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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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traurige Rest ihres Hühnerfonds. Dabei war sie höchstens fünf Minuten auf der Toilette gewesen! Sie riskiert einen Blick zur Wanduhr und dreht mit schlechtem Gewissen den Herd von Stufe fünf auf null. Zander hat natürlich ihr Missgeschick bemerkt und schlurft samt Zwiebeleimer und ausdrucksloser Miene auf sie zu.
    „Schon wieeeder Zwiebeln??“
    „Wir finden bestimmt noch heraus, was dir liegt, Mädel“, antwortet er ungerührt und schlendert zu Roúla weiter, die mit Hingabe eine Stange Lauch in feine Ringe schneidet. Seit ungefähr einer Viertelstunde.
    Aus unerklärlichen Gründen hegt der Koch Sympathien für die vergessliche Griechin. Er erklärt das Hähnchenragout-Rezept ein drittes Mal und geduldet sich, bis die Alte die passenden Antworten auf seine Fragen zusammengepuzzelt hat. Auf sie, Vida, reagiert der Meister dagegen wie ein Küchenbulle auf ein rotes Spültuch.
    Sie unterdrückt das spontane Bedürfnis, Julius´ Kochjackenrücken die Zunge herauszustrecken und betrachtet verdrossen das ausgelöste Hähnchenfleisch in der Schüssel, das auf ein Weinbad wartet.
    „Gib mir die Zwiebeln. Ich habe sowieso nichts Besseres zu tun.“
    Eine Hand zieht das Schälmesser aus dem Eimer und Melitta beginnt sofort, die erste Knolle zu häuten. Eine Weile schielt Vida auf ihre flinken Finger, verzichtet aber angesichts Melittas abweisender Miene auf eine Dankesbekundung und wendet sich seufzend ihrem Soßenproblem zu. Die dunkelbraune Kruste hat sich offenbar entschlossen, eine lebenslange Liaison mit dem Topfboden einzugehen.
    „Kratz vorsichtig die obere Schicht ab und gieß sie in einem anderen Topf mit Wein und etwas Brühe auf. Nimm den Schneebesen und rühr kräftig.“
    „Okay. Danke“, murmelt Vida. 
    Eine widerspenstige Haarsträhne belässt Melittas Reaktion im Schatten, falls überhaupt eine erfolgt. Vida zuckt die Achseln und tut wie geheißen. Irgendwie wird sie diesem Zander noch beweisen, dass sie das Kochen im Blut hat. Schon ihrer Mutter zuliebe, die ihr das Kolibri-Tattoo auf dem Schulterblatt bis heute nicht verzeiht. Sie lächelt grimmig, tastet blind nach dem Glas auf der Arbeitsplatte und schüttet den Wein in den Hühnerfond.
     
    „Hallo und herzlich willkommen im Cook & Chill! Leider kann ich mich im Augenblick nicht persönlich um ihr Anliegen kümmern. Wenn Sie uns aber Ihre Nummer hinterlassen, rufen wir Sie gerne zurück!“ Piep. Pieeeeep!
    Ich weiß nicht, wie oft ich den Anschluss meines Kochbuchladens gewählt habe. Am anderen Ende ertönt wahlweise das Besetztzeichen oder meine eigene Stimme flötet mir entgegen. Von einem Rückruf keine Rede. Mir gehen sogar die Drohungen aus, die ich auf Band sprechen könnte und meine Wut weicht allmählich echter Verzweiflung.
    „Himmel, was treibst du da?!“
    Britta steht wie aus dem Nichts gewachsen an meinem Bett und kickt meinen zweiten Turnschuh gegen den Heizkörper, ehe ich ihn zu fassen bekomme.
    „Ich fahre ins Cook & Chill“, knirsche ich und schlage ihre Hand beiseite.
    „Das kann ich nicht verantworten!“
    „Wolltest du nicht einen Kaffee holen und gleich wiederkommen? Das war, glaube ich, letzte Woche. Erzähl mir also nicht, was ich tun soll!“
    Britta plumpst auf die Matratze und beugt ihren Oberkörper vor, sodass ihr Busen meinen Versuch vereitelt, die Beine auf den Boden zu stellen. Leider bin ich in meinem Brustkorsett so biegsam wie eine Pappmascheefigur.
    „Katta, du siehst aus wie die mumifizierte Nofretete, jedenfalls vom Bauchnabel bis zum Hals. Ich will nur nicht, dass du dich lächerlich machst“, schnurrt sie und schielt, bis ich loskichere.
    „Lass das! Ich bin keine Zwölf mehr!“
    „Im Ernst? Gut, dass du mich daran erinnerst.“ Ihre Himmelfahrtsnase kräuselt sich. „Dein Arzt sagt, du darfst dieses Bett in frühestens zwei Wochen verlassen. Finde dich gefälligst damit ab. Der irre Koch und das Schneckenvögelchen kümmern sich prima um deinen Laden.“
    „Du warst im Cook & Chill? Ich will alle Einzelheiten hören. Sofort!“
    Doch Brittas Augen haften auf meiner Zimmernachbarin, die über einen gesegneten Schlaf verfügt. Genau genommen schläft sie ununterbrochen, abgesehen von den Momenten, in denen Louises Dämon Besitz von ihr ergreift, um mich zu gängeln.
    „Wer ist das?“
    „Britta!“
    „Findest du nicht auch, dass sie irgendwie Ähnlichkeit mit dieser ...“
    „BRITTA!“
    Aus dem Nachbarbett ertönt ein Kichern. Eindeutig Louises Kichern, ebenfalls neu an ihr. Zu

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