet, wir hätten dein erstes Bild nur gekauft, um uns so bei dir zu entschuldigen. Glaubst du das immer noch?«
»Fünfundvierzig, fünfzig, fünfundfünfzig, DREI.«
»Hier ist das Tempera-Gemälde, das dir soviel Kopfzerbrechen bereitet hat. Ich habe mich immer gefragt, ob du diese Technik noch einmal ausprobieren würdest. Ich glaube wirklich nicht, daß Tempera so unbeweglich ist, wie du behauptest, und ich würde es sehr gerne sehen, wenn du jetzt, da deine Techniken so gereift sind, noch einen Versuch wagen würdest. Was meinst du dazu?«
»Vierzig, fünfundvierzig, fünfzig, fünfundfünfzig, VIER.«
»Jeff, lege die Uhr bitte weg.«
»Zehn, fünfzehn, zwanzig, fünfundzwanzig…«
»Warum zum Teufel zählst du die Sekunden?«
»Nun«, sagte Halsyon, und seine Stimme klang wieder ganz normal, »manchmal schließen sie die Tür ab und gehen sofort. Aber manchmal bleiben sie auch noch dort stehen und versuchen, einen auszuspionieren. Aber sie bleiben nie länger als drei Minuten. Ich habe fünf Minuten gewartet, um ganz sicher zu gehen. FÜNF.«
Er umschloß die Taschenuhr mit seiner großen Faust und schlug damit genau gegen Derelicts Kinn. Der Kunsthändler
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