Haeppchenweise
versetzt Friedrich einen heftigen Tritt. Johannes räuspert sich, Roúla zieht ein argloses Gesicht, und Henriette schrubbt derart ungestüm an ihrem Gemüse herum, dass ihr gesamter Rumpf erzittert. Keiner wagt es, mich direkt anzusehen.
„Gibt es in diesem Raum irgendjemanden, der nicht über mein Privatleben Bescheid weiß?“
Verlegenes Hüsteln, zögerndes Kopfschütteln.
„Fürs Protokoll meine Lieben: Felix ist weg. Nein, ich will weder darüber reden noch mich zu Äußerungen hinreißen lassen, die ich später bereuen könnte. War das deutlich?!“
Schüchternes Nicken. Roúla schaut sich verwirrt um.
„Kommen wir zu einem Problem, das nicht nur mich betrifft. Ich möchte euch nicht länger etwas vormachen. Das Cook & Chill geht bankrott.“
Friedrich sperrt den Mund auf, Orange Nummer zwei fällt zu Boden. Schneckenvögelchen entfährt ein Laut, der wie das entrüstete „Mauuuu!“ eines Kätzchens klingt.
„Das ist ja furchtbar!“ Vida greift nach meiner Hand und drückt sie mitfühlend. Henry verdreht die Augäpfel. Steif entziehe ich Vida meinen Arm.
„Ich weiß euer Bedauern zu schätzen.“
Henry beugt sich jäh über das Spülbecken, als suche sie nach einer verlorenen Kontaktlinse. Ihre schroffe Art verkrafte ich besser als Vidas Samtpfötchengetue oder Julias tränenfeuchte Augen.
„Noch ist es nicht so weit. Ich, vielmehr wir, bekommen vielleicht eine klitzekleine Chance.“ Meine Worte holpern, dabei habe ich die Ansprache eine Stunde lang vor dem Badezimmerspiegel geübt. Jetzt kullern die sorgsam zurechtgelegten Worte in meinem Hirn durcheinander wie Suppengemüse.
Julia hebt den Kopf. „Was genau sollen wir tun?“
„Also mein Cousin kennt jemanden, der Leute an der Hand hat, die das für ein paar Mäuse erledigen“, Vida schnippt viel sagend mit den Fingern.
„Danke für das Angebot, aber ins Gefängnis möchte ich nur im Notfall. Ich hätte da etwas Besseres: Wir besiegen Jørgensens Küchencrew in einem Kochwettbewerb. Vor laufender Kamera.“ Meine Stimme wackelt beträchtlich.
„Kommen wir ins Fernsehen?!“ Roúla mustert mich aus tellergroßen Augen. Heute trägt sie ein geblümtes Trägerkleid und sieht mehr denn je wie eine typisch griechische Großmutter aus. Zumindest stelle ich mir so eine typisch griechische Großmutter vor ...
„Das gehört zum Deal mit dem Sender“, nicke ich betrübt.
„Oh, wie wunderbar! Ein richtiges Abenteuer!“ Roúlas Faltenmiene leuchtet auf und weckt in mir unvermittelt die Erinnerung an Margarete Millstedts erstarrtes Teiggesicht.
„Ja, ganz wunderbar ...“, echot Henry gehässig und trommelt mit der stumpfen Klingenseite auf ihrem Schneidebrett herum. „Sollen wir uns ernsthaft mit der Mannschaft eines Sternekochs messen? Friedrich und Johannes mögen das ansatzweise gebacken bekommen, aber Roúla und ich haben erst drei Anfängereinheiten hinter uns!“
„Zwei Einheiten“, berichtigt Roúla stolz und zupft an ihrem Blümchenrock, während Henrys Teint die Farbe ihrer Kochschürze annimmt. Jetzt kommt der unangenehme Teil meiner Nachricht.
„Die Fortgeschrittenen sind außen vor. Die Anfänger bestreiten den Kochwettbewerb.“ Ich ziehe vorsichtshalber den Kopf zwischen die Schultern. Henrys Messer stoppt jäh.
„Wie bitte?! Sag das nochmal!“
„Sag bloß, du gibst auf, ehe du es überhaupt versucht hast? Komisch, ich hätte dich mutiger eingeschätzt“, ertönt es atemlos vom Fenster. Julia thront auf dem Sims und lässt die Füße baumeln. Sie lächelt scheinheilig und besitzt gerade verblüffende Ähnlichkeit mit Britta. Henrys Unterkiefer schiebt sich nach vorne.
„Wieso sollte ich mich für Fremde derart lächerlich machen? Was hab´ ich davon?“
„Weil Katta nett zu dir war, obwohl du ein Scheusal bist?“, antwortet Lukas an Julias Stelle und kratzt sich am Hinterkopf. Henrys Körperhaltung versteift sich, sie ballt die Fäuste wie ein trotziges Kind. Beschwichtigend lege ich meine Hand auf ihre Schulter.
„Leute! Sie hat jedes Recht, sich zu verweigern. Ich wäre auch nicht sonderlich scharf darauf.“
Vida straft Henry mit einem vernichtenden Blick. „Ich bin für ein Coaching. Wir machen Roúla und Henry so fit, dass sie diese Starcooks-Nieten in Grund und Boden schmoren. Wer macht mit?“
Friedrich hebt den Finger wie ein artiger Schüler: „ Er! “
Prompt schließt sich ihm ein einvernehmliches „Ich!“ an und sämtliche Augen richten sich gespannt auf Henrys Gesicht.
Eine
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