Hafenmord - ein Rügen-Krimi
weitere Spitzen. Es wäre ziemlich dumm, wenn sie die reibungslose Zusammenarbeit mit den Kollegen von der KTU gefährdete, nur weil es zwischen Buhl und ihr nicht ganz so harmonisch lief – um es behutsam zu formulieren.
Romy drehte sich zu Kasper um, und sie gingen gemeinsam wieder nach oben. Die frische Brise tat beiden gut. Es roch nach Regen. Frühlingsregen.
»Wir müssen noch mal mit Bittner reden«, sagte sie und blickte kurz hinüber zum alten Fährhafen, wo zwei Krähne ihre Hälse in den blaugrauen Himmel reckten. »Die alten Schuppen bergen ja so manche ungute Überraschung. Außerdem können wir Verstärkung gebrauchen. Hier muss alles sehr gründlich durchsucht werden.«
Sie strich sich die Locken zurück. »Erst haben wir monatelang nur Kleinkram und dann gleich zwei Leichen auf einmal. Wer weiß, was da noch auf uns zukommt.«
»Vorschlag zur Vorgehensweise?«
»Ich telefoniere gleich mal mit Stralsund und hoffe, dass die uns ein paar Leute zur Verfügung stellen. Sprich mit Bittner und sorg bitte dafür, dass wir die Pläne von dem Grundstück bekommen. Es wäre mir ganz lieb, wenn du hier vor Ort die Stellung halten und dich auch mit den Sassnitzer Kollegen abstimmen könntest.«
»Schon klar«, stimmte Kasper zu. Abstimmung war seine Spezialität.
»Ich gucke mir in der Zwischenzeit mal Richardts Kontakte an und telefoniere. Ich hoffe, dass Fine mich dabeiunterstützt. Sobald die Rechtsmedizin das Skelett zeitlich einordnen kann, geht’s weiter.«
Schneider warf ihr einen nachdenklichen Blick zu. »Was denkst du? Hat das Skelett in der Truhe was mit dem Richardt zu tun?«
»Kann ich mir nicht vorstellen.«
Ein Kollege aus Sassnitz brachte Romy nach Bergen zurück. Sie öffnete das Seitenfenster einen kleinen Spalt, atmete in tiefen Zügen die kalte Meeresluft ein und hielt nach den Rapsfeldern Ausschau, die in wenigen Wochen leuchten würden.
Wie sie es nicht anders erwartet hatte, war man in der Polizeiinspektion Stralsund alles andere als begeistert über ihre Anfrage nach zusätzlichen Leuten, versicherte ihr aber, dass man sich kümmern würde. Romy war klar, dass der Hinweis zunächst mal gar nichts bedeutete, aber zumindest freundlich klang.
Sie schnappte sich die Unterlagen, die Kasper aus Richardts Geschäft mitgebracht hatte, und teilte sich mit Fine, die darüber hinaus ihre üblichen Koordinierungsaufgaben wahrnahm, die Anrufliste. Die Mails waren auf einem Stick gespeichert, den sie zunächst beiseitelegte.
Nach zwei Stunden hatte Romy den Eindruck, genügend Hintergrundmaterial für eine zwölfstrophige Kai-Richardt-Lobeshymne gesammelt zu haben. Geschäftspartner, Kunden, Sportsfreunde – niemand hatte etwas an dem Mann auszusetzen gehabt oder konnte sich vorstellen, dass er Feinde hatte, und alle zeigten sich entsetzt über das tragische Geschehen. Minuspunkte? Fehlanzeige.
Fine zwängte sich durch die Tür und servierte Romy eine Tasse Kaffee, als die gerade das Gespräch mit Tim Beier beendet hatte, einem Fitnesstrainer und Laufkollegen aus Stralsund, der Inhaber eines Sportgeschäfts war und in denletzten Jahren gemeinsam mit Kai Richardt verschiedene Läufe und Triathlons organsiert hatte. Und natürlich völlig fassungslos war. Hatte Romy etwas anderes erwartet?
»Danke. Kann ich gut gebrauchen«, meinte sie seufzend zu Fine. »Gibt’s auch irgendwas zu essen?«
»Fischbrötchen?«
Romy verzog das Gesicht. »Na, ich weiß nicht. Mein Appetit darauf hält sich gerade in Grenzen.«
Fine lachte. »Wie wäre es mit selbstgebackenem Streuselkuchen?«
»Schon besser.«
»Komm mit nach vorne.«
Zwei Minuten später ließen sie es sich gemeinsam schmecken. Fine nestelte zwischen zwei großen Bissen einen Notizzettel aus ihrer Hosentasche.
»Ich kann schon mal was zu den Alibis sagen«, schlug sie mit undeutlicher Stimme vor und wartete Romys Nicken ab, bevor sie fortfuhr. »Vera Richardt hat die Kinder am Samstag gegen achtzehn Uhr bei ihren Eltern abgeliefert und war dann mit der Freundin im Kino, was von allen Seiten bestätigt wird. Bittners hatten Besuch, und sowohl Ehefrau als auch die Verwandten geben an, dass Thomas Bittner ab dem späten Samstagmittag zu Hause war …«
»Der Sonntagmorgen ist bei beiden nicht wirklich abgedeckt«, wandte Romy ein. »Die Witwe hat ausgeschlafen, Bittner war joggen … Na, mal gucken.«
Fine zuckte mit den Achseln und blickte wieder auf ihren Zettel. »Der Super-Kai war übrigens schon mal verheiratet.«
»Das ist
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