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Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein

Titel: Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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jetzt ein bisschen hübsch, setzen uns ins Auto und fahren in die Stadt. Essen können wir auch dort.«
    In Rekordzeit waren sie angezogen, geschminkt und frisiert. Mit Stefanies Audi fuhren sie in die Stadt, parkten in der Hochgarage eines Einkaufszentrums und machten sich auf die Jagd. Zwei Stunden später kehrten sie völlig
entkräftet in eine Cafeteria ein und ließen sich mit Kaffee und Brötchen in der Nichtraucherecke nieder. Während sie aßen, hielten sie Lagebesprechung.
    »Und das kleine Schwarze mit dem tiefen Rückenausschnitt?«, fragte Stefanie mit vollem Mund.
    »Das ist toll, aber vielleicht doch zu gewagt.«
    »Na hör mal, was heißt zu gewagt? Du willst nicht mit ihm ins Kino, sondern vögeln.«
    In dem vollen Restaurant drehten sich einige Köpfe in ihre Richtung.
    Während Saskia rot wurde, schien es Stefanie nicht zu stören. Sie glotzte sogar zurück.
    »Nicht so laut!«, sagte Saskia leise.
    »Ach, hab dich nicht so. Also, was ist nun? Entweder das kleine Schwarze oder dieser äußerst raffinierte Hosenanzug? Ich tendiere zu dem Schwarzen. Darin siehst du rattenscharf aus.«
    »Hab ich nicht zu dicke Beine für ein so kurzes Kleid?«
    Während Stefanie von ihrem Kaffee schlürfte, verdrehte sie die Augen. »Jetzt fang bloß nicht so an! Wir können nicht auch noch ins Fitnessstudio gehen und dich für den Abend trainieren. Du siehst toll aus. Und ich denke, er wird das auch schon bemerkt haben. Wenn nicht, ist er es ohnehin nicht wert.«
    Schweigend kauten sie auf ihren Brötchen herum. Saskias Blick glitt zum Fenster hinaus. Sie befanden sich im achten Stock und hatten einen phänomenalen Ausblick über die Dächer der Stadt, welchen Saskia aber nicht wirklich wahrnahm. Sie kaute immer langsamer, hielt schließlich ganz inne, schluckte und sagte: »Er ist es wert.«
    Stefanie lächelte. »Du bist wirklich verliebt, nicht wahr?«

    »Ja, ich glaube schon.«
    »Du weißt hoffentlich, was für ein Glück du hast. Dieser Typ scheint ja ein richtiger Traumprinz zu sein. Anwalt, gut aussehend, Erbe eines Hannoveraner-Gestüts … klingt wie aus einem Kitschroman.«
    »Ich weiß … und ich habe Angst, dass auf so viel Glück irgendwann doppelt so viel Pech folgt.«
    Stefanie ließ das Messer, mit dem sie eben die zweite Brötchenhälfte hatte bestreichen wollen, laut scheppernd auf den Teller fallen. Wieder hatten sie alle Blicke für sich.
    »Noch so ein Satz, und ich kündige dir die Freundschaft. So reden Pessimisten, und das bist du nicht. Du hast Glück verdient. Deine Portion Pech hattest du schon mit dem Theo-Arsch. Und deshalb kaufen wir das kleine Schwarze, basta.«
    Es versetzte Saskia immer noch einen Stich, an Theo erinnert zu werden. Theo Reinfeld, der Arsch , wie Stefanie ihn nur nannte. Sie hatte ihn nie kennengelernt und sich ihre Meinung nur aus Saskias Erzählungen bilden können. Mit Theo hatte es natürlich auch schöne Zeiten gegeben, aber alles in allem hatte Stefanie recht: Er war ein Arsch. Und sie hatte Glück verdient! Und das Kleid auch!
    Nach dem Frühstück kehrten sie in den kleinen Laden zurück, in dem Saskia das schwarze Abendkleid bereits anprobiert hatte, und kauften es. Ein paar Schuhe im Laden gegenüber gleich dazu. Danach ging es in den exklusiven Laden für Dessous, in dem Saskia noch einmal so viel Geld ausgab wie für Kleid und Schuhe zusammen. Gegen vier waren sie zurück. Saskias Herz begann schneller zu schlagen. Nur noch vier Stunden, und die Wohnung sah aus wie ein Schlachtfeld.

    Sein nächster Wagen würde eine Klimaanlage haben; entweder das oder er würde endlich ein paar Kilo abnehmen. Als Uwe Hötzner seinen Ford Focus vor einem gepflegten Einfamilienhaus zum Stehen brachte, spürte er sein kurzärmeliges Sommerhemd nass unter den Achseln und am Rücken kleben. Der Samstag war heiß und stickig, die Luft ein Versprechen auf ein abendliches Gewitter. Gern hätte er seinen freien Tag mit einem gekühlten Bier auf der Terrasse seines Hauses verbracht, statt zwei Stunden über die Autobahn zu fahren und sich in dem überhitzten Wagen wie ein Grillhähnchen vorzukommen. Aber sein Lieblingsspruch Was muss, das muss trieb ihn auch heute wieder an, zumal er mit den beängstigenden Gedanken im Hinterkopf ohnehin keine Ruhe gefunden hätte.
    Ein gekrümmter Mann in kurzen Hosen und fadenscheinigem Baumwollhemd hockte in einem Beet im Vorgarten des Hauses, vor dem Uwe gehalten hatte. Langsam richtete er sich auf und sah zu ihm herüber. Uwe stieg aus,

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