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Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein

Titel: Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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vorsichtig die Klinke herunter. Die Tür ging auf! Sie war nicht verschlossen. Uwe warf Sebastian
einen vielsagenden Blick zu, legte einen Finger auf die Lippen, drehte die Waffe in seiner Hand und drückte die Tür nach innen. Sie knarrte ein wenig, aber nicht besonders laut. An Uwes breiten Schultern vorbei leuchtete Sebastian in den Kellergang. Er war leer. Unter der niedrigen Decke hingen unzählige Spinnweben. Uwe machte eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf, entsicherte die Waffe wieder und ging voran. Sebastian wollte ihm folgen, warf vorher aber noch einen Blick die Betontreppe hinauf. Zwischen Haus und Tanne hindurch konnte er den Nachthimmel sehen; einige wenige Sterne glitzerten da oben, Wolkenfetzen zogen vorbei. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er die Befürchtung, dies wäre sein letzter Blick zum Himmel. Einerseits sträubte sich alles in ihm dagegen, das Haus zu betreten, andererseits war er entschlossen, alles zu tun, um Saskia heil hier rauszuholen. Sein Zögern dauerte nur kurz, nicht länger als einen Lidschlag, und als er Uwe folgte, seinen Fuß in den Kellergang setzte, tat Sebastian es in der Gewissheit, eine Grenze zu überschreiten.
    Sie waren kaum einen Meter weit in den Keller gegangen, als beiden der entsetzliche Gestank entgegenschlug. Der Geruch der Verwesung! Irgendetwas ehemals Lebendiges verrottete in diesem Keller. Rechts von ihnen tauchte eine Tür auf. Sie stand offen. Uwe deutete darauf. Sebastian schob sich an ihm vorbei und leuchtete in den Raum. Doch sie sahen nichts weiter als hölzerne Regale mit Einmachgläsern, ein verrostetes Fahrrad und einen uralten Schlitten.
    Sie schlichen weiter. Kamen erneut an einen Mauerdurchbruch. Eine Tür gab es hier nicht. Wieder leuchtete Sebastian in den Raum. Dieser war größer als der vorherige,
enthielt eine Menge Kisten und Kartons und einen aufgeklappten Tapetentisch, auf dem unzählige Äpfel verschiedener Größe lagen. In der rechten Wandseite gab es einen weiteren Mauerdurchbruch. Sie spähten hinein, fanden auch dort nichts Verdächtiges und schlichen weiter vor zur hölzernen Kellertreppe, die nach oben in den Wohnbereich führte. Am Fuß der Treppe blieb Uwe stehen. Sebastian leuchtete nach oben. Die Tür war aus Holz, ob sie verschlossen war, konnten sie von unten nicht sehen.
    »Ich gehe rauf«, sagte Uwe.
    Sebastian nickte. Er hielt die Lampe und beobachtete Uwe dabei, wie er leise, jeden Schritt abwiegend, testend, ob nicht eine der Stufen knarrte, nach oben schlich. In der Mitte knarrte dann wirklich eine Stufe, als Uwe sie mit seinem ganzen Gewicht belastete. Das Geräusch hallte im Keller wider und fraß sich in Sebastians Gedärm. Er zuckte zusammen, hielt den Atem an. Auch Uwe verharrte einen Moment. Als sich nichts tat, ging er die letzten drei Stufen hinauf. Die Waffe in der rechten Hand zielte er auf die Tür, mit der linken drückte er versuchsweise gegen das alte Holz.
    Was dann geschah, bekam Sebastian nicht richtig mit. Er stand noch am Fuß der Treppe, die Sicht durch Uwes massigen Körper behindert, und leuchtete hinauf. Plötzlich gab es einen Schlag, Uwe schrie laut auf, ruderte mit den Armen, versuchte verzweifelt, sich irgendwo festzuhalten. Das gelang ihm nicht. Rückwärts stürzte er die Treppe hinab. Sebastian schaffte es gerade noch, zur Seite zu springen, bevor Uwe ihn gegen die Wand gequetscht hätte. Polternd und schreiend stürzte Uwe in den Keller, knallte gegen die Wand, blieb dort stöhnend und seltsam verrenkt liegen.

    Sebastian sah aus dem Augenwinkel eine Bewegung am oberen Ende der Treppe. Er riss die Taschenlampe herum. Da oben, in der geöffneten Tür, stand ein gewaltiger schwarzer Körper, der verschwand, bevor der Lichtkegel der Lampe ihn erreichte. Die Tür blieb offen.
    »Die Waffe … nimm die Waffe!«, schrie Uwe.
    Sebastian beugte sich zu ihm hinunter, leuchtete ihm ins Gesicht. Aus einer Platzwunde an der Stirn lief helles, rotes Blut in Uwes Gesicht. Dessen Augen waren weit aufgerissen, der Mund schmerzverzerrt.
    »Uwe … was ist los?«
    »Mein Bein … verdammt, mein Bein ist gebrochen. Scheißegal jetzt! Nimm die Waffe, und geh hinauf. Knall sie ab, wenn es nicht anders geht. Los jetzt!«
    Die letzten beiden Worte hatte Uwe geschrien und Sebastian dabei die Waffe an die Brust gedrückt. Dieser nahm sie ihm ab, drehte sich um, leuchtete nach oben und stieg die Treppe hinauf. Oben angekommen hörte er ein eigentümliches Geräusch. Ein Rollladen! Sie zog den Rollladen der

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