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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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gefühlte Ewigkeit später holpert ein widerwilliges „Wenn´s sein muss ...“ aus dem schmallippigen Mund. Ein Backstein rollt von meiner Seele.
    „Deine Freunde möchte ich haben, Lehner!“, gluckst Johannes und nickt mir aufmunternd zu.
    „Ich danke euch“, hauche ich und schlucke mehrmals. „Wir dürfen keine Zeit verlieren, uns bleiben exakt zwei Wochen bis zur Sendung. Drei Fortgeschrittene übernehmen einen Anfänger. Das Thema des Wettbewerbs lautet Himmlischer Genuss auf kölscher Erde .“
     
    Dem Kölner an sich sagt man Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft und Genussfreude nach. Heute finde ich in unserer Crew diese Eigenschaften wieder. Umstandslos nehmen Friedrich, Julia und Lukas die alte Griechin unter ihre Fittiche. Johannes haut freundschaftlich auf Henrys Schulter, die aussieht, als habe sie verdorbenen Fisch gegessen.
    „Ich kann das nicht. Außerdem bin ich Vegetarier“, murmelt sie und betrachtet angeekelt die mächtige Blutwurst in der Zellophanpackung.
    „Ach was“, lacht Johannes. „Ob du es magst, ist zweitrangig. Ich verspreche dir, wir machen daraus ein himmlisches Gericht!“
    „Das bezweifle ich.“ Henry dreht mürrisch ihr Kochmesser in die Arbeitsplatte, während mein Exchef ungerührt seine Armanihemdsärmel aufkrempelt.
    „Die klassische, kölsche Küche ist überwiegend herzhaft und fett. Ich stelle mir eine zeitgemäße Variante vor, gesund, leicht verdaulich und dennoch raffiniert“, doziere ich. Im Buchladen habe ich einen beeindruckenden Bildband über rheinische Spezialitäten gefunden, den ich nun auf dem Küchenblock platziere. „Lasst uns überlegen, mit welchen Gerichten wir beginnen. Henriette, lass mein Inventar in Ruhe und leg das Messer hin!“
    „Ich arbeite nicht mit der da!“ Henry zeigt auf Vida. „Außerdem hat eine Spanierin von Reibekuchen und Blutwurst wohl kaum Ahnung!“
    „Halbchilenin!“, schnappt Vida beleidigt. „Mein Papa stammt aus dem Rheinland!“
    „Wie auch immer ... DAS ist widerlich!“ Henry hält mit spitzen Fingern einen Zipfel Blutwurst in die Höhe, ohne Vida weiter zu beachten.
    Ich bohre meinen Blick in ihre verstockte Miene: „Wagt es ja nicht, euch mit Blutwurst zu duellieren. Und seid Himmel nochmal wenigstens für eine Stunde so was wie ein Team!“
    Henry schnaubt, Vida murmelt vor sich hin. Es ist mir ein Rätsel, warum die beiden andauernd miteinander streiten. Sie sind einander so ähnlich, dass sie eigentlich dicke Freundinnen sein müssten.
    „Braten ist wandlungsfähig ...“ Nachdenklich blättert Julia in dem Kochbuch. „Wir könnten Sauerbraten mit einer Gemüsejulienne servieren.“
    „Oder griechisch, mit Kalamaties!“ Roúla schnalzt mit der Zunge.
    „Oliven zu Rinderbraten? Das findet er prima“, nickt Friedrich bedächtig.
    Roúla schaut sich um. „Wer findet das prima?“
    Ich verstecke mich hinter meinem Notizblock, damit niemand mein Schmunzeln sieht, und kritzle drauflos. „Die Gerichte des Tages sind also Sauerbraten und ... Johannes?“
    „Scheibchen von gratinierter Flöns auf karamellisierten Apfelrädchen an Kartoffelschnee“, leiert der Anwalt herunter, als rezitiere er einen besonders langweiligen Paragrafen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Roúla starrt Johannes mit offenem Mund an.
    „Er meint Himmel un Äd“, erkläre ich und verkneife mir ein Lächeln. „Friedrich, was genau legt deine Crew auf?“
    „Himbeergebeizten Sauerbraten mit dreierlei vom Rotkraut. Und ... Oliven?“
    „Oh mein Gott.“ Henry schüttelt den Kopf.
    Friedrich blickt sich verwirrt um: „Was hat sie?“
    „ Sie stellt soeben fest, dass sie im Irrenhaus gelandet ist!“, faucht Henry. 
    „Henriette. Du solltest deinen Kollegen vertrauen, sonst verarbeitet Mats Jørgensen deine Brüstchen zu Hühnerfrikassee.“ Vida fletscht die Zähne.
    „Nicht, wenn ich gar nicht auf die Bühne steige“, kontert Henry und bindet demonstrativ ihre Schürze ab.
    „Du wirst deinen flachen Hintern dorthin bewegen, sonst ...“
    „Was?! Machst du dann ein Pastel de choclo aus meinen Eingeweiden, du Freak?!“
    „WER ist hier ein Freak?!“
    „Kinder! So kommen wir nicht weiter!“
    Ich schiebe mich rigoros zwischen die beiden Streithähne, wobei Henry reflexartig meinem Griff ausweicht. „Vida, denke über deine Ausdrucksweise nach! Setzt euch jetzt bitte gruppenweise zusammen und schreibt eure Rezepte nieder, die Johannes bitte am Schluss überprüft. Henry? Kann ich dich kurz unter vier Augen

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