Haeppchenweise
Freundes.
Obwohl ich weiß, dass ich entweder halluziniere oder es zumindest eine einleuchtende Erklärung für diese Szene gibt, sind Herz und Hirn eben nicht immer die besten Kumpel. Meine Schaltzentralen reden seit Wochen nicht mehr miteinander.
„Du Mistkerl wagst es, mir deine Mätresse vorzuführen, als seien wir zum Kaffeekränzchen verabredet?!“, kreische ich zu meinem eigenen Entsetzen los.
Schlagartig senkt sich die Raumtemperatur auf unter null, sämtliche Köpfe drehen sich in meine Richtung, um dort festzufrieren.
Felix Gesichtsfarbe erinnert an ein Leintuch. Die Dunkelhaarige ergreift bestürzt seinen Arm, während ihr Mund sich zu einem rosaroten Kreis formt, der aussieht wie der Zipfel eines Luftballons. Zu viel Puppenhaftigkeit für meine Nerven.
„Katta, es ist nicht, wie du ...“
Ich drehe ich auf dem Absatz um und marschiere auf einen Tisch zu, an dem vier Frauen sitzen. Baue mich vor den entgeisterten Damen auf und stemme die Hände in die Hüften.
„Guten Abend, die Damen!“ Das breiteste Lächeln, das mir möglich ist. Man schaut einander verunsichert an.
„Entschuldigen Sie, dass ich Ihr Dinner störe, aber ich bräuchte da mal einen Rat ... so unter uns Mädels.“
Stille. Schließlich räuspert sich eine mollige Rothaarige.
„Nur zu“, sagt sie freundlich, während ihre Freundinnen zu kichern anfangen.
„Sehen Sie den dunkelhaarigen Typen am Tisch in der Mitte?“
„Den Schönling?“ Die Rothaarige hebt eine Braue. „Allerdings. Den haben wir alle gesehen.“ Erneutes Gekicher und bekräftigendes Nicken.
„Das ist mein Freund.“ Tief durchatmen, Katta!
„Oha. Glückwunsch! Und wie können wir Ihnen jetzt behilflich sein?“
„Nun …“, sage ich gedehnt und beuge mich vornüber. „Seine hübsche Begleiterin ist ... seine Geliebte.“
„Oha!“ Vier Köpfe drehen sich zu Felix, der noch immer wie angetackert neben seinem Stuhl steht und sichtlich verwirrt wirkt.
„Was würden Sie an meiner Stelle jetzt tun?“
Die Frauen tauschen Blicke, Getuschel. Dann erhebt sich die Blondine – übrigens trägt sie ein sagenhaft schönes Etuikleid – und hält mir mit mitleidigem Blick ihr Champagnerglas entgegen. „Nimm das hier, Süße.“
„Alkohol ist zwar keine Lösung ... aber gut“, seufze ich und setze das Glas an meine Lippen. Die Blonde kräuselt die Nase und schüttelt den Kopf. Etwas ratlos mustere ich das kostbare Getränk in meiner Hand. Die Rothaarige schnalzt missbilligend und deutet mit dem Doppelkinn Richtung Felix.
Oha. Jetzt verstehe ich.
„Ein wunderbarer Anlass, um einen Toast auszusprechen!“ Meine Stimme zittert nicht mal, als ich das Champagnerglas hebe. „Liebe Gäste des Grand Antoine, trinken Sie mit mir auf Felix Sander! Den großartigen Fotografen, weltbesten Liebhaber ... und verlogensten Lebensabschnittsgefährten, den eine Frau sich antun kann!“ Fünf Schritte und zwei schmerzende Herzschläge später klatscht ein Schwall Moët Chandon in Felix´ Gesicht.
Der Damentisch applaudiert johlend, die anderen Gäste murmeln empört und irgendwo dazwischen schlüpft ein atemloses „Bravo!“ hindurch.
Felix versucht nicht mal, die Prickelbrause aus seinen Augen zu reiben. Steht nur mit hängenden Armen da – und blinzelt.
„Beruhige dich, Schatz. Lass uns bitte wie vernünftige ...“ Er kommt tatsächlich auf mich zu. Ich weiche zurück.
„Bleib ja weg von mir! Und was heißt das überhaupt, ich soll mich beruhigen?! Zuerst belügst du mich, dann betrügst du mich und nun stellst du mir meine Nachfolgerin vor?! Vielleicht verabreden wir uns nach dem klärenden Gespräch zu einem gemütlichen Skatabend, ihr den Wein, ich was zum Knabbern?!“
Brittas Intonation brüllt „Fehler!“ in mein Ohr, aber ich bin zu wütend, um zuzuhören. Felix´ Züge verhärten sich.
„DAS denkst du von mir, Katta?“
„Oh, du weißt seit einiger Zeit nicht mehr, was ich denke!“
Eine ältere Dame verlässt kopfschüttelnd den Saal, ihren verstohlen grinsenden Gatten im Schlepptau. Sie huschen dicht an mir vorbei und hinterlassen den Dunst von Orchidee und Zeder.
„Ich dachte, du vertraust mir.“
„Man sieht ja, wohin es führt, dir zu vertrauen!“, gifte ich zurück.
„Dann passt ja alles zusammen, nicht wahr? Da spare ich mir wohl besser die Erklärung.“
„Ich verzichte dankend!“
Felix nickt bedächtig und greift nach seiner Serviette. Er trocknet sein Gesicht, zieht seinen Stuhl heran und lässt mich samt meiner
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