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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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Taucherbrille. Die hatte sie mir vor einigen Wochen beim Einkaufen abgequengelt, und ich hatte ganz vergessen, dass wir sie noch hatten.
    Die Brille war aus grünem Gummi mit einem dicken Rand. Maja sah aus wie ein Frosch, dem die Verwandlung zur Prinzessin nicht ganz geglückt war. Ein kleiner Liebespfeil durchschoss mich auf der Stelle. So ist das als Mutter. Im einen Moment möchte man sein Kind am liebsten erwürgen, eine Sekunde später ist es doch wieder das süßeste Geschöpf auf Gottes weiter Erde. Und das nur, weil sie es geschafft hatte, sich die Schwimmbrille selber aufzusetzen und mich damit zu überraschen.
    Ich kniete mich in die nassen Fußstapfen anderer Mütter, drückte meine Froschprinzessin an mich und gab ihr einen dicken Schmatzer auf die Wange. »So und jetzt los, Süße, Vanessa wartet schon.«
    Vanessa nickte bestätigend. Sechzehn Uhr vierzig, der Kurs hatte vor zehn Minuten angefangen.
    Maja winkte mir noch zu, dann hüpfte sie in die Dusche. Dem Kreischen eines anderen Mädchens nach mutmaßte ich, dass Maja nicht sich selbst abduschte, sondern erst mal eine Runde Wasser über einer anderen verteilte. Dabei lachte sie ihr bezauberndes, glockenhelles Lachen.
    Ich liebe es, wenn mein Kind glücklich ist.
    Wir müssen leider draußen bleiben!  Hier fehlte eindeutig ein Schild mit wartenden, gelangweilten Müttern. Während Maja schwamm oder vielmehr planschte, setzte ich mich zu den anderen Schwimm-Mamis in den Eingangsbereich der Badeanstalt.
    Seit über drei Wochen mühte ich mich damit ab, Maja nach der Arbeit noch pünktlich zum Schwimmen zu fahren, seit über drei Wochen traf ich fast jeden Tag dieselben Mütter. Da der Schwimmkurs für ganz Pinneberg und Umgebung angeboten worden war und ich uns wegen der langen Wartezeiten schon vor einem Jahr angemeldet hatte, war hier niemand aus unserem näheren Umfeld dabei. Und von diesen hier würde wohl auch keine meine Freundin werden. Manchmal erledigte ich schnell einen Einkauf, aber meistens lohnte es sich nicht, für die kurze Zeit etwas zu unternehmen.
    Wir saßen also vierzig Minuten lang im Eingangsbereich der Schwimmhalle, tranken Kaffee und unterhielten uns über Oberflächlichkeiten oder schwiegen uns an. Ich schwieg meistens. Unnötiges Reden verbrauchte nur Energie, die ich hier nicht verschwenden wollte. Ja, tatsächlich, ich konnte auch mal still sein. Jonas hätte sich gewundert. Das Muttersein weckte anscheinend erstaunliche neue Seiten an mir.
    Im Grunde war ich wohl einfach nur zu müde, um mich ewig darüber zu unterhalten, welche Förderkurse es noch für Vierjährige gab. Ob die eine oder andere dienstags lieber zum Reiten, zur Musikschule und danach noch zum Karate gehen oder ob man Karate lieber auf Mittwoch nach dem Fußball verlegen sollte. Ich würde eher sagen, dass man die Kurse vielleicht einfach streichen und lieber mit dem Kind in den Wald gehen sollte.
    Aber wenn ich im Kreis dieser Über-Förder-Mütter erzählte, dass Maja  nur  zum Schwimmen ging, sahen sie mich an, als wäre ich ein Fall für Super Nanny Katia Saalfrank. Tatsächlich kam ich mir manchmal so vor, aber nicht deshalb, weil Maja »nur« ihr Seepferdchen machte. Sie war eben einfach – ich sage mal, temperamentvoll. Und ich auch. Und manchmal wurden wir laut.
    Aber ich arbeite daran, ehrlich. Zum Beispiel mit dem Zählen. Und den klaren Ansagen. Steht alles so im Internet. Da halte ich mich an den Leitspruch, man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen, wo es steht – oder man muss es googeln. Und Seiten für verzweifelte Mütter gibt es so einige!
    »Also ich verstehe diese Mütter nicht, die immer so gestresst sind«, sagte gerade eine wahnsinnig ordentlich und souverän wirkende Mama um die dreißig im grauen Kostüm und mit Perlenohrringen. Ich versuchte nicht hinzuhören und es vor allem nicht auf mich zu beziehen. Ich war ja die Ruhe selbst, oder nicht? Meine Atmung normalisierte sich langsam, und den Schweiß hatte ich mir mit Majas Handtuch von der Stirn getupft. Ich hatte Kaffee und eine halbe Stunde Zeit, meinen Gedanken nachzuhängen, nein,  ICH  war nicht gestresst. War ich eigentlich  NIE !
    »Ich bin so froh, dass Klara so pflegeleicht ist«, erzählte Supermutti nun weiter. »Wenn ich mir vorstelle, sie wäre so trotzig oder eigensinnig wie die Kinder meiner Freundin! Kennt ihr das? Die machen nie das, was sie sollen, und die Eltern lassen alles durchgehen. Furchtbar. Ich glaube, die sind nur zu faul, um konsequent

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