Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
Vom Netzwerk:
Meininger-Hennemann kauert mit angezogenen Beinen auf ihrem Stuhl und beäugt die am Boden kniende Julia. Johannes´ Frau sieht aus, als wisse sie nicht, ob sie lachen oder weinen soll. Das Parkett ist von Porzellanscherben übersät, die Tomatensuppe ist überall, als habe ein tobsüchtiger Maler mit seinem Pinsel eimerweise Farbe in den Raum gespritzt. Sogar auf der Wand entfaltet sich ein wutentbrannter Fächer aus rostroten Sprenkeln.
    „Was ist passiert?“
    „Eine Kundin beschwerte sich über die Suppe und Julius ... du siehst es ja selbst.“ Schneckenvögelchen lässt mit spitzen Fingern einen Thymianzweig in den Putzeimer fallen.
    „Wo steckt er?“
    Sie schaut nicht auf, sondern zeigt stumm auf die Küchentür. Mir fällt siedend heiß ein, dass ich vergessen habe, Julius auf Minzou vorzubereiten. Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönt und es hat eindeutig seinen Ursprung dort, wo Julias Zeigefinger hindeutet.
     
    Der Anblick ist mir nicht unvertraut. Diesmal hat sich Julius kategorisch für schweres Geschütz entschieden: Der Boden ist übersät von Kartoffeln. Mit klopfendem Herzen schaue ich mich in der Küche um, erwarte, den kleinen Japaner blutüberströmt auf der Erde liegend zu finden, Julius´ Kochmesser im Bauch.
    Doch auf den Fliesen kniet nur Mutti und liest die Goldknollen auf, Helga hackt verbissen auf ein Bund Petersilie ein. Minzou steht mit geschlossenen Augen am Fenster und nimmt ein Sonnenbad. Sein Summen vermengt sich mit dem Trommeln von Helgas Hackmesser zu einem kuriosen Zen-Hip-Hop-Beat. Aus der Vorratskammer dringt – unverkennbar – das erzürnte Brabbeln meines Sternekochs.
    Ich ducke mich instinktiv, als ein erneutes Krachen ertönt. Etwas saust an meiner Schulter vorbei und kracht gegen die Spülmaschinenklappe. Minzou bückt sich mit unbewegtem Gesichtsausdruck nach der Rote-Beete-Knolle.
    „Himmelherrgott! Hier sieht es aus wie im Saustall!“
    Julius Gesicht erscheint im Türspalt, gerötet und schweißüberströmt, das graue Haar steht nach allen Seiten ab. „Ah! Mademoiselle ist von den Toten auferstanden und bequemt sich zur Arbeit!“
    Muttis Finger malen Wörter in die Luft, so flink, dass ich ihre Gebärden kaum lesen kann: „Er braucht eine Aufgabe. Und zwar schnell!“
    „Was hat sie gesagt?“, blafft Julius und durchbohrt meine Mutter mit Blicken.
    „Julius füllt seine Leere mit Schnaps. Nicht gut.“
    „Sie sagt, dass Kartoffelsalat mit Roter Beete eine famose Idee von dir ist. Und übrigens ...“ Ich mache kehrt. „Minzou ist dein neuer Beikoch. Er war so lieb, kurzfristig einzuspringen, sei also ausnahmsweise nett.“
    Glasklar. Eine Aufgabe für Julius. Bloß welche?
     
     
    Marthas Kartoffelsalat mit Äpfeln und Roter Beete
     
    Man nehme für 4 Personen:
    500 g. Kleine, festkochende Frühkartoffeln,
    4-5 Knollen rote Beete, 3 säuerliche Äpfel,
    eine Handvoll Kirschtomaten, 2 Zwiebeln,
    1/4 Liter Fleischbrühe, 4 EL Apfelessig, 2 EL Honig,
    4 EL Sojasoße, 4 EL Olivenöl
    Salz, Pfeffer, 1 getrocknete Chilischote, Kümmel nach Belieben.
     
    Die Frühkartoffeln in der Schale kochen, Rote Beete schälen und bissfest kochen. Eine Vinaigrette aus Olivenöl, Apfelessig, Honig und Sojasoße anrühren, mit Salz, Pfeffer, Kümmel und Chilischote würzen. Die gekochten Kartoffeln halbieren, die Rote Beete in große Würfel schneiden. Die Äpfel vom Gehäuse befreien und achteln. Kirschtomaten halbieren. Alles in eine Schüssel geben. Zwiebeln schälen, achteln und in der Pfanne mit etwas Olivenöl hellbraun anbraten. Die Vinaigrette unter das noch warme Gemüse in der Schüssel rühren und die Zwiebeln am Schluss darüber geben. Eine halbe Stunde ziehen lassen, ggf. nachsalzen.
     
    *
     
    „Was für ´ne Schnapsidee!“
    Julius schiebt das rasierte Kinn vor und nestelt wiederholt an seinem Krawattenknoten. Er schnauft wie eine betagte Lok, während er versucht, in seinen ungewohnten Schnürschuhen mit mir Schritt zu halten. Ich starre geradeaus und lege an Tempo zu, ehe ich es mir doch anders überlege.
    Einige hundert Meter vor dem Studiogebäude bleibt mein widerwilliger Begleiter stehen. Die Warteschlange reicht bis zum Gehweg hinaus.
    „Ich weiß überhaupt nicht, was ich hier soll!“
    Meinen miesepetrigen Koch zu Jørgensens Fernsehshow mitzunehmen, stellt quasi eine Art spontanes Sozialhilfeprojekt dar. Die Idee kam mir, als ich über diesen speziellen Ausdruck nachdachte, der in Julius´Augen erschienen ist, als er sein Küchenmesser in

Weitere Kostenlose Bücher