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Hände weg von Zeitmaschinen

Hände weg von Zeitmaschinen

Titel: Hände weg von Zeitmaschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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Geheimnis, der Krimistory, der verborgenen Zahl.
    Wir untersuchten die Zeitungen. Während ich sie laut vorlas, schrieb er ihre Inhalte in Blindenschrift nieder. Dann las ich ihm seine Notizen vor. Er listete die Zeitungen nach Druckart, Typus und Fakten auf, sortierte sie nach Artikeln, Syntax, Worten, Themen, Anzeigen, Bildern, Vorurteilen, politischen Einstellungen und Erscheinungsorten aus. Er studierte, analysierte und meditierte. Wir lebten im Dachgeschoß zusammen, froren immer ein wenig, hatten immer ein wenig Angst, rückten immer ein wenig enger zusammen, getrieben von unserer Furcht voreinander und unserem Haß aufeinander. Beides drang wie eine Axt in einen Baum ein, die den Stamm zersplitterte, obwohl sie nie tiefer eindringen konnte als bis knapp unter die Oberfläche. So wuchsen wir zusammen, Vandaleur und der Androide. Die Zeit, die Zeit! Bis eines Nachmittags Blenheim Vandaleur in sein Arbeitszimmer rief und ihm die Ergebnisse seiner Forschungen unterbreitete. »Ich glaube, ich habe es gefunden«, sagte er, »aber ich verstehe es nicht.« Vandaleurs Herz schlug heftiger.
    »Hier sind die Zusammenhänge«, fuhr Blenheim fort. »In diesen fünfzig Zeitungen lassen sich Berichte über die Verbrechen dieses Androiden finden. Was kann man außer den Tatbeschreibungen den Berichten noch entnehmen?«
    »Ich weiß es nicht, Mr. Blenheim.«
    »Das war auch nur eine rhetorische Frage. Hier ist die Antwort. Das Wetter.«
    »Was?«
    »Das Wetter«, bestätigte Blenheim. »Jedes Verbrechen wurde begangen, als die Temperatur höher als neunzig Grad Fahrenheit lag.«
    »Aber das ist unmöglich«, schrie Vandaleur. »In der Universität auf Lyra Alpha war es empfindlich kalt!«
    »Es liegt kein Bericht über ein Verbrechen auf Lyra Alpha vor.«
    »Nein, das stimmt. Ich…« Vandaleur war völlig durcheinander. »Nein, Sie haben recht! Die Öfen im Elektrizitätswerk! Dort war es heiß. Heiß! Natürlich. Mein Gott, ja, das ist die Antwort! Dallas Bradys elektrische Schmelzöfen. Die Reisfelder von Paragon. Bevor die Blitze dieser Hitze. Ja. Aber warum? Warum? Mein Gott, warum nur?« In diesem Moment kam ich nach Hause und sah Vandaleur und Blenheim, die sich über die Zeitungen beugten. Ich betrat das Zimmer und wartete auf Befehle, dienstbereit wie immer.
    »Das ist der Androide, nicht wahr?« sagte Blenheim nach einer langen Pause.
    »Ja«, gestand Vandaleur, immer noch von dieser Entdeckung verwirrt. »Und das erklärt auch, warum er sich weigerte, Sie anzugreifen, an diesem Abend, als wir uns begegneten. Es war nicht warm genug, um die primären Direktiven außer Kraft zu setzen. Nur, wenn es warm ist. Ob beim Flitzen oder Sitzen!« Er sah den Androiden an. Ein verrückter Befehl ging von dem Menschen an den Androiden. Ich weigerte mich. Es ist verboten, Leben zu gefährden. Vandaleur gestikulierte wild, faßte Blenheim an den Schultern und riß ihn von seinem Stuhl zu Boden. Blenheim schrie. Mit der Wucht eines Tigers sprang Vandaleur ihn an, drückte ihn hinab und hielt ihm mit einer Hand den Mund zu. »Suche eine Waffe!« rief ich dem Androiden zu. »Es ist verboten, Leben zu gefährden.«
    »Ich muß mich selbst verteidigen. Bring mir eine Waffe!« Mit seinem Gewicht drückte er den zitternden Mathematiker zu Boden. Ich lief sofort zu einem Schrank, wo – wie ich wußte – ein Revolver versteckt war. Ich überprüfte ihn. Er war mit fünf Patronen geladen. Ich gab ihn Vandaleur. Ich nahm ihn, drückte die Mündung gegen Blenheims Kopf und zog ab. Er erzitterte, nur einmal.
    Wir hatten drei Stunden Zeit, dann würde die Köchin kommen. Wir durchsuchten das Haus, nahmen Blenheims Geld und Juwelen an uns und packten eine Tasche mit Kleidern voll. Wir nahmen Blenheims Notizen an uns, vernichteten die Zeitungen und flohen, nachdem wir sorgfältig die Tür hinter uns abgeschlossen hatten. In Blenheims Arbeitszimmer ließen wir ein kleines Häuflein Asche zurück. Und wir bespritzten die Teppiche mit Petroleum. Nein, ich tat das alles. Der Androide weigerte sich. »Es ist mir verboten, Gewalt gegen Leben oder Dinge auszuüben.« Rasch, mein Schätzchen!
    Mit der U-Bahn fuhren sie zum Leicester Square. Dort wechselten sie die Züge und fuhren zum Britischen Museum weiter. Dort stiegen sie aus und gingen zu einem kleinen, antiken Haus am Russell Square. Eine Aufschrift an einem Fenster besagte: NAN WEBB, PSYCHOMETRISCHE RATGEBERIN. Vandaleur hatte sich die Adresse vor ein paar Wochen notiert. Sie betraten das Haus.

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