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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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Minzous Hand erkannt hatte. In der Liebe zu seinem Beruf schlummert das Geheimnis, wie ich ihm helfen kann.
    Davon abgesehen lenkt meine neue Aufgabe mich von Felix Auszug und der Ziffer des Untergangs ab, die mir Johannes vorhin präsentierte: 29.000 Euro inklusive der Steuernachzahlung ans Finanzamt, fällig in zwei Wochen! Dabei könne ich angeblich von Glück reden, dass einige Gläubiger das Vollstreckungsverfahren gestoppt hätten. Johannes zuliebe und wenn ich die Summe sofort begleiche. Null Ahnung, wie ich das Geld auftreiben soll, ohne mich strafbar zu machen.
    „Julius, tu mir bitte den Gefallen. Dein fachmännisches Urteil über Jørgensen zählt für mich mehr als jedes andere.“
    Er schaut mich aus schmalen Augen an.
    „Wüsste ich nicht genau, dass du lügst wie gedruckt, wäre ich glatt geschmeichelt“, brummt er und spuckt aus. „Mats ist ne linke Bazille mit dem Geschmackssinn eines Salzherings, nicht mehr und nicht weniger. Um das rauszufinden, musst du dich nicht in seine lächerliche Kochshow quälen. Halt dich fern von ihm, das ist das Einzige, was ich dir raten kann.“
    „Klingt fast, als würdest du ihn persönlich kennen.“
    Julius schnaubt abfällig und studiert die Schaufensterauslage eines Bastelgeschäfts. Wüsste ich nicht genau, dass er sich keinesfalls für Serviettentechnik oder Origami interessiert, nähme ich an, er meidet den Blickkontakt.
    „Julius, bitte!“ Nervös schaue ich auf meine Armbanduhr. Julius seufzt.
    „Sag später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!“
    „Wo bleibt ihr denn?!“, zischelt Britta, als wir uns an etlichen Knien vorbei zu unseren Plätzen gehangelt haben.
    „Julius und ich hatten eine klitzekleine Meinungsverschiedenheit“, flüstere ich und schiebe meine Hände unter meine Schenkel, damit sie aufhören, zu zittern.
    Die Show scheint bis auf den letzten Sitz ausverkauft zu sein. In den Gängen huschen Kabelmädels umher, klemmen Mikrofone an Hemdkragen und schließen Publikumslücken für ein nahtloses Übertragungsbild. Ein Mann mit Headset ruft einem Techniker im Blaumann etwas zu und hält fragend einen losen Stecker in die Höhe. Wir befinden uns mittig der Zuschauerreihen, weit genug weg von der Studiobühne, um in dem bunt geknüpften Teppich aus Zuschauerköpfen zu verschwinden.
    Tosender Applaus, als der Meister die Kocharena betritt: In makelloser Baumwollschürze, mit rot kariertem Halstuch und stilechter Kochmütze. Automatisch sinke ich tiefer in den Sessel und schiele zu Julius herüber, der seine Sonnenbrille aufgesetzt hat. Im selben Moment flutet gleißendes Licht auf die Bretter.
    Zu meinem Entsetzen schlendert Jørgensen die Sitzreihen entlang und begrüßt einzelne Studiogäste mit Handschlag. Er lacht und scherzt, klopft einem älteren Herrn auf die Schulter und umarmt eine zart errötende Frau im Kostüm. Ein hingerissenes Raunen flirrt durch die Bänke.
    Neben mir grunzt Julius übellaunig in seinen doppelten Windsor und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich werfe Britta einen Hilfe suchenden Blick zu, als mein Konkurrent in unsere Reihe tritt. Sie öffnet mit Märtyrermiene die zwei oberen Knöpfe ihrer Bluse. Meine Freundin verfügt über naturgegebene Mittel, die Aufmerksamkeit des männlichen Geschlechts auf sich zu ziehen. Mittlerweile befindet sich der Däne nur noch knapp drei Stühle entfernt und mit ihm weht ein schweres Rasierwasser in meine Nase.
    „Wie geht es Ihnen heute? Genießen Sie die Vorstellung, junger Mann“, witzelt Mats und schüttelt einem Siebzigjährigen die Hand. Ich halte den Atem an.
    Julius liegt fast waagrecht in seinem Sitz, mit geschlossenen Augen, die Arme vor der Brust verschränkt. Der Vollständigkeit halber schnarcht er mit offenem Mund. Ein Paar karierter Hosenbeine gelangt in mein Sichtfeld. Britta hüstelt und schlägt die Schenkel übereinander, wobei ihr Rock einige Zentimeter nach oben gleitet. Doch Jørgensen Interesse ruht längst auf unserem selig vor sich hindösenden Begleiter.
    „Sieh einer an. Der Herr legt ein kleines Nickerchen ein!“
    Mats Atem kribbelt auf meinem Scheitel, während meine Freundin ihren Busen vorstreckt und einen Schmollmund auflegt. Erfolglos. Links von Britta rutscht ein bebrillter Mann nervös auf seinem Hinterteil herum. Die Härchen auf meinem Oberarm flimmern, als sich alle Kameras im Raum auf uns richten. Nur Julius rührt sich nicht.
    „Vielleicht sollte ich mir Gedanken über meinen Unterhaltungswert machen. Ob ich mir besser

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