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Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen

Titel: Hätschelkind: Der erste Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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noch was?«
    »Nein!«
    »Okay!«
    Es ist 15:23 Uhr. Den weiteren Nachmittag sitzt Swensen in seinem Büro, starrt abwechselnd die Wand an, blättert wieder in seinem Notizblock und geht die Fakten im Kopf noch mal durch. Er kommt kein Stück voran. Edda bleibt für ihn ein unbeschriebenes Blatt. Kurz vor sechs Uhr ordnet er seinen Schreibtisch, fährt den Computer runter und geht rüber zu Silvias Büro. Die ist nicht am Platz. Swensen zückt seinen Kugelschreiber und schreibt ihr auf einen Zettel: 19:30 Uhr vor dem Club 69.
     
    * * *
     
    Der Kommissar hebt erstaunt seinen Kopf. Flockige Schneekristalle schweben aus einem schwarzen Himmelsdach, von der Straßenlampe gelblich angestrahlt, auf ihn herab. Er zieht seinen Schal fester zusammen und schlägt seinen Mantelkragen hoch. Es ist plötzlich bitterkalt geworden. Er ist zehn Minuten zu früh und flüchtet sich in einen Hauseingang. Gegenüber liegt der Club 69. Das alte Ziegelhaus gleicht den Häusern in der gesamten Straße. Die Fenster sind verdunkelt, kein Licht dringt nach draußen. Nur über der Tür leuchtet eine viereckige Lampe, auf der mit schwarzen Klebebuchstaben die Ziffern 69 angebracht sind. Langsam legt sich eine weiße Decke über den Asphalt. Knatternd fährt ein Moped vorbei, zeichnet einen schwarzen Strich in den jungfräulichen Schnee, der aber in kurzer Zeit wieder verschwindet. Von links, am Ende der Straße, sieht Swensen eine weibliche Gestalt heran-kommen. Gegenüber im Club öffnet sich die Haustür. Ein roter Lichtschein wirft ein Rechteck auf Bürgersteig und Straße. Swensen drückt sich intuitiv in den Schatten des Hauseingangs. Ein dürrer Mann tritt aus der Tür, sichert sich mit einem kurzen Blick nach links und rechts ab, ordnet sein weißes Haar unter einem Hut, drückt diesen tief ins Gesicht und klappt den Mantelkragen hoch. Dann wendet er sich nach rechts und hastet davon. Die Tür vom Club 69 fällt wie von Geisterhand ins Schloss. Die Dunkelheit kehrt zurück. Swensen weiß sofort, dass er den Mann von irgendwoher kennt. Der Name liegt ihm förmlich auf der Zunge, doch sein Gehirn scheint vorübergehend blockiert.
    Silvia Haman ist nur noch wenige Schritte vom Hauseingang entfernt. Swensen tritt hervor und hebt die Hand, damit sie über sein plötzliches Auftauchen nicht erschreckt.
    »Eiskaltes Outfit, Kollegin!«, sagt er grinsend, weil seine Kollegin von einer leichten Schneedecke überzogen ist.
    »Tscha«, sagt sie, »je heißer das Pflaster, umso cooler die Ermittlungen!« Nach einem kurzen Zögern, wer von beiden klingeln soll, ergreift er die Initiative. Von drinnen hört man Schritte, dann öffnet sich die Tür. Vor ihnen steht eine korpulente, dunkelhaarige Frau, die selbst Silvia Haman um einige Zentimeter überragt. Unter dem bodenlangen, schwarzen Ledermantel trägt sie eine nietenbesetzte Lederhose und ein trägerloses Ledertop aus dem die Brüste hervorquellen. Sie blickt Swensen ärgerlich mitten ins Gesicht.
    »Bullen!«
    »Nicht ganz«, verbessert der Kommissar, »ein Bulle und eine Bullin!«
    »Das Geschäft geht auch ohne euch schon schlecht!«
    »Wir sind gleich wieder weg!«, beruhigt Swensen und zeigt seinen Ausweis. »Ich bin Hauptkommissar Jan Swensen und das ist meine Kollegin Hauptkommissarin Silvia Haman. Wir möchten gerne mit Irene Hering sprechen!«
    »Hier ist keine Hafenbar. Hering gibt’s hier nicht!«
    »Und wie wär’s mit einem Fisch namens Lola Lalou?«
    »LOLA! Sagt das doch gleich! Lola kann gerade nicht!«
    »Dürfen wir vielleicht drinnen warten?«, fragt Swensen freundlich und deutet auf den fallenden Schnee.
    »Nur wenn Sie sich mit unserem Aufenthaltsraum zufrieden geben, unsere gute Stube ist besetzt. Außerdem möchte ich vorher von Ihnen eine Versicherung, dass unsere Kundschaft anonym bleibt!«
    »Wir sind nicht an Ihrer Kundschaft interessiert!«
    Mit einer Handbewegung bittet sie die Lederfrau herein. Der Flur ist in rotes Licht getaucht. An den Wänden hängen ovale Spiegel in verzierten Goldrahmen. Die markante Erscheinung verschwindet hinter einem roten Samtvorhang. Die beiden folgen in einen kleinen, schmucklosen Raum mit mehreren Plüschsesseln. Swensen blickt sich verwundert um. Auf einem gut erhaltenen Nierentisch aus den 50ziger Jahren steht ein bis zum Rand gefüllter Aschenbecher, daneben liegt eine Reitpeitsche. Es riecht nach kaltem Rauch. Silvia Haman lässt sich in einen Sessel fallen, während Swensen sich bei einem anderen auf die Lehne setzt. Die

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