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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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zu Hause – so wie Jonas – und hielt nicht viel davon, seine freie Zeit mit ihr zu verbringen. Stattdessen ging er ins Fitnessstudio und fuhr am Wochenende mit seinen nervigen Kumpels auf Sauftouren. Das war ihm ja durchaus mal gegönnt – aber doch bitte nicht drei Mal im Monat.
    War er dann zu Hause, brauchte er viel Ruhe und hielt Lilly auch sonst emotional auf Distanz. Ich fand ihn außerdem arrogant und spießig, hatte ihr das aber so direkt noch nicht gesagt, weil ich davon ausgegangen war, dass sie mit Holger glücklich wäre. Sie hatte sich jedenfalls nie beschwert – da war sie nun wiederum ganz anders als ich. Ich beschwerte und beklagte mich ständig, auch grundlos. Einfach, weil es mir Spaß machte. Und ich war sehr gespannt, was sie mir heute Abend erzählen wollte.
    »Maja, bitte, jetzt zieh doch endlich dein Unterhemd aus!«, flehte ich inständig. Ich kniete barfuß und mit hochgekrempelter Jeans auf dem nassen Boden der Gruppenumkleidekabine und sah zu meiner zappelnden Tochter auf. Maja turnte auf der Bank herum und dachte überhaupt nicht daran, ihren Badeanzug anzuziehen.
    Heute war die vierte und damit letzte Woche des Seepferdchen-Crashkurses. Montags bis donnerstags übten zehn Vier- bis Sechsjährige Schwimmen und Tauchen, um am Donnerstag dieser Woche ihr lang ersehntes Abzeichen zu bekommen.
    Maja hielt sich, obwohl sie ja erst vier Jahre alt war, im wackeren Mittelfeld. Tauchen konnte sie schon prima. Zumindest ging sie regelmäßig bei ihren Schwimmversuchen unter. Dann schwamm sie einfach unter Wasser weiter, bis sie japsend wieder auftauchte. Unverständlicherweise hatte sie aber Angst, sich ohne Schwimmhilfen über Wasser zu halten. Da müsste man vielleicht heute noch mal ran.
    Aus der Schwimmhalle hörte man Gelächter und Gekreische. Ein anderer Kurs schien noch mittendrin zu sein. Fünf Töchter anderer Mütter standen brav in ihren Badeanzügen, mit Handtüchern und Duschgel ausgestattet, vor der Tür zur Schwimmhalle und warteten auf Maja.
    »Sind dann alle fertig?«
    Die Schwimmlehrerin Vanessa, eine hübsche, athletische, dunkelhäutige Erscheinung, steckte ihren Kopf durch die Tür.
    »Ähm, ja. Fast«, murmelte ich. »Kann sich nur noch um Stunden handeln.« Die anderen Mütter hatten sich bereits mit Luftküsschen von ihren Mädchen verabschiedet. Wir waren wie so oft leider etwas zu spät gekommen.
    »Ihr dürft dann schon mal duschen gehen.«
    Vanessa ließ die braven Prinzessinnen an sich vorbeihuschen, mein Monsterkind dagegen war immer noch nicht umgezogen. Und das lag jetzt nicht an mir. Warum war das bei uns so? Niemand brauchte so lange wie wir, und alle anderen hatten immer die richtigen Badeanzüge, Handtücher und Duschsachen mit. Ich vergaß immer alles; wenn ich Majas Badeanzug eingepackt hatte, war das schon die halbe Miete.
    War ich mit meinen Gedanken einfach immer zu weit weg? Und wenn ja, wo? Das musste ich dringend mal herausfinden. Mein Handy piepte. Ich griff in die Tasche. Vielleicht eine Nachricht von Jonas? Ach nein, das muss jetzt warten, entschied ich.
    »Herrgott, jetzt hilf doch wenigstens mal mit!«, zischte ich Maja an. Das tat sie nicht. Stattdessen sang sie ein Lied vom einsetzenden Herbst, drehte an ihren Haaren und hatte offensichtlich alles um sich herum vergessen.
    Während Vanessa neben uns wartete, geriet ich ins Schwitzen. Nicht zum ersten Mal heute. Wie bekommt man ein Kind dazu, das zu tun, was es soll, wenn es das nicht will? Ich hätte ihr das Unterhemd einfach über den Kopf ziehen können, aber ich kannte meine Tochter. Sie musste alles aus freien Stücken tun, dann kamen wir einigermaßen miteinander aus. Wenn ich sie zu irgendetwas zwang, fing sie dermaßen an zu schreien und zu kreischen, dass das Jugendamt es direkt hörte und mit Blaulicht und Sirene angesaust kam, um mein Kind einer liebevolleren Mutter zuzusprechen. Nein, ich musste warten und »klare Ansagen machen«.
    »Maja. Zieh. Dich. Um!«
    Es dauerte noch gefühlte zwei Stunden und zwanzig Minuten (in Wirklichkeit circa vier Minuten), bis wir endlich fertig waren. Maja trug ihren rosa Badeanzug mit den Rüschen und ihre Badelatschen. Prima. Ich wandte mich kurz ab, um schnell ihre Sachen einzusammeln und in den Spind zu stopfen.
    »Guck mal, meine Swimmbrille!«
    Huch, was war das denn?
    Irritiert warf ich einen Blick auf Maja und ließ meine Arme voller Schuhe und Strümpfe sinken. Meine Tochter präsentierte ihrer Schwimmlehrerin stolz ihre neue

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