Haeppchenweise
einen neuen Job suche?“, lacht der Däne unter beifälligem Applaus. Niemand scheint die Kränkung in seiner Stimme zu bemerken.
„Ich finde, das ist eine brillante Idee!“ Julius nimmt die Sonnengläser ab und setzt sich umständlich auf. Etwas Unheimliches geschieht mit Jørgensens Gesicht. Es wechselt die Farbe. Wird teigblass, zartlila, tomatenrot und durchläuft dann dieselben Nuancen rückwärts. Das unvermeidliche Starcookjingle ertönt, eine blecherne Version des Captain-Future-Abspanns, und verschluckt den seltsamen Moment.
Jørgensen kehrt uns den Rücken und schreitet zur Bühne, ohne rechts oder links zu gucken. Julius atmet aus und klingt dabei wie ein Schlauchboot, in das man eine Nadel piekst.
„Alles in Ordnung?“
„Klar doch. Alles bestens.“
Meine Anspannung löst sich mit dem ersten, widerstrebenden Lachanfall. Der Däne meistert seinen Job hervorragend, sich seinem Charme zu entziehen, ist unmöglich. Innerhalb einer Viertelstunde hänge ich gebannt an seinen Lippen, Britta ergeht es nicht anders. Nur Julius stiert verdrießlich auf seine Schuhe.
„Weißt du Knut, woher die Sitte stammt, Fisch mit Zitronenspalten anzurichten?“ Mats spielt mit der Wissbegierde seines Publikums wie ein Clown mit Jonglierbällen. Der vierschrötige Knut starrt seinen Boss neugierig an. „Im Mittelalter war nicht alles fangfrisch auf dem Wirtshausteller. Die Zitronensäure übertünchte den Geschmack des faulen Fisches, ha ha.“
„Dann gehört ordentlich Zitrone auf deine Teller“, murmelt es neben mir.
„Wieso macht dieser Mensch dich eigentlich so aggressiv, Zander?“, schnappt es unvermittelt von meiner anderen Seite. Britta mustert Julius aufmerksam.
„Genau Julius. Wieso eigentlich?“, schlage ich mich auf ihre Seite.
„Er macht mich nicht aggressiv!“, faucht Julius.
„Ach so.“ Britta nickt und lehnt sich befriedigt zurück.
Von Julius in seiner momentanen Gemütsverfassung eine vernünftige Antwort zu entlocken, wäre, als verlange man von Minzou einen perfekten, rheinischen Sauerbraten. Inklusive handgefertigter Klöße. „Nicht in hundert Jahren“, murmele ich abwesend, während mein Interesse zur Bühne und ihrem Hauptakteur zurückkehrt. Der besorgt sich gerade Verstärkung. Drei Kochschüler betreten die Kocharena, die arg an einen Trupp Strafgefangener erinnern.
„Die sehen nicht aus, als würden die das freiwillig machen.“ Britta schüttelt ungläubig den Kopf, als Jørgensen sanft eine korpulente Mittvierzigerin ins Scheinwerferlicht schiebt, in der ich die vertragsbrüchige Frau Millstedt erkenne. Das Publikum klatscht und johlt.
„Margarete, was kochen wir heute Schönes?“
Margarete blinzelt unsicher in die Zuschauer. Anscheinend hielt niemand es für erforderlich, die Ärmste vorher in die Maske zu schicken. Sie wirkt blass um die Nase und das unförmige Trägerkleid buttert ihr mühelos zehn Kilo mehr auf die Hüften.
„Haben die keine Freunde, die ihnen sagen, dass sie nicht kameratauglich sind?!“ Fasziniert beugt Britta sich vor, wobei ihre Brille den Nasenrücken herabrutscht. Nicht, dass sie eine Sehhilfe bräuchte. Brittas Augen sind scharf wie die eines Greifvogels, aber sie findet jeden Monat ein anderes Accessoire, ohne das sie nicht mehr leben kann.
Margarete bleibt stumm und bei allem Ärger, den sie mir beschert hat: Sie tut mir unendlich leid. In Nahaufnahme erkennt man deutlich die Schweißperlen auf ihrer Nasenspitze. Mats währenddessen kümmert sich um Mats und grinst selbstverliebt in die Fernsehkamera.
„Zander an Zitronensoße?“, erklingt endlich ein dünnes Stimmchen, schüchtern tritt das dazugehörige Männchen ins Rampenlicht, der zweite Schüler.
„Wie passend“, frohlockt der Sternekoch und schnippst mit den Fingern. „ZANDER mag ich am allerliebsten! Und zwar in zwei soliden Hälften filetiert. Ohne Kopf und Gräten, an denen kann man sich nämlich verschlucken!“ Schnipps. Schnipps.
Bilde ich mir das ein, oder schaut der Kerl tatsächlich in unsere Richtung?
„Schnipps du nur, du Clown.“ Julius lacht abfällig und setzt seine Sonnenbrille auf. Britta stößt ihren Ellbogen in meine Rippen.
„Was ist hier eigentlich los?“
„Ich habe keine Ahnung!“, wispere ich zurück und sehe Julius scharf von der Seite an, doch der ignoriert mich.
„Knut? Was genau geben wir in meine geheime Zitronensoße?“
Julius gluckst in sich hinein, während Knut gehorsam an die Flanke seines Chefs tritt. Der Däne
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