Haertetest
rief ich entsetzt. »Maja!«
Sie war im ganzen Gesicht schwarz, ebenso ihre Arme und Hände, und grinste mich an. Wer hatte ihr denn den Edding überlassen? Und wo waren die strengen Erzieher, wenn man sie brauchte?
»Is hab mis als Panther verkleidet! Ganz swarz, Mama. Cool, oder?«
Ja. Cool, Schatz. Es geht so.
Den ganzen Nachmittag versuchte ich, Maja sauber zu schrubben, aber relativ erfolglos. Gegen achtzehn Uhr klingelte es an der Tür. Da ich mich nicht darauf verlassen konnte, dass Jonas heute am frühen Abend nach Hause käme, hatte ich vorsorglich meine Schwiegermutter angerufen, ob sie heute Abend Maja ins Bett bringen könnte, während ich mit Lilly zur Wahrsagerin ging.
Inge stand wie verabredet auf der Matte. Dass ich heute von Frau Fischer gar keinen Einlauf bekommen hatte, passte ganz gut. So konnte ich Inges Standpauke besser ertragen.
»Meine Güte, Maja, wie siehst du denn aus?«
Ja, genau das hatte ich auch gesagt. Das war aber etwas mehr als zwei Stunden her. Inge spuckte auf ihren Daumen. Igitt. Sie wollte doch wohl nicht …?
Schnell ging ich dazwischen: »Inge, lass mal, das ist Edding, der ist nicht wasserlöslich. Und schon gar nicht kriegt man den mit Spucke weg. Eher mit Spiritus.«
Und den wollte ich nicht an Majas zarter Gesichtshaut ausprobieren.
Maja freute sich trotzdem und schmiegte sich an Oma Inges Beine.
»Oooooomi!«, schnurrte sie. Obwohl sich die beiden nicht oft sahen, waren sie doch ein Herz und eine Seele. Solange Maja das tat, was Oma von ihr erwartete. Es dauerte nur leider meist nicht lange, bis Maja etwas anderes tat. Nämlich etwas, das niemand vorhersehen konnte, wie zum Beispiel sich mit Edding als Panther zu verkleiden. Oder mit der Zahnbürste das Klo zu schrubben.
Lilly stand ebenfalls unten, um meine Schwiegermutter zu begrüßen.
Es wurde ziemlich eng in unserem schmalen Flur, also verzog ich mich schon mal, um mich umzuziehen.
Um neunzehn Uhr hatten Lilly und ich unsere Sitzung bei der Kartenlegerin, und ich wollte mich dem Anlass entsprechend ein bisschen zurechtmachen.
Inge und Lilly kannten sich, Lillys Anblick in unserem Haus war ja auch keine Seltenheit. Seit Lilly hier in der Straße wohnte, waren wir ja ständig eine bei der anderen. Meine Schwiegereltern mochten es nur nicht, dass wir ihren Garten durchquerten, wenn wir von unserer Terrasse schnell zu Lilly und Holger rüberwollten. Aber das hatte sich ja nun auch erst mal erledigt. Wie es allerdings mit Lilly und Holger langfristig weiterging, ob Lilly auszog und wie das mit der Scheidung lief, das wusste ich nicht. Wir hatten heute kaum miteinander gesprochen. Lilly hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen und auf ihrem Laptop mit Henning gechattet. Ab und zu hatte ich ihr fröhliches Lachen gehört.
Natürlich kannte sie auch noch andere Leute als mich, zum Beispiel Henning. Aber ein bisschen enttäuscht war ich doch, dass sie sich jetzt, wo sie bei uns eingezogen war, auf einmal umgekehrt proportional von mir zurückzog. Vielleicht musste sie aber auch erst mal mit der neuen Situation zurechtkommen, also ließ ich sie lieber in Ruhe. Trotzdem mussten wir ja noch klären, wie lange sie hier wohnen wollte und ob ich ihr helfen sollte, eine Wohnung zu finden.
Jetzt war es aber erst mal an der Zeit, den vorletzten Punkt unserer Liste in Angriff zu nehmen. Dabei ging es ja auch gar nicht mehr nur um meine, sondern auch um Lillys Zukunft. Und ich war trotz Jonas’ aufrichtiger blauer Augen, seines Geständnisses und des lieben Zettels heute Morgen immer noch nicht sicher, ob er wirklich nur mit Jessica geknutscht hatte. Vielleicht würden wir von der Wahrsagerin mehr erfahren.
Lilly drückte auf den Klingelknopf des schnieken Altbaus an der Sierichstraße.
»Marie Mondschein, das ist doch nicht ihr richtiger Name, oder?«, kicherte sie und sah mich zweifelnd an.
Ich schüttelte den Kopf. »Na, wohl kaum. Als Kartenlegerin braucht sie doch ein Pseudonym, so ’ne Art Künstlernamen.«
Als ich auf das Summen wartete, das uns die Tür in neue spirituelle Dimensionen öffnen sollte, fröstelte ich. Es war jetzt mit gerade mal zwölf Grad und damit einem Temperatursturz von 13 Grad wirklich sehr frisch, und der Wind war wieder böiger geworden. Die großen Kastanien der Allee wackelten hin und her und warfen ihr braun-buntes Laub durch die Gegend.
Witzig, ganz hier in der Nähe hatte Jonas gewohnt, als ich ihn kennengelernt hatte! So ein Zufall. Dabei glaubte ich ja gar
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