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Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein

Titel: Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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taumelte rückwärts, stieß gegen die Tür.
    Plötzlich wieder das Rufen.
    Eine dünne Stimme. Eine Frauenstimme!
    »Saskia!«, brüllte Sebastian. »Saskia, ich bin es. Wo bist du?«
    Sie rief erneut, und er konnte die Quelle der Stimme lokalisieren. Sie kam aus dem Obergeschoss. Sebastian betätigte einen Lichtschalter und stürmte die Treppe hinauf. Oben blieb er kurz stehen, orientierte sich. Drei Räume gab es, alle drei Türen waren geschlossen. Wo war sie?
    »Saskia?«, schrie er. »Saskia, wo bist du?«
    »Sebastian … hier.«
    Die Tür gerade voraus. Der Schlüssel steckte. Sebastian schloss mit zitternden Fingern auf, öffnete die Tür, tastete nach dem Lichtschalter, fand ihn.
    Dicht an die Wand gepresst lag Saskia auf einem Bett und starrte ihn an. Blutverschmiert und verzerrt ihr Gesicht, die Augen weit aufgerissen, die Arme um den Körper geschlungen. Ihr Anblick zerriss ihm das Herz, und in dieser Sekunde bereute er, den Abzug nicht betätigt zu haben. Jetzt konnte er es nicht mehr ändern, aber Sebastian legte einen Schwur vor seinem Gewissen ab. Sollte er
diese Chance noch einmal bekommen, würde er sie nutzen. Dann würde er seine Mutter töten, egal, wie warm und herzlich ihr Lächeln war oder ob sie Tränen der Liebe weinte. Er würde sie töten!
    Mit diesen Gedanken lief Sebastian zum Bett hinüber, ließ sich auf die Knie fallen und schloss Saskia in seine Arme. Ihr schmaler Körper zitterte wie unter Krämpfen.

Teil II

Dienstag
    Obwohl er unendlich erschöpft war, kein Quäntchen Kraft mehr in sich spürte, seine Augen vor Müdigkeit brannten und es weit nach Mitternacht war, war an Schlaf nicht zu denken. Obwohl das Zimmer dunkel war bis auf den schmalen Lichtschein unter der Tür und kaum noch Geräusche vom Flur hereindrangen, wollte sein Kopf nicht aufhören zu arbeiten. Doch eine ineffiziente, nutzlose Arbeit war das. Er kam sich vor wie der sagenhafte Sisyphos, der immer wieder denselben Stein den Berg hinaufrollte. Nur dass es bei ihm Gedanken waren, die er wieder und wieder umschichtete, ohne damit etwas zu erreichen. Ein Beruhigungsmittel hatte er abgelehnt, denn diese Gedanken mussten gewälzt werden, vor ihnen konnte er nicht fliehen.
    Nach weiteren Minuten des Grübelns streckte Sebastian den Arm aus, tastete nach dem Schalter neben dem Bett und betätigte ihn. In der Leiste über seinem Kopf flammte eine kleine Leselampe auf. Er schlug die Decke beiseite, schwang die Beine aus dem Bett und stand auf. Er war barfuß, trug seine Unterhose und das T-Shirt, welches er schon den ganzen Tag getragen hatte. Seine restliche Kleidung lag auf dem Besucherstuhl. Er zog sich an, schlüpfte in seine Schuhe, löschte das Licht und pirschte zur Tür. Behutsam öffnete er sie einen Spalt. Auf dem Gang brannte die Nachtbeleuchtung. Den Kopf durch den Spalt gesteckt, spähte Sebastian nach rechts und links. Niemand zu sehen.
Er verließ sein Zimmer und zog die Tür sanft hinter sich zu. Uwes Zimmernummer hatte er sich nicht gemerkt, wusste aber noch, dass sich die Tür gegenüber einer kleinen Leseecke befand. Acht Türen musste er passieren, bevor er die richtige fand. Leise pochte er daran. Sollte Uwe schlafen, würde er es nicht hören. Vielleicht hatten sie ihm ja ein Beruhigungsmittel gespritzt, dann wäre ein Gespräch ohnehin nicht möglich. Auf das Pochen hin rührte sich nichts. Sebastian drückte die Klinke nieder, öffnete die Tür einen Spalt und spähte hinein.
    Die Leselampe über dem Bett leuchtete auf ein hochgestelltes Kopfteil, von dem aus Uwe ihn anstarrte.
    »Darf ich?«, fragte Sebastian flüsternd.
    »Komm rein.«
    Nachdem er die Tür geräuschlos geschlossen hatte, schlich Sebastian zum Bett und blieb unschlüssig davor stehen.
    »Ich kann nicht schlafen«, sagte er und zuckte mit den Schultern.
    »Dann sind wir ja schon zu zweit. Nimm dir den Stuhl und setz dich.«
    »Wie sieht es denn aus?«, fragte Sebastian, nachdem er sich gesetzt hatte.
    »Tja … hätte schlimmer kommen können. Und eigentlich bin ich ja selber schuld. Mit ein bisschen weniger Gewicht auf den Rippen wäre das Bein vielleicht nur einmal gebrochen und nicht dreimal.« Uwe versuchte sich aufzurichten und verzog sofort das Gesicht. »Wie geht es Anna? Hast du was gehört?«
    »Bisher hat sich nichts geändert.«
    Uwe nickte. »Und Saskia?«
    »Als wir hergekommen sind, haben sie mich an der Tür
zum OP-Bereich weggeschickt, und später durfte ich auch nicht mehr zu ihr. Ich weiß nicht mal, wo sie

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